Festive 500

oder mein Jahr

2021

In meiner Mittagspause schnapp ich mir mein Merida Reacto, mein Pausenbrot in der Rückentasche geht es auf die ersten nass, kalten und nebligen Kilometern. Die Challenge: 500 km mit dem Rennrad zwischen Weihnachten und Silvester, genannt Rapha Festive 500.

Festive 500, eine Fahrt ins Neue Jahr 2022. 500 km um neue Weihnachtsgeschenke auszuprobieren oder die hart erarbeiteten Feiertags - Pfunde wieder zu verlieren. Auch stellt uns die Challenge vor Herausforderungen beim Radfahren, die uns zum Nachdenken bringen sollte. Was haben wir für ein Privileg! Wir müssen uns nur mit den Problemen des Radsport beschäftigen und nicht mit den Problemen des Lebens.
500 km, d.h. auch 500 Chancen Gutes zu tun!

geschrieben von Felix Kenk ,24 Jahre Radbande im Stromberg

Die Idee zum Festive 500 wurde auf den verschneiten Straßen im südenglischen Kent geboren und begann mit einem ganz persönlichen Kampf gegen die Elemente. Doch in den vergangenen zwölf Jahren hat es sich zu einem Übergangsritus für Radsportlerinnen und Radsportler in aller Welt entwickelt. So legten im letzten Jahr mehr als 65.000 Menschen die Strecke zurück. Dieses Jahr stelle ich mich dieser Herausforderung!

Ich hab Zeit, ich denke nach, lasse das Jahr 2021 Revue passieren. Im Januar war Deutschland immer noch im Lockdown. Ein neuartiger Impfstoff, entwickelt mit einer neuen Technologie, genannt mRNA, sollte der Gamechanger für die Corona Pandemie werden. Die ersten vulnerablen Gruppen hofften auf die ersten Dosen. Ich schaute täglich auf die Inzidenz und machte meinen Job. Die neuen Trikots der Radbande trafen ein und ich machte ein kleines Tiktok Video. Etwas zum schmunzeln.

Im Februar gab mir mein Chef Urlaub. Aber wohin? Wir befanden uns weiterhin in einem Lockdown, Länder wurden zu Roten Zonen erklärt, so auch Valréas, den Wohnort meiner Mutter Christa, die ich eigentlich gerne besucht hätte. Eine 14 Tägige Quarantäne drohte bei Wiedereinreise. Ich flüchtete mich in meine Tagträume. Eine kleine Geschichte habe ich in dieser Zeit der Tristesse geschrieben. PROVENCE ODER DIE ROUTE DE SOLEIL, hier zum nachlesen.

Jetzt kommt auch noch der Schnee, jetzt wird die Festive 500 zur wirklichen Herausforderung! Warum tu ich mir das an? Marc von der Radbande fährt zufällig an mir vorbei. Capitano, ein bisschen Windschatten?, ruft er mir zu. Man kann sich auf seine Mannschaft verlassen, so muss das sein in einem Team. Alle für einen, einer für alle!

Der März kam, der Frühling stand vor der Tür. Unsere Wanderung an der Isar entlang musste ich verschieben. Die Inzidenz noch hoch, die Hotels noch geschlossen. Miri und Elfie verbrachten erholsame Tage im Schwarzwald. Bei einem Besuch konnte ich mich davon überzeugen. Der Schnee kam für ein paar Tage zurück und die Schneeballschlacht mit Chablis oben am Dobler war ein grosser Spass. Wir leben schon in einer schönen Landschaft, dachte ich insgeheim.

Tag 3 meiner Challenge, gar nichts geht, nach 30 km geb‘ ich auf, nur ein heißer Glühwein beim Theo rettet meine verfrorenen Gliedmaßen. Ich denke an die schönen Ausfahrten im Mai mit der Radbande. Ein Cyclecross Tour mit Marc, Jürgen und Martin Donat vom lifecycling Magazin war ein Highlight vom Fußballer zum Radsportler. Eine kleine Geschichte hab ich darüber geschrieben. Hier zum nachlesen: Der Stromberg

Urlaub braucht der Mensch. Abschalten, Luft holen, Kopf durchpusten. Das machen wir an der Nordsee schon seit Jahren. Ich rief meine Vermieterin in Tetenbüll Haus Friesenfinca an, um zu erfahren ob Urlaub in der Pandemie möglich sei. Zur meiner grossen Freude nahm sie an einem Modell Projekt teil. Tägliche Testung und Anmeldung in der Luca App war die Bedingung. So fuhr ich jeden Tag gerne mit meinem Merida Reacto in die Teststation von St. Peter Ording ein. Und für Euch hab ich unsere schönsten Tage im Jahr in einem Blog Eintrag notiert: Tetenbüll oder einfach mal Luft holen

Teststation

Ziele braucht der Mensch. Auch wenn es nur 500 km auf dem Rad  zwischen Weihnachten und Silvester ist. Es sind noch 143 km und ich höre schon die ersten Silvesterböller. Das wird knapp. Das grosse sportliche Ziel 2021 war natürlich der Gipfel des Mont Ventoux. Im Windschatten der Tour der France wollten wir diesen Mythos, diesen Gigant der Provence bezwingen. Ob und wie die #strombergbuben es geschaft haben, erfahrt ihr, wenn ihr diesen Button drückt.

Der Sommer war entspannt, viele Menschen waren nun geimpft. Ich spürte eine kleine Erleichterung in der Bevölkerung. Die Regierung versprach die Freiheitsrechte zurückzugeben. Man sprach von einem Freedom day, die Inzidenz spielte keine Rolle mehr. Die Hospitalisierungsrate wurde die neue Kennzahl. Ich blickte nicht mehr durch, das ging nicht nur mir so. Gottseidank, hatte ich ja noch mein Merida Reacto mit der Radbande im Stromberg, um bei sonntäglichen Ausfahrten den Mutationen zu entfliehen. Bei einer „Flucht“ waren wir mal 250 km unterwegs: Der Radmarathon oder ein Tag mit den #strombergbuben

In dieser Zeit las ich nach langen auch mal wieder ein Buch. Wie konnte es anders sein: Guillaume Martin, ein Radprofi und Philosoph vom Team Cofidis und hörte nebenbei die neue Platte von Abba. Am liebsten interpretiert von Emilia Sjoholm, einer jungen Youtube Künstlerin

Der Herbst hielt Einzug in Deutschland, die Inzidenz stieg. Es kümmerte keinen, man war ja geimpft. Unsere verschobene Wanderung konnte stattfinden. So fuhren wir frohgemut nach München und stellten unser Auto für 4 Tage in der Hohenester Straße ab. Unser Start und Ziel. Nachzulesen unter: Isarausblicke

Ein Tanz unterm Weihnachtsbaum

https://www.instagram.com/reel/CX60RQjqdNa/?utm_medium=copy_link

der Coach kanns noch….

31.12.2021 um 14:00 Uhr mach ich mich auf die letzten Kilometer der Challenge Festive 500. Immer mehr Radfahrer der Radbande im Stromberg stoßen dazu. Ich werde eingerahmt vom Präsident Charlie, Thomas Kö, Geronimo, genannt il Pirata nach Marco Pantani, Michel aus Ludwigsburg, Extremsportler Stefan aus dem Kraichgau, der junge glückliche werdende Vater Benni, die jungen Sprinter Jannik, Rico, Felix und Marc. Thomas, genannt Jalabert, mit seinen dicken Oberschenkel macht an der Spitze die Pace. Noch einmal lassen wir unsere Muskeln spielen. Gekonnt ziehen wir lautlos im Sinne des belgischen Kreisel an der Neckarschleife entlang. Nur das Surren der Kettenblätter ist zu hören. Passieren die Dörfer Mundelsheim und Hessigheim. Ein feines Wechselspiel von Licht und Schatten entlang  alter Weinbergsmauern der tief stehenden Sonne begeistert meine Sinne.  Kurz vor dem Ortsschildsprint Besigheim bereitet Marc und Felix den Sprint für Rico auf seinem schickem, schnellen Servélo S5 vor. Jetzt deutlich über 50km/h, ich kann gerade so das Hinterrad noch halten. Auf den letzten Metern mit einem beherzten Tigersprung drängt sich Präsident Charlie, der alte Haudegen, gekonnt vorbei. Große Augen bei den geschlagenen Youngster und Schulterklopfen von allen Seiten. Ich schau auf meinen Tacho, 502km

Rapha Festive 500 is done!

Ein gutes Neues 2022🎉

Bleibt gesund, bleibt mir treu

Euer Coach

Zugabe

Kleiner Spass

P. S. FREU MICH EUCH ALLE am Samstag 04. JUNI 18:00 Uhr IM BIERGARTEN🍻 DER MARIA (zum Löwen, Rottenberg) begrüßen zu dürfen 🎂

Isarausblicke

Die Isar

oder

die Suche nach der versunkenen Kirche von Fall

Nein, die Schuhe nehme ich auf jeden Fall in den Rucksack mit rein! Aber Miri, jedes Gramm zählt bei dieser Wanderung an der Isar entlang, so meine Argumentation. Ich will nicht am Abend in nassen, verschwitzten Wanderschuhen im Restaurant sitzen. Passta! So packten wir unsere Rucksäcke für die 3 Tageswanderung kommend von München über die Städte Wolfratshausen, Bad Tölz und Lenggries. Unser Ziel: Der Sylvensteinsee. Dort, nach einer Sage, soll man in gewissen Momenten die Kirchturmspitze des versunkenen Dorfes von Fall aus dem Wasser blitzen sehen.

Naturbursche

Höllriegelkreuth erreichten wir Drei motiviert mit der S7. Der Start unserer Isarwanderung. Kühl, aber trocken, die ersten Sonnenstrahlen begleiteten unsere ersten Schritte. Wir passierten den Klettergarten Beierbrunn, eine schöne Erinnerung aus drei vergangenen Eiszeiten. Steil ging es den Abhang zu Isar herunter. Chablis, unser Hütehundmix aus den Kaparten, dem konnte es gar nicht schnell genug gehen und er stürmte uns voraus zum Wasser. Kühles Isarwasser schlabbern. Lecker. Nicht weit sahen wir den Georgsstein, ein grosser Felsblock mitten im Flussbett. Ein gefürchtetes Hindernis zur Zeiten der Flösserei. Ein guter Platz für unsere erste Rast.

Lecker kühles Isarwasser

Auf kleinsten Wegen entlang empfindlicher Feuchtgebiete nahmen wir Kurs auf breiteren Forstwegen um die Natur und den Lebensraum von seltenen Tieren zu schonen. Hier möchte ich auch an die vielen Mountainbikern appellieren diese Wege zu meiden. Die vielen tiefen Furchen der Stollenreifen verraten leider das Gegenteil.

Hochwasser

Ist das ein Fliegenpilz?, hier am Wegesrande fragte Miri. Weiss nicht, aber essen würde ich ihn lieber nicht. Und, erkennst du Steinpilze, lockte mich Miri aus der der Reserve. Weiss auch nicht, aber wie man sie lecker in der Pfanne bruzzelt! Ich bekam ein bisschen Hunger. Du kannst Dich gut von Samen und Nüssen jetzt im Wald ernähren. Ok, zur Bestätigung gab sie mir ein paar Engelwurz Samen in die Hand. Schmeckt wie Anis, aber Bitter murmelte ich! Unser Weg führte uns entlang der Isarauen, über kleine Pfade, über kleine Brücken, unter umgestürzte Bäumen auf einen Damm. In weiter Ferne konnte wir das Kloster Schäftlarn erkennen. Ein bayrisches Ur- Kloster aus dem Jahre 762. Hoffentlich hat das Klosterbraustüberl offen. Uns Drei knurrte mächtig der Magen. Wandern macht hungrig.(und durstig) Im Sonnenschein trafen wir im Biergarten ein und aus der Küche kamen verlockende Düfte. Ein Schweinebraten mit dunkler Soße mit zweierlei Knödel, ein Veggi Burger und zwei Halbe Löwenbraü Helles später, war die Seele der Isar Wanderer zufrieden. Mit einem aufmunternden Cappuccino konnte der Isar Trip weitergehen. Auf nach Wolfratshausen, die Flösserstadt. Kein Bachlauf, kein Abhang, keine Steigung konnte uns aufhalten. Im vollen Sonnenlicht erreichten wir unsere erste Herberge. Das Landhaus Café in Wolfratshausen. Herzlicher Empfang und gleich einen Tisch für den Abend im Restaurant reserviert. Ein schöner Abend mit Anne und Max rundete unseren 1. Wandertag an der Isar gelungen ab.

Max erinnerte mich noch an das „Wolfratshausener Frühstück“ in dem Angela Merkel dem damaligen CSU Vorsitzender Edmund Stoiber die Kanzler Kandidatur anbot. So hatte unser gemeinsames Frühstück am morgen im Landhaus Café ein historisches Vorbild. Schön. Nach zwei gekochten Eiern, einige Croissant und eine große Schüssel Müsli waren wir gestärkt für unsere zweite Tour entlang der Isar. Nach Bad Tölz, das Kolberbräu Hotel in der Marktstraße war unser Ziel. Mit dem Bus fuhren wir nach Königsdorf. Über sanfte Wiesen und Wälder kamen wir in einen tiefen dunklen Wald. Wir verloren das GPS Signal. Jetzt übernahm Chablis, unser Hütehundmix aus den Kaparten, die Führung und geleitete uns sicher auf eine Lichtung. Dort sahen wir ein Kreuz. Es steht zum Gedenken an 5 Wanderer die dort ihre letzte Rast nahmen. Danach stiegen sie in einen Zug und verunglückten tödlich.

Kurzes Innehalten

Wenige Meter weiter erreichten wir wieder die Isar. Jetzt ein kühles Bad? Die Füße mal kurz in die reißende Strömung halten, verschnaufen, Sonne tanken und das mitgebrachte Vesper auf der Kiesbank verputzen. Herrlich. Aufstehen, den schweren Rucksack wieder schultern, in Schwung kommen – fällt einem schwer. Aber weiter, immer weiter. Wir überquerten das Tölzer Isarkraftwerk und schlenderten am Walgerfranzweg in die Stadt hinein. Die Stadt begrüßte uns mit voller Sonne. Im Park der Isar zugewandt spielten Kinder und Hunde. Wir bogen in die belebte Marktstraße von Tölz ein. Nach einer heißen Dusche lass ich mir im Restaurant Kolberbräu das Schnitzel „Münchner Art“ schmecken und ein Löwenbraü Helles löschte meine durstige Kehle. Miri stärkte sich mit einer großen Portion Semmelknödel mit frischen Pfifferlingen an einer Rahmsoße. Müde vielen wir in die Federn in unserer 2. Nacht. Leicht hörte ich das rauschen den Ellbach unter unserem Hotelzimmerfenster, oder waren es die Stromschnellen der Isar in meinem Traum?

Kiesbank

Kalt, nebelig war es in Bad Tölz am Sonntag morgen. In Wintermützen, Schals und Handschuhe warm eingepackt bauten die Marktleute ihre Stände auf. Chablis hatte viel zu schnüffeln auf unserer ersten Gassi Runde. Nach einem reichhaltigen Frühstück liefen wir zum Bahnhof. Der Zug sollte uns nach Lenggries bringen. Von dort aus wollten wir über die Berge zum Sylvenstein Speichersee wandern. In Lenggries am Bahnhof angekommen, liefen wir Schnur stracks aus der Stadt, erreichten den Toni-Sieber Weg, die Isar immer im Blick. Am Wegesrande viele Sträucher und selten Pflanzen. Miri pickte sich einige Wachholderbeeren. Für unseren Gin Tonic am Abend, dachte ich mir. Köstlich. Ich merkte schnell das meine Tour über einen Höhenweg zu ambitioniert war und wir Entschieden weiter der Isar zu folgen. Das war ja auch der Sinn auf unserem Roadtrip. Gehen wir erstmal hier in das Gasthaus am Wegesrande, sagte ich zur Miri. Chablis war dankbar für eine Pause. Ein herzlicher bayrischer Empfang, ein netter Ecktisch für uns Drei war frei. Es stellte sich heraus der Besitzer und Koch ist Vietnamese, so bestellten wir lecker Miso Suppe, Wan Tan ,Frühlingsrollen, dazu einen Mango Salat! Eine ungewöhnliche Rast in den bayrischen Bergen!

ein Tonic am Abend?

Wir folgten der Landstraße 13 auf dem Rad und Fußweg. Leider waren hunderte Autos und Motorradfahrer auf dieser vielbefahrenen Straße am Sonntag unterwegs. So verstanden wir kaum unser eigenes Wort und hörten auch nicht das Rauschen der Isar. Erst nach rund 5 km machte der Fußweg einen Abstecher von der Straße. Die ersten Sonnenstrahlen schauten aus der Wolkendecke. Es versprach ein sonniger Abend zu werden. Davon angespornt liefen wir wieder freudig unserem Ziel entgegen Das Hotel: Jäger von Fall. Unsere 3. Herberge auf unserer Wanderung der Isar entlang. Wir passierten einen Tunnel. Am Ende sah ich das Licht. Vorsichtig sah ich raus, erkannte den Sylvensteinsee und meinte im widerspiegeln der Berge auf der Wasseroberfläche eine Kirchturmspitze aus dem Wasser herausragen zu sehen. Eine optische Täuschung oder stimmt die Sage des untergegangenen Dorfes von Fall?

Am Ende des Tunnels…

Im Sonnenlicht, ein fester Wind wehte von den Bergen, ein schmaler Weg, eine letzte Herausforderung, über eine Brücke zum Hotel Jäger von Fall. Einen kleinen Abstecher zum See. Noch mal leckeres kühles Isarwasser schlabbern. Chablis war in seinem Element und wir waren glücklich, zufrieden und kaputt.

Sylvensteinsee

Bleibt gesund, bleibt mir treu. Euer Coach

Zugabe

Ohne Schwimmring
Durch dick und dünn
die Isar
ohne Worte

Der Radmarathon

oder

ein Tag mit den

#strombergbuben

Es war ein sonniger Tag im Frühling. Ich radelte mit meinem Merida Reacto in die aufgehenden Morgensonne über den Hügeln des Strombergs dahin. An meiner Seite, Marc von der [Radbande im Stromberg]. Wir plauderten viel. Über den Job, über Familie, natürlich über Corona und über neue Radsport Ziele. Er berichtete mir von einer 24 Stunden Tour immer an seinem Haus vorbei, alleine ohne Helfer in die Dunkelheit hinein, nur mit sich und dem Rennrad auf einem nie endenden Rundkurs, maximal für den Toilettengang kurz bei Mama und Papa angehalten. Ich schüttelte mit den Kopf, er fand’s geil.

Warum muss man so lange Radfahren, wo liegt der Sinn, wo liegt der Reiz. Bei mir ist ab km 100 Schluss, es reicht. Ich bin platt, bin am Ende. Miri wartet mit einem leckeren Essen und bei einem vitalisierenden Espresso werden meine müden Beine wieder locker. Warum länger? Es gibt den Ötztahler Radmarathon, mit vier Alpenpässen die zu überqueren sind, alle vier Jahre gibt es Paris – Brest – Paris mit 1200 km , Race Across The Alps, in dem Mann/Frau sich durch die drei Länder Italien, Schweiz und Österreich quält, es gibt Swiss Cycling Alpenbrevet, das härteste Eintrages Rennen der Alpen mit über 7000 Höhenmeter. Alles verrückt, eine Tortur, einfach nur der Wahnsinn.

Lass uns doch mal sowas verrücktes planen, ist eh Corona, finden eh keine Rennen statt, meinte Marc. So, wurden Routen auf Strava, auf komoot geplant, verworfen und heftig diskutiert. Felix hat die schönste Tour in peto. Start und Ziel sollte sein Heimatdorf Hohenhaslach sein. Von dort in Richtung Hochdorf zur Solitude die alte Stuttgarter Rennstrecke und zum Sommerschloss der Herzöge von Württemberg. Mit Tempo ins Würmtal über Pforzheim am Kloster Maulbronn vorbei nach Heidelberg. Den Gipfel des Königsstuhl erstürmen, an Sinsheim über die 1000 Hügel des Kraichgau zurück nach Hohenhaslach. Das pitoreske Weindorf im Kirbachtal. So sein Plan.

Um es noch mehr zu einem Wettbewerb werden zu lassen haben wir 10 Segmente auf der Strecke eingebaut, die jeder Rennfahrer mit Tempo durchfahren kann. Die Zeit wird gestoppt. Der schnellste bekommt 100 Punkte. Aber gemeinsam starten und gemeinsam ankommen, das war die Devise.

Das Rennwochenende stand bevor. Die Wetter Aussicht versprach 90 % Regenwahrscheinlichkeit. Super. 😜 Es gab keine andere Wahl als zu verschieben. Das Wetter macht den Termin, sagte Marc! Der nächste Sonntag versprach einen traumhaften Sommertag.

Was für Schmierereien auf der Straße 😂🤣😜

Es mussten natürlich noch einige Vorbereitungen getroffen werden. Einfach so losradeln, daß war unprofessionell. Ich kaufte Farbe beim Obi und wir pinselten Fett und Breit den Start auf die Straße von Hohenhaslach. Einen Bierkasten hatte ich auch mitgebracht und die Mama vom Felix versprach leckeren Kartoffelsalat und eine Rote vom Grill für die wohl hungrigen Rennrad Fahrer am Abend. Die After Road Party sah schon mal vielversprechend aus.

Das Land der 1000 Hügel

Zwei offizielle Stopps hatten wir auch eingeplant. Jeweils nach 100 km. Der erste sollte in im Klostercafé von Maulbronn sein. Gesponsert vom Tourismus Kraichgau Stromberg. An dieser Stelle sag ich schon mal Danke. Der zweite Stopp war in Sinsheim geplant. Meine Miri hatte sich bereit erklärt mit Getränken und Proviant auf uns am Aerport Museum zu warten. Wasserträger 😍

Selfie ist das neue Foto📸

Es war angerichtet: 10 Teilnehmer fanden sich um 7:00 Uhr ⌚ in der Früh in Hohenhaslach ein. Alle waren pünktlich, alle waren gespannt und ein bisschen aufgeregt auf die ungewöhnliche Tour im Land der 1000 Hügel zwischen Stuttgart und Heidelberg.

Der erste Radmarathon der [Radbande im Stromberg]. Hier und Heute muss ich die Starter mit ihren schicken Sonnenbrillen und stylischen Radtrikots erwähnen: Thomas Fischer, Jannik Henning, Felix Kenk, Marc Högler, Kristian Krüger, Michael Langjahr, Benni Hofmann, Stefan Bregler, Sebastian Holler und Charlie Albrecht der mit einer Ellbogen Verletzung an den Start der 250 km langen Schleife ging. Auf der Hälfte der Distanz wollte er dann aussteigen und die Tour verlassen.

Die Reifen auf 8 Bar, zwei Trinkflaschen in der Halterung, der erste wichtige  Proviant für die nächsten drei Stunden in den Rückentaschen. So rollte das Pelton aus Hohenhaslach, angeführt von Felix Kenk in die aufgehende Morgensonne.

Der aufgehenden Sonne entgegen

Das erste Segment, der erste Anstieg nach Hochdorf am Keltengrab vorbei rollte das Pelton noch gemütlich im gleichschritt. Felix, Benni und Thomas sorgten an der Spitze für ein gleichmäßiges Tempo, immer im Blick die 250 km lange Tour. Seine Kräfte einteilen, seine Körner nicht gleich am ersten Anstieg vergeuden. So fuhren wir in zweier Reihen die Solitude hoch, gaben uns Windschatten, gaben uns Motivation. Oben am Schloss ist dieses schöne Bild entstanden.

Schloss Solitude 🏰

Kurz durchschnaufen, kleiner Snack, weiter ging’s, es wurde warm. Windjacken wurden ausgezogen, Ärmlinge eingepackt. Das Würmtal wurde erreicht. Jetzt machte Kristian Tempo an der Spitze. Wie an einer Perlenschnur gereiht fuhren wir, jeder tief im Windschatten des anderen, die geschwungenen Straßen der Würm entlang. Herrlich.

Radbande Kreisel

Ich traute meinen Augen nicht. 50 km/h stand auf dem Radcomputer.🚀Wir erreichten Pforzheim in Windeseile. Pforzheim die Goldstadt, wenig Verkehr an diesem Sonntag im September. Gottseidank. Von weitem sah ich schon die Weinberge vom Maulbronner Eilfingerberg. Unser erster Stopp nach 100 km war nicht mehr weit. Das Klostercafé in Maulbronn. Der Besitzer wusste Bescheid und hatte den Auftrag uns gut zu versorgen. Mit Kuchen, Butterbrezzeln, Espresso und Wasser für die Trinkflaschen machte Herr Arik einen guten Job. Danke.

Klostercafé Maulbronn

Es reichte, es war genug, es war eine schöne Tour. Die Beine lockern, die letzten Kilometer nur noch zum Spaß. Daheim wartet Miri zum Mittagstisch. Nein, jetzt fing es erst richtig an, wie bei einem Marathon ab Kilometer 20. Die Trinkflaschen aufgefüllt ging die Radbande wieder gestärkt auf die Tour. Charlie war weiterhin dabei!

Charlie war dabei 💪

Ich fühlte mich gut,erstaunlich gut. Wann kommt der Einbruch, wann kommen die Krämpfe? Wir durchfuhren Bruchsal, erreichten Leimen, die Geburtsstadt von Boris Becker und erreichten Heidelberg. Meine Trinkflaschen waren leer.

Heidelberg

Auf der Suche nach Wasser machten wir an einem Kiosk sowie an dem Stadtfriedhof von Heidelberg halt. Es war bitter notwendig, es stand der harte Aufstieg zum Königsstuhl an, eine giftige, steile Rampe im Mittel 12%.

Ich hab mein Herz in Heidelberg verloren 💘

Normalerweise mach ich mir über solche Anstiege keine Gedanken, aber nach 200 km in den Beinen und noch 50 km zum Ziel hatte ich schon weiche Knie. Die Jungs zogen an mir vorbei, nicht mitgehen, sein eigenes Tempo am Berg finden. Langsam, wirklich langsam eierte ich die Serpentinen hoch zum Königsstuhl. Ich war gespannt, wer gewinnt das Segment, wer holt den KOM (King of the Mountain)

Der Königsstuhl

Ein Anruf von Miri: wo bleibt ihr denn? Warte schon ne Weile auf Euch, alles gut? Ja, sind in ner halben Stunde bei dir, stotterte ich ausser Atem ins Handy. Jetzt mal mit Tempo nach Sinsheim, unser 2. Stopp an diesem Tag, oder unser Besenwagen um entkräftet einzusteigen?

[Radbande im Stromberg]

Die Freude war gross, die Freude war echt. Miri machte den Kofferraum auf. Kalte Cola, frisch aufgeschnittene Melone, Schokolade und Wasser für die leeren Trinkflaschen. Aber entkräftet, einsteigen in den Besenwagen? Nein, locker waren wir, als würde die Tour erst ihren Anfang nehmen.

Miri, unser Besenwagen

Die letzten 50 Kilometer standen im Roadbook. Nichts war mehr unbekannt, der Stromberg, unsere Heimat. Terroir der #strombergbuben. Eine schöne Geste vom Präsident Charlie: er nahm am Berg das Tempo raus um mich auf den letzten Metern zu unterstützen und Qualitätswindschatten zu geben. Gemeinsam starten, gemeinsam ankommen ist bei der [Radbande im Stromberg] keine Floskel, sondern eine Selbstverständlichkeit💪

Sonnenuntergang

Mit der untergehenden Sonne hinter dem Land der 1000 Hügel rollen wir über die Weinberge des Hohenhaslacher Kirchberg mit einem Lächeln im Gesicht auf unsere Zielgerade ein. So schwer war’s doch nicht.

Bleibt gesund, bleibt mir treu, euer Coach🏁

Zugabe

Ein schöner Abschluss im Garten, bei Kartoffelsalat, ne Rote vom Grill und kaltes Oktoberfest Bier🍻

Ankunft der #strombergbuben

King of the Mountain am Königsstuhl wurde Jannik Hennig🏔️🤴🏁

Der Besenwagen

oder

der dunkle Berg soll leuchten

Die Tour hatte nach Jahren der Abstinenz den Mont Ventoux wieder im Programm. Diesmal noch schwieriger, noch mörderischer, zweimal auf der gleichen Etappe muss dieser Berg, dieser weiße Gigant, dieser Mythos bezwungen werden. Dort, auf dem Gipfel, wird die Tour de France entschieden, so sind sich alle Experten einig. Ich bin dabei, im Windschatten meiner Radbande im Stromberg schlagen wir unsere Zelte wieder in Valréas auf.

Benni Thomas L. Felix Thomas F. Sebastian

Es war das Jahr 2002 mit meiner damaligen Freundin Elli und Igga, ein Kumpel von den Buwe aus Rottenberg, mit denen ich hautnah den legendären Kampf am Mont Ventoux verfolgen konnte. Wir standen noch auf Höhe der Waldgrenze im Schatten der Bäume und warteten gebannt auf das Peloton. Zu Fuß haben wir damals uns, kommend von Bedoin, auf den langen Weg zum Gipfel gemacht. Links und rechts am Straßenrand picknickten ganze Familien mit Oma, Opa, samt Kindern und Hunden und freuten sich auf die Tour am Nationalfeiertag. Elli sah in dieser Wanderung überhaupt keinen Sinn. Legen wir uns hier ins Gras, dort ist ein schöner Baum der Schatten spendete, sagte sie. Ich wollte doch auf dem Gipfel, zumindest am Memorial von Simpson auf meine damaligen Helden warten. Sie anfeuern, sie anschreien, vielleicht ein Stück mitrennen, ihnen den letzten Pusch geben. Lasst uns bis zu dem steilen Stück dort vorne laufen, dort sehe ich auch schöne schattige Bäume, meinte Igga. Ok, ich war überstimmt und musste insgeheim eingestehen, ich hab das alles unterschätzt. Elli breitete die Picknick Decke aus, Igga schnitt das Baguette und den Käse sowie leckere Tomaten aus Papas Garten. Ich holte eine Flasche Domaine Maximilian aus dem Korb. Gegenüber feierten Holländer schon lautstark und nicht weit weg hörte ich die Tifosi grölen. Ganz Europa war auf diesem Berg. 

Igga Mama Elli Sebastian

Die Radbande im Stromberg ist in den Löwensteiner Bergen unterwegs. Und ich versuche kämpferisch das Hinterrad vom Thomas zu halten. Beißen Coach beißen, brüllt er mir zu. Es geht in die Steile Rampe von Jux hoch. Ich geh in den Wiegetritt.17%. Ich denk an die Verrückten von Jux. Von drei verschiedenen Seiten hoch nach Jux und du wirst im erlauchten Kreis aufgenommen. Genauso wie die Verrückten vom Mont Ventoux, sinniere ich. An einem Tag von drei verschiedenen Seiten den Berg der Winde erklimmen. Das ist die ultimative Challenge. Marc, Benni und Felix rauschen locker an mir vorbei. Nochmal 20 sein. 

Löwensteiner Berge

Klar wussten alle, die sind voll bis unter die Haubitzen. Ohne Doping, ohne verbotene Substanzen schafft man diese Leistung nicht. Es war ein offenes Geheimnis. Selbst der erste Doping Tote Simpson, der mit einem Cocktail aus Amphetaminen, Alkohol kurz vor dem Gipfel zusammenbrach, dem wird heute noch gehuldigt. Es war mir damals egal, der Tour Funk kündigte die Spitzenreiter an. Die Spannung stieg, eine Spitzengruppe bestehend aus Virenque, Ulrich und Armstrong hatten 3 Minuten Vorsprung vor dem Hauptfeld. Lance Armstrong, der große Dominator, eine Krebserkrankung überwunden kam er so stark wieder auf die internationale Rad Bühne. Man konnte ihm nie was verbotenes nachweisen. Wir glaubten einfach an seinen unmenschlichen Kräften, an seinen Fahrstil mit kurzen kleinen Übersetzungen, mit seinem eisernen amerikanischen Willen. Sein Buch: “Tour des Lebens, wie ich den Krebs besiegte und die Tour de France gewann” war damals ein Bestseller. Meinem Schulfreund Olli aus Kindheitstagen habe ich immer gerne einige Passagen daraus vorgelesen. Die Zeilen haben ihm damals Mut gemacht. Er hatte Krebs im Endstadium. Aber am Ende waren seine Siege nur Lug und Trug! Es waren meine Idole aus dem Fernsehen. Richard Virenque konnte sich kurz vor dem Ziel in der Steinwüste am Mont Ventoux von der Spitzengruppe lösen und gewann als Franzose am Nationalfeiertag die Etappe am Gipfel überragend. Gemütlich schlendernden wir Drei von diesem Berg wieder gen Heimat. Ich, noch ganz aufgeregt meine Idole hautnah gesehen und angefeuert zu haben. Igga, der sich mit Holländern und Tifosis verbrüderte. Elli, die gemütlich auf der Picknick Decke nach einem Glas Wein mit Baguette und Käse unter den Schatten spendenden Eichen gedöst und geruht hatte. Es war schön. 

Lance

Ich höre gerne einen Podcast, der heißt: Besenwagen. Drei Jungs, sehr unterschiedlicher Natur plaudern locker über Radsport. Mag ich. Ich hab auch ein schickes Trikot von der Marke Rapha mit den Motiven und Schrift ”Der Besenwagen”. Sehr klar, sehr stylisch. Ab und an ziehe ich es zu unseren sonntäglichen Ausfahrten der Radbande im Stromberg an. Thomas schaut ein bisschen kritisch von der Seite. Basti, bist du schon einmal im Besenwagen gesessen, fragt er mich ein bisschen spöttisch. Nein nie, antworte ich ehrlich. Thomas, ein ehemaliger Radprofi, berichtet mir von seinen Erlebnissen. Es war kalt, ich war am Ende, abgeschlagen, konnte nicht mehr. Zum Ziel war noch weit. Ich stieg ein, erzählte er mir mit brüchiger Stimme. 

Besenwagen

Brauchen wir nicht alle im Leben mal einen Besenwagen, denke ich nach. Eine Familie die einen auffängt, wenn man am Boden liegt. Ein guter Freund, der da ist, wenn man ihn braucht? Ich mag den Begriff. Er hat was Beschützendes. Etwas heimeliges. Und das im Profi Sport, in dem es nur um Gewinnen und Verlieren geht. 

Der Tag ist gekommen. Die Radbande im Stromberg ist wieder zu Gast bei Mama Christa in Valréas. Die Sonne brennt, die Butter schmilzt am Frühstücks Tisch. Es wird ein heißer Tag in der Provence. Nur der Mistral mit einer leichten Brise, verspricht eine kleine Abkühlung. Wir sind gut vorbereitet. Die Touren in den Löwensteiner Bergen, im Stromberg und im Black Forest haben unsere Körper gestählt für diesen Tag im Juli hoch zum Gipfel des Mont Ventoux. Das Peloton der Tour de France erwartet unsere lautstarke Unterstützung. 23 Teams mit insgesamt 184 Fahrer gehen auf die französische Schleife. Bora Hansgrohe, mit Nils Polit und Emu Buchmann, das Ineos Grenadiers Team mit Richie Porte und Geraint Thomas, Jumbo Visma mit Roglic und Tony Martin, Israel Start-up Nation mit Sprinter Greipel und Rick Zabel, nur um einige zu nennen. Es ist das Who is Who des internationalen spitzen Radsportes am Start. Wir werden da sein. Wir werden alles geben. 

Wer möchte ein 5 Minuten Ei von glücklichen Hühnern? ruft uns Mama Christa aus der Küche zu. Die Radbande im Stromberg ist am Frühstückstisch versammelt. Lavendelhonig, verschiedene Marmeladen, Wurst und Käse stehen auf dem Tisch. Baguette wird frisch aufgeschnitten. Ich schnapp mir schon mal ein warmes Croissant mit ordentlich Butter drauf. Lecker. Große Schlagzeile in der Tribüne, die Tageszeitung aus der Region: Kampf um das gelbe Trikot am Mont Ventoux, liest uns Felix vor. Gleich wird gefachsimpelt, diskutiert, jeder hat einen eigenen Favoriten. Carapaz, Pogajar, ich tippe auf Wout van Aert. Richard Carapaz hat die besten Helfer an seiner Seite, meint Benni. Und er hat nicht unrecht. Du brauchst Wasserträger Edelhelfer, nur mit einer starken Mannschaft ist der Sieg möglich. Ja, Geld schießt bekanntlich die meisten Tore und Geld macht Tour Gewinner, meint Thomas lakonisch. Ineos Grenadier hat einen 50 Millionen Etat fügt er noch bekräftigend hinterher.

Die Reifen auf 8 bar, Wasser in den Trinkflaschen. Die Kette geölt. Wir rollen aus Valréas über schmale Landstraßen, passieren wir die kleinen, pittoresken Dörfer Vinsobres und Mirabell de Barronies. Tief atmen wir die Lavendel geschwängerte Luft ein. Herrlich. Immer im Blick: Der Mont Ventoux. 

Autos fahren freudig, hupend an uns vorbei. Fenster werden heruntergekurbelt.  Allez, allez, werden wir auf Französisch angefeuert. Die ersten Schriftzüge auf den Straßen, die ersten französischen Flaggen am Straßenrand zeigen die Tour an. Der Zielort Malaucène hat sich hübsch gemacht. Wir halten an, auf einen obligatorischen Espresso. Schnell kommen wir mit Belgier, mit Tifosi, mit Radsportverrückte ins Gespräch. Es ist eine ausgelassene freudige Stimmung. Wir ziehen weiter bevor die Straßen komplett dicht gemacht werden. Wir wollen ja auf den Gipfel, dort in der Steinwüste auf unsere Idole warten. Zweimal werden sie uns passieren müssen, das ist einzigartig in der Geschichte der Tour de France. Es macht Spaß mit den Jungs, es ist keine Strapaze, es ist pure Freude. Wir sind gut trainiert, sind nicht im Wettkampf, plaudern viel, werden motiviert der schönen Landschaft, der ungewohnt schönen Ausblicke ins Rhonetal, von weitem kann man das Mittelmeer erahnen. Links und rechts ein Spalier von Wohnmobilen. Wir hören die Live Übertragungen, aus den Lautsprechern in den verschiedensten Sprachen, das Peloton ist schon auf Höhe von Sault, eine Spitzengruppe von 6 Fahren führt das Feld an. Darunter auch mein Favorit, der Belgische Meister Wout van Aert von Jumbo Visma Die Spannung steigt. Mit einem Lächeln im Gesicht erreichen wir den Gipfel. 

Wout van Aert in der Abfahrt zum Sieg!

Hubschrauber kreisen über unseren Köpfen, die ersten Polizeimotorräder sichern die Strecke. Es wird laut, der Berg erwacht zum Leben. Eine erste Spitzengruppe rauscht an uns vorbei, bin so aufgeregt wie damals mit Elli und Igga, ich konnte nicht mal die Fahrer erkennen. Felix, der verrückte Hund, rennt wenige Meter seinem Idol von Ineos Grenadier hinterher. So kommt man ins Fernsehen, denk ich bei mir. Wir klatschen uns ab, feiern uns und die Tour de France. Nach der halsbrecherischen Abfahrt nach Malaucène geht es nach Bedoin von dort nochmal 22 km die Südrampe, besonders steil, besonders selektiv! Wird Wout van Aert, aktueller Belgischer Meister, mein Favorit, den Attacken der Konkurrenz standhalten? Und noch wichtiger: hat er seine Edelhelfer vom Team Jumbo Visma noch an seiner Seite? Ich höre den Tour Funk, es wird spannend. Ja er ist noch dabei, jetzt noch die gefährliche Abfahrt überstehen, nicht stürzen, gesund bleiben. Wir jubeln jedem Fahrer zu, jeder hat den Respekt verdient. Eine kleine Gruppe von schwergewichtigen Sprintern mit gequälten schmerzverzerrten Gesichtern kommt an uns vorbei. Hauptsache ankommen und in der Karenzzeit bleiben! Nun sichern einige Polizeimotorräder den Schluss der Tour. Ein Fahrzeug kommt noch, es ist der Besenwagen. Er ist leer, keiner ist eingestiegen, er wurde nicht gebraucht. Gut so. 

Bleibt mir treu, bleibt gesund. EUER COACH

Nachspann

Hobby-Radfahrer aus der Region fahren zur Tour de FranceAufbruch zum Windumbrausten

Von Walter Christ 04.07.2021

Benni Sebastian Thomas L. Felix Thomas F.
Die Radbande Stromberg posiert in Bietigheim vor der Abfahrt mit dem Auto zur Tour de France. Von links: Benni Hoffmann, Sebastian Holler, Thomas Lutz, Felix Kenk und Thomas Fischer. ⇥ Foto: Oliver Bürkle
ABSCHIED

Der Kulturverein

Der Kulturverein

oder

der letzte Abend

Es ist ein lauer Sommerabend. Ich biege gerade mit meinem Merida Reacto in die Fußgängerzone von Bietigheim ein. Die tiefstehende Sonne scheint mir direkt ins Gesicht. Ich kneife die Augen zusammen. Der Herrenaustatter Kittel schliesst gerade sein Geschäft. Schräg gegenüber ruft Harry von der Bar Agora: Ein schnelles kühles Tannenzäpfle? Oh ja, das tut gut, das zischt gut. Ich ziehe weiter, verabschiede mich und ruf ihm zu: bis morgen auf auf einen vitalisierenden Espresso. Gemütlich schiebe ich mein Rad durch die Fußgängerzone. Schöne Fachwerkhäuser säumen meinen Weg. Costa vom  Restaurant Falken, direkt an der Ecke vom Marktplatz, ruft mir zu: Bastian, hab noch leckeres Gyros auf dem Grill. Costa , eine Seele von Mensch, dem kann man nichts abschlagen. Ich bewundere ihn. Bei ihm fühlt man sich wohl. Ein Lied kommt mir in den Sinn: Meine kleine Kneipe von Peter Alexander.

Es gibt sie wirklich, die kleine Kneipe. Oh la la, der Zanziki hat es es in sich. Ich lass es mir schmecken. Verträumt schau ich auf den Markplatz und meine Erinnerungen führen mich nach Hösbach. Ich werde direkt in mein Bistrot Gräfenstein am Marktplatz katapultiert. Ein schönes Bistrot. Die geschwungene Theke, die provencalischen Stühle, die ockerfarbende  Wände, die romantischen Kerzen auf den Tischen. Hochzeiten Geburtstage, Todesfälle, Geschäfstessen, Rendezvous, alles hat das Bistrot gesehen und erlebt. Man fühlte sich wohl. Ich war jung, vielleicht zu jung. Ich musste es schließen. Aber nicht so einfach, nochmal richtig feiern, mit einem Paukenschlag.

Meine Nachbarin war eine berühmte Oper Sängerin. Julie Griffith. Ich bin unmusikalisch, ich kann nicht singen. Doch Sebastian, jeder kann singen, sagte sie mir mal bei einem Glas Wein. Sie gab Gesangsunterricht und hatte eine Schar guter Schüler unter sich. Sie studierten gerade die Zauberflöte ein. Hatten aber keine Bühne. Da kam mir die Idee die Zauberflöte auf unseren Marktplatz unter dem freien Himmelszelt Ur  aufzuführen.

Zu dieser Zeit war ich auch im Gemeinderat dieses Dorfes. So wird es ein leichtes sein die Genehmigung für dieses Event auf dem Marktplatz zu er halten, dachte ich mir. Passiert ja sonst nichts auf dieser tristen, trostlosen Fläche mitten im Herzen, eingerahmt von Kirche und Rathaus. Sebastian, das wird schwierig, bis unmöglich sprach der Bürgermeister Robert Hein unter vier Augen mit mir. Wenn du ein Verein wärst hätt ich eine Möglichkeit, so sind mir die Hände gebunden. Mein Ehrgeiz wurde geweckt. Ein Verein sinnierte ich, ja ein Kulturverein, das könnte die Lösung sein. Aber wie und wer hilft mir? Ich sprach meine Gäste an. Eine Handvoll konnte ich begeistern und für die Gründungsversammlung des 1. Kulturverein Hösbach e. V. einladen. Ich wusste, keiner würde den Vorsitz übernehmen. So bat ich meine Schwester Henriette. Nur pro forma, nur auf dem Papier, überzeugte ich sie. Ich mach wirklich nichts? Ja, hast mein Ehrenwort. Der Abend der Gründungsversammlung. Gekommen waren: Erich Dürr, Susanne Vincon, Gabi Paschold, Mona Junk, Thea Schulmeyer

Alle wollten mir helfen , alle hatten mit ihren Familien, mit ihren Freunden schöne Stunden im Gräfenstein. Eigentlich wollten Sie nicht das ich den Ort ihrer Geselligkeit, Ihrer Heiterkeit dicht mache. Aber sie respektierten meine Entscheidung.

Noch einen Ouzo? reist mich Costa aus meinen Tagträumen. Ja, gerne rufe ich ihm zu. Geht aufs Haus. Wie hab ich das vermisst in der Pandemie. Das war doch kein Leben. Ohne Kunst, ohne Kultur. Und ohne soziale Kontakte. Wir brauchen das, wie unser täglich Brot.

Der Brunnen plätschert, im Hintergrund höre ich leise Udo Jürgens aus der Jukebox trällern. Griechischer Wein, wie passend, denk ich mir. Ich Summe ein bisschen mit, jede Strophe, jedes Wort ist mir bekannt. Heimweh Costa?

7 Gründungsmitglieder braucht ein Verein. Die Vorsitzende hatte ich schon mal! Danke Henni. Wer macht den Zweiten, wer macht den Kassier, Schriftführer und Beisitzer? Erich hatte mal schon ordentlich eine Satzung mitgebracht. Ich hatte keinen Plan. Es wurde rege diskutiert. Susanne signalisierte sich für das Amt als Schriftführer zu Verfügung zu stellen. Gewählt. Wer macht den nun den 2.Vorstand? Mir kam ein Gedanke . Heinz Peter Rausch, ein Musiklehrer und Dirigent aus dem Ort, den können wir doch anrufen. Gesagt, getan. Er war überrascht, wir redeten auf ihn ein. Er konnte nicht anders als Zusagen. Geschafft. Erich übernahm den Job als Kassier und mit drei Beisitzern war der 1. und einzige Kulturverein in Hösbach an einem Montag um 22.33 gegründet.

Ihr hättet mal die Gesichter meiner Lieben Gemeinderäte sehen sollen, als ich den Antrag für das Open Air Konzert auf dem Marktplatz vorgetragen habe. Mund offen Kinnlade runter. Leichtes schmunzeln des 1. Bürgermeisters konnte ich kurz erkennen. Er hats mir gegönnt. EINSTIMMIG

Ich brauch 2 Flügel auf der Bühne, wirbelte Julie Griffith theatralisch wie eine große Diva mir ihre Wünsche entgegen. Aber liebe Julie, weißt du was das kostet, stotterte ich. Und die Glocken des Kirchturm müssen auch aufhören zu schlagen gab sie mir noch eine weitere Aufgabe. Sonst kann ich nicht singen. Jetzt muss ich noch mit dem Pfarrer und der katholischen Kirche verhandeln. Uih, was kommt da noch auf mich zu. 

Die Abendsonne ging hinter dem Rathaus von Bietigheim unter, Costa zündete Windlichter an. Brachte ein paar Decken. Der Bürgermeister mit ein paar Gemeinderäte schaute nach einer Sitzung noch schnell auf ein Glas vorbei. Wie damals bei mir, dachte ich mir im Stillen und wurde ein bisschen melancholisch. Eine friedliche, heitere bis beschwingte Atmosphäre stellte sich ein. Ich liebe mein neues Leben in dieser Stadt. 

Wie ich all diese vielen Vorbereitungen für das Konzert gemeistert habe, weiss ich nicht mehr. Aber ich weiss, ich hatte viele helfende Hände. 

Es war angerichtet. Die Regenwolken hatten sich verzogen, die Abendsonne tauchte Hösbach in goldrotes Licht. Die letzten Gäste nahmen ihre Plätze ein. Ausverkauft! Der Pfarrer stellte die Glocken für 2 Stunden aus. Julie Griffith bestieg ihren schwarzen Friesen Hengst und stürmte, als Königin der Nacht, das Kirchgässle entlang in Richtung Marktplatz. Der Friese stellte sich auf die Hinterbeine. Furios, uns stockte der Atem. Die Zauberflöte von Wolfgang Amadeus Mozart hatte seine Bühne gefunden. 

Es wurde ein unvergesslicher Abend. Standing Ovation, mehrmalige kleine Zugaben, wir hatten nicht genug,wir wollten mehr. Genau so habe ich mir mein Ende vorgestellt. Anschließend gingen wir gemeinsam in die Kneipe. Ich stach das letzte Fass Bier an. Die Musik wurde lauter, es wurde gelacht, getanzt, es wurde ausgelassen gefeiert.

Costa räumt die Gläser auf, bläst die letzten Windlichter aus, klappt die Stühle hoch. Ich sage ευχαριστώ und καληνύχτα. Mein Merida Reacto kennt den Weg, ich habs nicht weit.

Bleibt gesund,bleibt mir treu.LG. Euer Coach

Nachspann

Tetenbüll

Tetenbüll

oder

einfach mal Luft holen

Der Wind peitscht mir ins Gesicht. Der kalte Regen lässt meine Glieder erfrieren. Mit grossem Kettenblatt stürme  ich mit meinem Merida Reacto zum Westhever Leuchtturm. Ich schmecke die salzige Seeluft. Die Nordsee ist nicht mehr weit. Am Horizont entdecke ich schemenhaft den Turm. Er ragt 40 Meter in die Höhe. Ich durchquere den Tümler Koog. Geh in den Wiegetritt. Gebe alles. Ich spüre die Gewalt der Gezeiten. Ich brauche es, ich will in die Fresse.

Seid Jahren verbringen wir unseren Familien Urlaub an der Nordsee. Jetzt schon zum 2. Mal in Tetenbüll, ein kleines Dorf auf der Halbinsel Eiderstedt. Haus Friesenfinca ist unsere Residenz für 2 Wochen. Schön liegt das Haus, eingebettet in der Dorfmitte, im Schatten der  Kirche St. Anna aus dem 1400 Jahrhundert, historischen Kolonialwarenladen Peters und dem Kirchspielkrug. Eine Institution. Hier ist mein kein Gast, hier ist man Mensch.

ST. ANNA

Es wird schlimmer. Ein Sturm braut sich über der Nordsee zusammen. Blitz und Donner, ich zähle die Sekunden. 21,22,23…Noch weit weg. Wie im Wahn trete ich in die Pedale. Umkehren, keine Option. Ich bin im Tunnel. Auf der Deichkuppe sehe ich die ersten Schafe. Dicht an dicht, um sich Schutz zu geben gegen die Gewalten der Nordsee. Flimmernt meine ich auch Personen zu entdecken. Vielleicht der Deichgraf Hauke Haien auf seinem Schimmel?

Man sagt, der Schimmelreiter hätt‘ den Teufel wohl im Bund,
kein Keuchen seines Pferdes, kein Hufschlag ward je kund.
Die Augen, sagt man, funkeln bei Ross und Reiter gleich
und wie Dämonen fliegen sie über Koog und Deich.

Es wird Mystisch. Ich denke an Papa, ich denke an Herbie, ich denke an   Emilia. Sind sie heute meine Schutzengel, die mich auf meinem Höllentrip begleiten? Ich meine sie schemenhaft in der Nebelnacht zu entdecken. Den Deich erklommen, sind es nur wenige hundert Meter  zum Westhever Leuchtturm. Mein Merida Reacto pflügt sich durch die aufkommende Flut. Ich stärke mich mit einem Schoko Riegel. Nur nicht in den Hungerast. Energie auffüllen. Geschafft, der Gigant in weiss und rot steht vor mir. Erbaut 1906, leuchtet sein Licht 21 Seemeilen tief in die schwarze Nordsee.

Westhever Leuchtturm

Ein letzter Blick. Endorphine, kleines lächeln auf den Lippen. Ich wende meine Maschine und stürme mit orkanartigen Böen an Wasserkoog, einem ehemaliges Fischerdorf, vorbei und erreiche in nie gekannter Schnelligkeit unser Ferienhaus. Die Friesenfinca in Tetenbüll. Miri, Elfie und Chablis erwarten mich sehnsüchtig und bei einem heissen Friesen Tee taue ich auf. Ungläubig berichte ich ihnen von meiner Fata Morgana auf dem Deich, auf der Tour zum Westhever Leuchtturm

Der Schimmelreiter reitet weiter durch Sturm und Nebelnacht,
ein Irrlicht zwischen Tod und Teufel, der Deichgraf hält die Wacht,
Hauke Haien hält die Wacht, Hauke Haien hält die Wacht.

Der Kuckuck weckt meinen wohligen Schlaf. Chablis schaut vorbei, stupst mich mit seiner nassen Schnauze. Auf in den Tag, auf in ein Abenteuer im Katinger Watt. Chablis, ein Hütehundmix aus den Karpaten ist seit 8 Jahren unser bester Begleiter, ein Freund fürs Leben. Er hat es uns nicht leicht gemacht. Wir mussten viel lernen. Sich sein vertrauen erarbeiten. Jeden Tag aufs Neue. Aber er gibt uns so viel zurück.

Das Katinger Watt ist ein Naturparadies für unzählige Tiere und Pflanzen. Enstanden durch den Bau des Eider Sperrwerk. Und eine Bürgerinitiative hat gekämpft. Gekämpft für die Natur, gegen den Kommerz eines Tourismuskonzeptes mit mehr als 20. 000 Betten. Jetzt leben dort zeitweise 30. 000 Nonnengänse. Ist das nicht schön.

Wir sind schon tief im Katinger Watt, laufen auf ehemaligem Meeresboden und hören gebannt dem Zwitschern der Vögel. Erreichen einen Siel, legen uns beide auf die Lauer. Ein Eisvogelmann taucht vor uns gekonnt ins Wasser, eine Entenschar (Säbelschnäbler) mit ihren Küken verstecken sich im Schilf. Eine Bisam Ratte, ein Einwanderer aus Amerika, nähert sich bedrohlich, wird aber mutig und erfolgreich vertrieben. Es ist spannend. Mit vielen Eindrücken schlendern wir an der Minister Eiche vorbei und gelangen zu unserem Parkplatz. Miri und Elfie warten mit einem leckeren Frühstück auf uns. So kann der Tag beginnen.

Auf der Lauer

Es war unser Revier. Jeden Morgen stand Chablis mit der Leine schon parat. Wir wurden zu richtigen Vogelkundler. Gerne haben wir auch das Eider Sperrwerk besucht. Seid Jahren haben sich Küstenseeschwalben, Flussseeschwalben und Lachmöven an den Mauern ihre Nester gebaut. Es ist eine aufregende Zeit im Mai diese Kolonien bei der Aufzucht ihrer Küken zu beobachten. Lohnt sich, auch gut mit dem Auto zu erreichen. Einen guten Espresso und wer will ein Fischbrötchen gibt`s auch. Lecker. Gute Infos bekommt man nicht unweit im NABU Zentrum. Die jungen Praktikanten sind mit Freude und Eifer dabei. Erklären gerne die Tier und Pflanzenwelt im Naturpark Wattenmeer.

Auch die Natur vermag uns nichts zu geben, als was wir selber ihr entgegenbringen.

Mein Merida Reacto wartet ungeduldig auf eine gemeinsame Ausfahrt. Das Wetter wurde sonnig bis heiter. Es blies eine leichte Brise. Beste Bedingungen. Mein erstes Ziel sollte die Hamburger Hallig sein.

sonnig bis heiter

Mein Rennrad schnurrt wie ein Kätzchen. Leicht fahr ich die endlos weite Strassen der friesischen Küste entlang. Land so weit das Auge reicht. Schafe mit ihren neugeborenen Lämmern säumen meinen Weg. Über einen kleinen 4 km langen Damm erreiche ich die Hallig. Hungrig steige ich vom Rad. Gut das ich ein Tisch reserviert habe. Erik Brak ist ein wirklich guter Koch und hat aus seinem Restaurant Hallig Kog ein lohnendes Ziel gemacht. Ich gönne mir ein Glas Riesling aus dem Rheingau. Mit einer Husumer Krabbensuppe werden meine müden Geister wieder zum Leben erweckt. Ein Lamm über Wiesengras geräuchert verführt mir meine Sinne. Mit Miri und Elfie, die schnöde mit dem Auto mir nach gereist sind, stoße ich auf dieses kulinarische Highlight an.

Hamburger Hallig
Am grauen Strand, am grauen Meer und seitab liegt die Stadt; der Nebel drückt die Dächer schwer, und durch die Stille braust das Meer eintönig um die Stadt.

Ein wichtiger Grund warum wir unseren Urlaub auf Eiderstedt verbringen ist der Strand von St. Peter Ording. Wir wollen doch das Meer. Es ist oft nicht da. Ebbe und Flut im Rhythmus der Gezeiten. Die Deiche versperren den Blick. Und so ist es eine feine Sache mit dem Auto auf den Strandparkplatz zu fahren. Chablis ist immer ganz aufgeregt. Er kennt den Weg zum Hundestrand auswendig. Dort stürmt er auf Artgenossen, tobt, checkt ab und die Hundeseele ist glücklich. Der Strand ist weitläufig. Reiter, Wave Boarder, Muschelsucher und Sonnenanbeter: jeder hat seinen Raum. Die Pfahlbauten am Strand sind das berühmte Markenzeichen von St. Peter. In der Strandbar 54° Nord, bei einem vitalisierenden Cappuccino lasse ich meine Blicke und Gedanken über die Nordsee schweifen. Herrlich.

SPO

Bleibt gesund, bleibt mir treu. LG EUER COACH

Auf dem hohen Küstensande

Auf dem hohen Küstensande
Wandre ich im Sonnenstrahl;
Über die beglänzten Lande
Bald zum Meere, bald zum Strande
Irrt mein Auge tausendmal.

Aber die Gedanken tragen
Durch des Himmels ewig Blau
Weiter, als die Wellen schlagen,
Als der kühnsten Augen Wagen,
Mich zur heißgeliebten Frau.

Und an ihre Türe klink ich,
Und es rufr so süß: Herein!
Und in ihre Arme sink ich,
Und von ihren Lippen trink ich,
Und aufs neue ist sie mein.

Theodor Storm (1817 – 1888)

Der Stromberg

Gravel Tour

mit
Martin Donat
lifeCycle Magazin

&

Radbande im Stromberg

Grosse Freude bei der [Radbande im Stromberg]. Martin Donat vom lifeCYCLE Magazin kündigte an, ein Reisebericht über eine 3 tägige Gravel Tour im Stromberg zu schreiben. SUPER. Unsere Heimat, unsere Berge, unsere Wälder, einfach – unser Revier!

Der Begriff Gravel kommt aus den USA und bedeutet Schotter. Ein Gravelbike ist ein umgebautes Rennrad mit dicken Reifen und kleinen Übersetzungen. Über Stock und Stein, über Schotter, Waldwege bezwingt dieses Rad jede Steigung, jeden Singles Trail und hat keine Angst vor den gefährlichsten Abfahrten

Martin Donat hatte über komoot 3 Touren geplant. Er bat die Radbande ihm noch Tipps und neue unbekannte Routen mitzuteilen. Sein Weg führte von Mühlacker, nach Heilbronn. Nachhaltigkeit und Regionalität sind seine Werte. Auf das Auto verzichten, auf lange Flugreisen. Die Bahn maximal für an An – Abreisen, kleines Gepäck, das schwerste: seine Kamera, gut verstaut im Rucksack. So kam er gut gelaunt und PÜNKTLICH am Bahnhof in Mühlacker Freitag, den 7. Mai um 9:30 Uhr an. Marc und Thomas von der Radbande nahmen ihn herzlich in Empfang. Die Stromberg Tour konnte beginnen.

Das schwerste:seine Kamera 📸 gut verstaut im Rucksack

Eine Gravel Tour zu planen ist nicht einfach. Welcher Weg ist der richtige, welcher Weg ist keine Sackgasse. Klar über GPS wird man auf komoot gut geleitet, aber ein Regionaler Guide ist dann in einigen Abzweigungen oder tief im dunklen Wald Goldwert. In der Nacht hat es viel geregnet. Einige Regenwolken durchzogen noch die Region. Die Wettervorhersage sprach aber von einem sonnigen  heissen Sommerwochenende.

TAG 1:von Mühlacker nach Freudental🚴‍♂️

Mit Marc und Thomas hat er gleich zwei super Buddies an seiner Seite. Schnell verließ man Mühlacker Richtung Illingen, querte das Lienzinger Tal und fand Problemlos den Einstieg in den Stromberg. Im Rückblick die schönen Weinberge von Ensingen, dort liegt die Quelle des Mineralhaltingen Wassers, ENSINGER SPORT, ein wichtiges Naturschutzgebiet.

Der Trend aus den USA ist bei uns angekommen. Sportlich auf Rennrädern, aber abseits befahrene Straßen durch Wiesen und Wälder, an Weinbergen vorbei, kein noch so schlechter Weg ist ein Hinderniss. Höchstens eine Herausforderung. So meisterten die Drei gekonnt die Route. Über Hohenhaslach erreichten sie Martins erste Herberge in Freudental. Am Abend saßen sie noch bei einem guten Glas Hohenhaslacher Kirchberg🍷 gemütlich beisammen und sinierten über die schönsten Ausblicke auf ihrem Weg über Stock und Stein.

Am nächsten Morgen, nach einem erholsamen Schlaf freute sich Martin gemeinsam mit Geronimo Schmidt, sein Buddie von der Radbande, auf die 2. Tour von Freudental nach Sternenfels. Geronimo, ein ausgesprochen guter Kenner der kleinsten verwinkelten Wege im Stromberg und vielleicht ein noch besserer Fotograf für die schönsten Landschaftsaufnahmen. So, sind auf dieser Tour auch bemerkenswerte Fotos unser Heimat entstanden. Freut Euch.

Hoch auf den Baiselberg, die Höchste Erhebung des Strombergs, entlang an Wiesen, Seen und dem alten Rennweg entlang. Ein alter Höhenweg, der im Mittelalter eine grosse Bedeutung hatte. Im Mittelalter wurden Rennwege im Gegensatz zur offenen Straße meist abseits von Siedlungen, gerne auf Höhenzügen und durch Wälder als geheime Direktverbindungen für kleinere Reitertruppen und Boten angelegt.

Nach vielen Fotostopps und intensiven Eindrücken erreichten sie das Weingut Häussermann in Diefenbach. Martin’s letzte Unterkunft auf seinem Weg im Stromberg. Mit einem guten Hauseigenen Glas Lemberger 🍷genoss er seinen verdienten Feierabend und freute sich auf seine letzte Tour durch die Region Stromberg Zabergäu, das Land der 1000 Hügel.

Früh weckte ihn die Sonne, bestes Morgenlicht  für die schönsten Landschaftbilder. Also, ab aufs Rad, gleich das Statif auspackend und die aufgehenden Morgensonne über den Weinbergen von Sternenfels einfangen. Das war seine Motivation.

Ich traf mich schon früh mit Marc und fuhren ihm entgegen. Auf Höhe Eppingen trafen wir aufeinander und konnte so über die Waldwege an Ottilienberg vorbei einen kleinen Stopp an der Ehmetsklinge (kleiner Stausee) einbauen. Unser Ziel war der Zweifelsberg. Dort betreibt die WG Stromberg Zabergäu ganzjährig einen Ausschank. Von dort hat man hat einen fantastischen Ausblick auf das Zabergäu. Eine nette Geste vom Vorstand  Jürgen Conz, der persönlich uns begrüßte und uns einen Einblick in die guten Weine unserer Region gewährte. So, ist das Graveln auf den Wegen des Strombergs nicht nur eine sportliche Herausforderung… 😜 Sondern eine bemerkenswerte geschmackliche Freude 🍷

Immer ein Buddie an seiner Seite 💪

Wir verabschieden uns am Zweifelsberg, die letzten Meter Richtung Heilbronn waren wohl nicht mehr spektakulär, aber zufrieden mit vielen Eindrücken verließ Martin per ICE unsere schöne Region Stromberg -Kraichgau, Land der 1000 Hügel in Richtung Sauerland. Wir sind schon auf sein nächste Ausgabe des lifeCYCLE Magazin gespannt. Werden unsere Erinnerungen die gleichen sein? Hat er Einblicke, sowie Ausblicke entdeckt die wir noch nicht kennen?

Bleibt mir treu, bleibt gesund. EUER COACH

Nachspann

Ride as much or as little, or as long, or as short as you feel. But ride

Eddy Merckx

3 Tage im Stromberg

Das Neckartal

oder
mehr als
Trollinger mit Lemberger

Im Sinne des Belgischen Kreisels fahr ich mit der [Radbande im Stromberg] mit Tempo an der Neckarschleife entlang. Wir passieren Mundelsheim, Hessigheim und steuern auf Besigheim zu. Mit großem Kettenblatt trete ich hinter dem halten Haudegen Charlie. Der Windschatten schützt mich. Mit einer kleinen Ellbogenbewegung signalisiert er mir das ich in wenigen Sekunden  im Wind fahren muss. Er schärt aus, der Wind blässt mir voll ins Gesicht. Mit  aller Kraft versuch ich das Tempo für die nächsten 200 Meter zu halten. Meine Oberschenkel brennen. Ich fahr ins Laktat. Beisse Coach, Beisse. Ich zucke mit meinem rechten Ellbogen, steure mit einer kleinen Bewegung meine Maschine nach links und  lasse mich  fallen. Benni, Thomas, Marc, Felix und Jannik rauschen an mir vorbei. Jetzt, den Anschluss nicht verlieren. In den Wiegetritt suche ich verzweifelt das Hinterrad vom Charlie, dem alten Haudegen zu erhaschen. Ja, geschafft, ich mach mich klein auf meinem Merida Reacto und nutze die Erholung wieder im Qualitätswindschatten. Meine Beine lockern. Ich schnaufe durch. Ich schaue links, der liebliche Neckar, ich schaue rechts, die Terrassenlagen vom Wurmberg. Ich denke an Wein, an Trollinger, an den Lemberger und meine erste Begegnung mit dieser alten Kulturlandschaft vor über 15 Jahren.

Beissen Coach, Beissen

Ich war ein fränkischer stolzer Winzer. Und den Württemberger Wein kannte ich nur abfällig unter der ausdruckslosen Rebsorte Trollinger. Eine Rotweinsorte, nicht Fisch nicht Fleisch. Eher ein Rosé als Rot. Viertel Schlozzer nannte man die Konsumenten. Ein Mischung mit der bessern Rebsorte Lemberger wurde daraus ein TL. Ein Trollinger mit Lemberger. In der  Geschmacksrichtung Halbtrocken –  zum abgewöhnen.

Meine neue Freundin Miriam, eine Schwäbin aus Kleinsachsenheim, die Partnerstadt von Valréas, zeigte mir stolz ihre Region. Und ich war beeindruckt. Hier oben in den Felsengärten klettere ich und drunten wächst ein vorzüglicher Wein, referierte sie. Sie hatte meine Hochachtung und Interesse geweckt.

Oben Klettern, unten wächst ein guter Wein 🍷

Ferinand Piech stellte mich wenige Tage später für seine Weinabteilung bei Feinkost Böhm ein. Beim Vorstellungsgespräch unterhielten wir uns über die grossen Weine des Bordeaux. Über Mouton Rothschild, wir sprachen über die besten Jahrgänge und ihre Reife Verläufe. Ich schwärmte von den Weinen des Burgunds, der Corton Weinberg, oder Vosne -Romanée. Er berichtete von seinem Lieblingswein La Scolca aus dem Piemont.

Über die Württemberger Weine fiel kein einziges Wort.

Feinkost Böhm

Meine neuen Kollegen merkten schnell, der hat Ahnung, hat die Welt gesehen, aber über die Württemberger Weine hat er  keinen blassen Schimmer. Mein Kollege Rüdiger Leischner und guter Freund gab mir einen Crash Kurs. Jedes Wochenende besuchte ich ein anderes Weingut. Ich lernte Gerd Aldinger kennen, ein Pionier, besuchte das Familienweingut Wöhrwag und wanderte am Rotenberg entlang. Schaute mal beim Dautel rein. Kennst Du Dautel nicht! (lieber Max 😜) Der Trollinger konnte mich immer noch nicht begeistern, aber ein Riesling vom Fellbacher Lämmler oder ein Spätburgunder vom jungen wilden Schnaitmann. Ein Merlot vom Untertürkheimer Mönchberg stand meinen Lieblingsbordeaux im nichts nach. Die gleiche Kraft, die gleiche feine fruchtbetonte Nase und die gute Struktur am Gaumen. Geprägt vom guten Barrique der besten Tonnellerie Frankreichs. Ich war geflasht. Stück für Stück bekam ich ein Gefühl für diese einzigartige Kulturlandschaft, für die Weine, für die Weinmacher.

Zwischen Besigheim und Gemmrigheim liegt ein Segment für den Segmentcup der [Radbande im Stromberg] 2021. Ich rufe den Jungs zu: Jetzt hole ich die Bestzeit! Ich starte mit meiner größten Übersetzung. 2,2 km allein gegen die Uhr. Im Sinne eines Zeitfahrer, eines Stundenweltrekordler, wie einst Eddy Merckx 1972, sitze ich auf meinem Merida Reacto und stürme  dem Ziel entgegen. 🏁

Thomas hat mal ne Zeit vorgelegt💪

Geschafft, aber doch nicht die beste Zeit, wie konnte das sein? Thomas kommt an mich herangefahren. Coach, du musst wieder kommen wenn der Wind günstig bläst. Bei meiner Bestzeit blies der Wind mit 80 km/h in Böen von hinten. So bekommt man die Bestzeit, zwinkerte er mir zu!

Ich verabschiede mich von der [Radbande im Stromberg] . Fasele etwas von „nicht guten Beinen“. Gemütlich fahr ich den Neckar entlang, abseits der Strasse benutze ich den Radweg. Über eine kleine Brücke quere ich den Neckar bei Hessigheim. An der Ecke sehe ich die grosse Winzergenossenschaft. Die Felsengarten Kellerei. Ein Terra Merlot hatte ich mal vor kurzer Zeit im Glas, sinniere ich. War gut, erstaunlich gut.  Oder ein Wein von der Serie „Schwarzer Rappe“ . Die können was. Mein Name wird gerufen, Ich schaue auf.

Es ist der Siggi, vom gleichnamigen Weingut. Komm rein, ruft er mir zu. Wir verkosten gerade die neuen Jahrgänge. Das lass ich mir nicht zweimal sagen. Er hat an der Ecke neu gebaut. Eine schöne Vinothek mit einem  grossen Findling als gedachte Theke in der Raummitte. Ich trete ein. Ich sehe die anderen Top Winzer aus Hessigheim am Findling stehen. Sie begrüssen mich herzlich. Fabian Lassak, bester Jungwinzer, Alexander Eissele vom gleichnamigen Bio Weingut Eisele von Schräg gegenüber, Fabian Alber mit der Boutique Winery ex Nicrum und dazugehöredem kleinem Garni Hotel aus der Ortsmitte. Es ist die neue Generation. Der Wein – Hot Spot Hessigheim ist versammelt.

Hot Spot Hessigheim

Sind gerade bei den Weissen, sagen sie. Schenken mir Blind ein. Könnte ein Riesling vom Muschelkalk sein. Diese kühle Frucht, trocken rassig, saftig, ein bisschen verspielt am Gaumen. Einfach lecker, sage ich. Freudiges, wohlwollendes Nicken in der Runde. Es folgt ein Sauvignon Blanc, ein Weissburgunder, im Holz ausgebaut. Wir wechseln jetzt die Farbe. Es kommen die Roten. Auch hier Blind, man will unbefangen, ohne Vorurteile an die Geheimnisse der Weine gelangen, Ehrlichkeit, Nachhaltigkeit sind die Schlagwörter. Jetzt hab ich ein Burgunder im Glas, rufe ich raus. Alle schmunzeln. Ein Trollinger aus der den Terrassen im Doppelstück ausgebaut, flüstert der Siggi. Ich glaub´s nicht, ich mag Trollinger!; ruf ich ungläubig. Ein grosses Gelächter in der Winzerrunde.

Anschließend probieren wir Lemberger, Cabernet Sauvignon und Sangiovese. Anregend wird gestritten, diskutiert, fachgesimpelt. Den richtigen Weg finden. Für die Zukunft des Weinbaus in den Terrassenlagen. Im Neckartal. Hier und Heute wird ein Weg aufgezeigt. Denke ich mir. Ich bin begeistert.

Mein Merida Reacto wartet. Ich verabschiede mich. Zolle jedem Winzer mein Respekt und Anerkennung. Hole mein Licht raus für Notfälle. Radle in die sternklare Nacht. Am Horizont sehe ich den Wurmberg mit seinen berühmten Terrassenweinbergen verschwimmen. Tief atme ich die kühle, klare Neckar Luft ein. In meiner Rückentasche ein Flasche Riesling vom Muschelkalk. Gehts mir nicht gut!

Bleibt Gesund, bleibt mir treu. LG. Euer Coach.

Nachspann

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