Straßburg
Es ist kalt, nasskalt im November. Mit meinem Merida Reacto bin ich mutterseelenallein auf der Passerelle des deux rives unterwegs. Unter mir der deutsch französische Grenzfluss Rhein, vor mir im Abendrot die Vogesen und schon in Sichtweite der Straßburger Münster. Ich gehe in den Wiegetritt. Ich erinnere mich. Schon einmal, vor dreißig Jahren, fuhr ich mit meinem Bianchi aus Stahl nach Straßburg. Unter dem Titel „Radeln für Europa“ mit meiner Schulklasse aus Aschaffenburg. Damals existierte diese Brücke nicht. Europa wächst zusammen.
Ah, linker Hand sehe ich meine Jugendherberge von damals, Auberge de Jeunesse Strasbourg 2 Rives. Welch eine schöne Erinnerung. 20 junge Männer auf den Drahtesseln nach Strassburg. Waren wir glücklich nach 150 km auf zwei Etappen unsere Jugendherberge erreicht zu haben. Das Bier lief in strömen. Zaghafte anbahnungsversuche mit den hübschen Mädels aus Lyon ohne Sprachkenntnisse nur mit Händen und Füssen wurde von Erfolg gekrönt. War ich stolz und glücklich. Und damit reifte die Überzeugung: wir müssen den Mut haben Grenzen zu überwinden!
Europa wird sein früheres Ansehen nur wiedererlangen, wenn es wieder zu einem Maßstab für Gewissen, Lebenseinstellung und Recht wird.
Louise Weiss
Drei Tage von Straßburg, drei Tage im Herzen Europas, drei Tage mit Mama Christa, Hubert, gebürtig aus dem Jura, mit Kräuterfee Miri und natürlich darf unser Hütehundmix Chablis aus den Karpaten nicht fehlen. Drei Tage voller spannender Einblicke in die Region Elsass Lothringen. Im Schatten vom Straßburger Münster überquere ich die kleinen Kanäle der Ill passieren das Quartier Petit France und biege scharf in die Rue de Glacières ein, unser Hotel Les Hara für drei Nächte. Ich werde erwartet. Küsschen links, Küsschen rechts.
Freude, schöner Götterfunken,
Tochter aus Elisium,
Wir betreten feuertrunken,
Himmlische, dein Heiligthum.
Deine Zauber binden wieder,
Was die Mode streng getheilt,
Alle Menschen werden Brüder,
Wo dein sanfter Flügel weilt.
Das Hotel fein, von Ludwig XV. als Nationalgestüt erbaut und 1922 unter Denkmalschutz gestellt. Die königlichen Stallungen standen jahrelang leer und drohten zu verfallen, bis der Chirurg Jacques Marescaux die Initiative ergriff und sie sanierte. Ich spring in den hauseigenen Pool, mach mich frisch. Bereit für die gute elsässische Küche. Das Finkstuebel erwartet uns. Urig, gemütlich und köstlich. Wir treten ein in die warme Stube, ein kleiner Tisch in der Nische, bunte Tischdecke, eingedeckt mit Messer, Gabel, rote Servietten, Römer Weingläser aus den 70er, eine Zeitreise. Hubert im Jura geboren, kennt sich aus. La choucroute garnie ruft er heraus ou Tourte briochée au foie gras de canard, est délicieuse. Bibeleskaes et ses herbes, bon plat végétarien, ihr seid heute meine Gäste, in meiner Heimat. Ich schau schon Mal in die Weinkarte hinein. Ein Wein aus dem Cave Historique des Hospices de Strasbourg, ein Kaefferkopf Alsace Grand Cru vom Weingut Kuehn könnte ich mir gut vorstellen, sage ich in die Runde. Wir sind in einer Winstub, nicht in einem Gourmet Tempel, schüttelt Mama Christa den Kopf. Hier gibt es einfache, ehrliche Weine. Recht hat sie. So viel die Wahl auf einen Riesling aus „Alten Reben“vom Weingut Ruhlmann-Dirringer. Sehr zu empfehlen 😋
La passion des vins et l’amour des vignes
Domaine Ruhlmann-Dirringer, Dambach la Ville
Der nächste Morgen. Der Nebel wabert die Ill entlang. Ein Fluss, entsprungen im Jura, auf den Weg in den Rhein. Mit der Leine in der Hand trotte ich im Morgengrauen durch die Altstadt. Gerüche der vergangenen Nacht, Chablis erobert Straßburg, erobert sein Revier. Quartier Petit France gehört jetzt ihm! Die Ausflugsboote vertäut, schunkeln im Wind. Überqueren den Kanal, Müde Kirchgänger queren unseren Weg. Die Cathédrale Notre Dame taucht in der Morgendämmerung auf. Imposant. Aus Vogesensandstein. Bis in die Neuzeit das größte Bauwerk der Erde.
prodige du gigantesque et du délicat »
Victor Hugo
Auf dem Rückweg treffen wir auf die Bronze Statue von Albert Schweitzer, Friedensnobelpreisträger, der verträumt, mit übereinander geschlagenen Beinen auf einer Bank weilt. Ein Satz in 13 Sprachen steht dort geschrieben: „Ehrfurcht vor dem Leben“
Zurück im Hotel, ein Grand Café, ein Croissant mit ordentlich Butter. Das Frühstücksbuffet lässt keine Wünsche offen. Später eine Sightseeing Tour auf der Ill ,schlage ich vor. „Oh ja“, sagt Mama Christa, „Straßburg per Boot erobern, das macht Laune, das wird lustig“ und wirft ihren Krückstock in die Ecke.
Das Gefühl ist unbeschreiblich. Du gehst an Bord eines sanft schaukelnden Ausflugsschiffes und schon öffnet sich dein Herz. Du sitzt einfach gemütlich da, atmest tief durch und lässt dich ab jetzt über’s Wasser schippern. Du guckst links und rechts, trinkst deinen Kaffee, und die historischen Altstadtfassaden, Kirchtürme, Brücken und Boote ziehen langsam und freundlich wie alte Bekannte an dir vorüber. Straßburg geht dir direkt unter die Haut.
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Ihre Besichtigung beginnt an der nur 150 m vom Straßbürger Münster entfernt gelegenen Anlegestelle zwischen Rohan-Palast und Alter Fleischerei, in der heute das Historische Stadtmuseum untergebracht ist. Kaum dass die Leinen los sind, erkunden Sie bereits das Alte Zollhaus und das vor den Toren der Petite France gelegene Stadtviertel Finkwiller. Die erste Schleuse führt Sie in das Herz dieses Fachwerkviertels, das noch jeden restlos verzauberte. Ein Stück weiter warten die Gedeckten Brücken und der Vauban-Damm auf Sie, allesamt Überreste der unter Ludwig XIV. errichteten Befestigungsanlagen der Stadt. Bevor Sie die zweite Schleuse überqueren, führt Sie Ihr Weg entlang der Mauern der Commanderie Saint-Jean, deren renovierte Gemäuer seit 1991 die Ecole Nationale d’Administration (ENA, Nationale Hochschule für Verwaltung) beherbergen.
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Der Nachmittag, ein Spaziergang im angrenzenden Park, die Blätter fallen leicht im Wind. Der Himmel grau über Straßburg. Novemberfeeling. Ein Bad im Hamam verspricht die müden kalten Glieder aufzuwärmen.Ein Besuch im Spa zeigt seine wohltuende Wirkung🧖🏻
Am Abend ein Besuch wieder in einer Winstub.Diesmal sind wir im Tire Bouchon zu Gast. Im Schatten von der Kathedrale Notre Dame gelegen. Sieben Schläge erklingen. Die Messe ist zu Ende, der Organist spielt die letzten Akkorde.Wir treten ein. Der Weihrauch in der Luft, diffuses Kerzenlicht erfüllt den Raum. Gottesfürchtig.
Der nächste Tag stand im Zeichen der Elsässer Weinstraße. Mein Merida Reacto auf 8 bar aufgepumpt, Proviant in der Rückentasche,Wasser in den Trinkflaschen. Je suis prêt. Strassburg wird zu Fahrradstadt, breite Fahrrad Straßen, mit schneller Ampel Führung geht mein Weg am Canal de la Bruche entlang. Ich passiere Obernai steuere auf Barr zu. In Heiligenstein lege ich einen Sprint ein wie damals 2019 bei der 5. Etappe der Tour de France. In Barr lege ich einen Stopp ein und lasse mir die guten Weine von Domaine Klipfel schmecken. Besonders der Crémant Rosé weckt meine müden Geister (Beine). Ein Clos Zisser aus dem Kirchenstück von Barr ist Doping für die Sinne. Weiter geht’s immer weiter. Mein nächster Ort Dambach la Ville, die Riesling Hochburg. Für eine Kostprobe bleibt keine Zeit. Ich trete in die Pedale, schnell, die Hügel hoch und runter, erstürmen ich die Haut-Königsbourg und hole mir die ersten Bergpunkte. Nach einem Schluck aus der Trinkflasche und einem Powergel, rase ich die Serpentinen der Vogesen wieder runter, passiere Ribeauville und Riquewihr. Nehme noch Kaysersberg in Angriff, dem Geburtsort von Albert Schweitzer und nach wenigen Kilometern habe ich Ammerschwihr erreicht. Mein Ziel an diesem Tag. Dort, im Weingut Kuehn erwartet mich Mama Christa, Hubert aus dem Jura, Miri die Kräuterfee und Chablis der Hütehundmix aus den Karpaten. Wir steigen tief in die Gewölbekeller, die schon im zweiten Weltkrieg Schutz boten. So geht ein ungewöhnlicher Rennradtag im Elsass am Feiertag 11. November feucht fröhlich zu Ende. (Waffenstillstand in Compiègne zwischen dem siegreichen Frankreich und dem Deutschen Reich auf einer Waldlichtung bei Rethondes.1.Weltkrieg )
Das Elsass ist so nah und uns doch so fern. Straßburg besitzt eine spannende 2000 jährige Geschichte. Sie ist zu Recht Europa’s Hauptstadt. Davon konnten wir uns überzeugen. In der Brasserie „Les Haras“ lassen wir die Tage, die Intensiven Stunden Revue passieren. Noch einmal bekommen wir die deutsch französische Freundschaft zu spüren. Speisekarten in Deutsch oder Französisch werden ausgelegt. Die Speisekarte strotzt vor internationalen Kreationen, aber auch von einer feine „Haut Cuisine“ Handschrift. Die Weinkarte geprägt vom Stolz der Elsässischen Grand Cru Weine. Und ja, zu Recht.Santé 🥂
Bleibt gesund, bleibt mir treu.
Der Coach (Basti)