Söhne Mannheims

Söhne Mannheims
oder auf den Spuren der Brüder Willi & Rudi Altig

Foto Mara Sprenger

Der Winter ist zurück. Es ist der Tag des Schneemann’s. Ein Tag zum Rodeln, zum Skifahren, ein Tag für eine Schneeballschlacht. Kein Tag zum Radfahren. Nein, wirklich nicht, man bleibt daheim in seinen Vier Wänden sonst gibt’s Stürze, blaue Flecken und Knochenbrüche.

Finale Mannheim

Ich stehe auf der Starterliste zum Cyclocross Rennen in Mannheim. Es gibt kein zurück. Auf den heldenhaften Spuren der Brüder Willi und Rudi Altig findet das Rennen im Stadion an der Rennbahn in Mannheim statt. (Willi & Rudi Altig Stadion) Ich verstaue mein Rad, (Specialized S- works) Chablis springt freudig in den Kofferraum, Miri schnappt sich ihre Kamera, nimmt auf dem Beifahrersitz Platz und dreht das Radio lauter. Und, was soll ich euch sagen: aus den Boxen schallte der Song, „Der Weg“ von Xavier Naidoo! Ich hab Bauchschmerzen. Mein erstes Cyclocross Rennen.

dieser Weg wird kein leichter sein

Cyclocross ist eine eigene Disziplin, noch nicht olympisch, (vielleicht bei den nächsten olympische Winterspielen?) aber sehr populär in Belgien und Holland. Dort pilgern Tausende Zuschauer jedes Wochenende im Winter zu den Rennen und bejubeln ihre Idole Wout van Aert, Tom Pidcock oder Mathieu van der Poel. Ein Großes Volksfest. Radsport zum Anfassen. Auf einem Rundkurs von 2,5 km auf welligen Terrain sind verschiedene Hindernisse eingebaut. Kleine Treppenstufen, Sandpassagen, enge 180 Grad Kurven , gefährliche Abfahrten und je nach Wetterlage, matschige, rutschige und vereiste Streckenabschnitte. In denen nur eine Chance besteht, sein Rad zu Schultern und zu laufen, zu rennen. 30 Minuten geht mein Rennen, von Anfang an Vollgas, volle Konzentration, wie bei der Formel 1, der Start entscheidet über Sieg oder Niederlage.

Wir erreichen Mannheim, wir werden erwartet. Charlie, Michel und Thomas von den Stuttgardia’s begrüßten uns herzlich,“na willst heut‘ Dreck fressen“, waren ihre ersten Begrüßungsworte! Unsicheres Schmunzeln….verbirgt meine Aufregung. Dieser Weg wird kein leichter sein. Tapfer sein.

Die Südkurve der Mannheimer Radrennbahn am 4. März 2017, fünfzig Jahre nachdem die Anlage erstellt wurde.

Die Stadt Mannheim, der Verein RRC Endspurt 1924 e.V., und dieses Stadion haben Radsportgeschichte geschrieben. 2 Brüder, Willi und Rudi Altig, waren grosse Radsportler Deutschlands, gingen gemeinsam durch Dick und Dünn. Mehrmalige Weltmeister auf der Bahn, Gewinner des 6 Tage Rennen, Träger des gelben Trikots der Tour de France, Etappen Sieger beim Giro, bei der Vuelta, Sieger der Klassiker Mailand San Remo, Rund um den Henninger Turm und grosser Triumph bei der Flandern Rundfahrt. Was ein Raymond Poulidor, ein Jacques Anquetil für Frankreich, ein Eddy Merckx für Belgien, ein Fausto Coppi für Italien den Menschen bedeutet, das sind die Brüder Altig für Deutschland. Sie sind Helden!

Willi & Rudi Altig

In Ruhe baue ich mein Rennrad zusammen, nochmal die Kette geölt, den Luftdruck der Reifen geprüft. Michel nimmt mich an die Hand, besorgt mir meine Startnummer, heftet die Startnummer ans Radbande Trikot. Zeigt mir wie ich mich warmfahren muss und hat noch wichtige Tipps zum Streckenverlauf. Charlie überprüft meine Bremsen. Nur die Hinterradbremse betätigen, sonst fliegst du auf die Fresse! Ich nicke, bin im Tunnel. Je sui prêt!

Je sui prêt🏁

Ich rolle zum Start. Die Startplätze sind vergeben. Mein Name mit der Startnummer 3 wird als Vorletzter aufgerufen. Danach kommt das Starterfeld der Frauen. Pech gehabt, keine Chance auf den Sieg. Vor mir 30 Rennfahrer die den Weg versperren.

Startplatz ☃️

4,3,2,1 Go….brüllt es aus den Lautsprechern, links und rechts treten alle voll in die Pedale, ein rempler hier, ein rempler dort, es geht gleich richtig zur Sache. Nach der ersten Runde im Stadion führt die Strecke auf dem schmalen gesteckten Parcours raus über eine Unterführung mit anschließendem Berg-Sprint. Auf der Hälfte springe ich vom Rad, werf das Rad auf die Schulter und sprinte die vereiste Strecke unter den Rufen und Klatschen der vielen Zuschauern hoch. Danach kommt die gefürchtete Sandpassage. Vor mir legt sich einer gekonnt auf die Fresse, ich kann gerade so durch den tiefen Schnee ausweichen Ich muss jetzt tief gehen, meine Muskulatur übersäuert. Locker bleiben, jetzt die gefährliche Abfahrt, wieder rein ins Stadion. Die Konzentration hoch. Nur keine Angst zeigen. Mit Tempo über zwei Hindernisse. Hüpfend. Miri ,Charlie Michel feuern mich mit einer La Ola Welle an. Ich hab Spass,wir haben Spass!

Applaus von den Rängen im Willi & Rudi Altig Stadion. Ausgepauert, aber glücklich mit einem Lächeln im Gesicht überquere ich die Ziellinie. Ein gutes Rennen, ein Kult Rennen, ein Rennen auf den Spuren von Willi und Rudi Altig. Danke an meine Betreuer Charlie Albrecht, Michel Langjahr und Thomas Fischer. Sie haben mir die Unterstützung und Sicherheit gegeben, die ich brauchte um den schweren Parcours mit Bravour zu meistern. Danke.

Bleibt gesund, bleibt mir treu.

Euer Coach (Basti)

die zweite Luft von Charlie Albrecht 💪☃️🏁

Siegerehrung 🏆

Ist gar nicht so schlimm, wie es aussieht……. , es ist wesentlich schlimmer😉. Das Rennen dauert normalerweise 40 Minuten, aber es wurden nur 30 Minuten ausgetragen. Egal, ob Du alles sauber durchfahren kannst oder eben 80% wegen dem Schnee schieben oder mit den geschulterten Rad rennen musst. Wir haben sage und schreibe unter Vollgas in knapp 30 Minuten nur 5,15 km geschafft. Das hat dann auch den Vorteil das man beim Rennen 🏃‍♂️ statt 🚴‍♀️ nicht stürzt 😀 Thomas 2🥈, ich 11 (Charlie) und Michel 17 🚴🏆🏁

Thomas, Michel, Charlie (die Stuttgardia’s)
geboren 67 im Landsknechtweg

alte Haudegen 🚴 by @ludwigdieerste 📷FOTOS VON NINA LUDWIG PHOTOGRAPHY

La Ola🚴🥰

There is a Chapel in Kansas

Eine Stadtführung auf leisen Hundepfoten

Alter? 73

Fühl mich schlapp, Halzschmerzen, die Nase läuft. Die Luft ist dünn. Eine schöne Erkältung hab ich mir da eingefangen. Nach 3 Jahren Mal wieder eine Auszeit. Höre mir eine neue Schallplatte von Bruce Springsteen an, gerade läuft „Nightshift“. Chablis stupst mich an, steht mit der Leine am Sofa. Und nun? Bleiben wir hier, gehen wir raus? Was machen wir? Am liebsten hätte ich ihm die Tür geöffnet, wie damals mit meinem Hund Cassaro (ein sehr schöner Irish Setter) den ich in meinem Dorf frei laufen lassen konnte. (Frei laufen ließ😉) Cassaro machte sich selber auf Tour, bis erboste Dorfbewohner anriefen: Ich soll meinen Scheiss Hund aus ihrem Vorgarten XY abholen. Unsere Rassehündin ist läufig, brüllten sie ins Telefon! Es waren andere Zeiten…..OK, denk ich mir, dann werde ich ihn Mal begleiten, Mal sehen wo er hin will. Er hat freie Hand. Versprochen. Eine Stadtführung der besonderen Art. Seine Stadt, sein Revier!

Hol dein Scheiss Hund ab, unserer geliebter Cassaro

In dieser Stadttour werde ich für Euch auch immer Mal wieder mein Jahr 2022 Revue 🎉 passieren lassen. Ein Blick in die Zukunft, aber für mich eine wunderbare Reise in die Vergangenheit. Mit vielen emotionalen Höhen, mit viel Lachen, Umarmungen aber auch zahlreichen Tränen. Angefangen mit der Geschichte: Stand by me

Der erste markante Stein ist an der Ecke der Hillerschule. Dort lässt er sich immer viel Zeit, versucht die Spuren zu lesen und zu guter letzt wird das Revier neu markiert. Er zieht mich weiter zu den GRAUEN PFERDEN, eine Skulptur vom Künstler Jürgen Goertz. Frührer im Mittelalter stand dort eines der Stadttore. Heute mit dem Visconti Haus, (Antonia Visconti war eine reiche Mailänder Gräfin, die im Mittelalter viel für die Stadt leistete), dem Hillerplatz ein gelungener Blickfang für die zahlreichen Touristen. Ein kurzer Blick in den Innenhof des Schlosses, kein Interesse, eher die Skulptur „Pavian“ erschaffen von Fritz Melis erregt seine Aufmerksamkeit. Wir schlendern, er schnüffelt weiter, die Fußgängerzone in Richtung Rathaus. Wir passieren das Hornmoldhaus, er läuft gezielt auf den Marktplatz, ich weiss schon, vielleicht findet er noch einen Brocken Döner mit Soße oder einen Pizzakarton. Könnte ja noch eine Pizza versteckt sein. Er ist ein Meister darin. Zu seinem Geburtstag versteck ich auch immer einen kleinen Döner. Diese Freude und stolz kann man in Hunden Worte nicht beschreiben. Ich setze mich auf einer der Bänke unter den Platanen, den Blick in Richtung Rathaus aus dem 16. Jahrhundert. Ja, der Wein und die günstige Lage an Enz und Metter hat die Stadt reich gemacht.

Alles im Blick

Im März stand mein erstes grosses Rennen wieder an. Die „La Corima“, 144 km durch die schönen Hügel der Drôme Provencal. La Saison commence ici.🏁 In Deutschland war man noch sehr strikt der Corona Massnahmen, aber in Länder wie Spanien und Frankreich vielen die Schranken! So stand dem Race in Montélimar/Provence nichts mehr im Wege. Hier die kleine Geschichte dazu: Ich bin wieder hier.

Nach dieser kleinen erholsamen Pause zieht mich Chablis weiter in die Stadt. Oh, er biegt ins Hexenwegle ein. Was er dort nur will? Eigentlich laufen wir auf der alten Stadtmauer entlang. Sie schütze nicht nur vor Räubern und Gesindel auch vor dem Wasser der Metter. Erreichen den Japangarten. Erwin Belz ein Bietigheimer Arzt wurde in Japan zur Legende. Er brachte die westliche Schulmedizin nach Japan, eine noch heute verehrte Persönlichkeit. Der Park ist klein, so für Chablis nicht wirklich von Bedeutung, aber 50 Meter weiter kommt der Overland Park (genannt nach der Partnerstadt aus Kansas,USA) und in Sichtweite die Enz mit alter Enz Brücke und dem kleinen Wasserkraftwerk. Hier ist immer was los, im Sommer Tummelplatz ausgelassener Partys junger Schüler. Auch deshalb so interessant für unsere Dönerspürnase…

Die Enz

Der Frühling kehrte jetzt auch nach Deutschland und mit meinen Jungs von der Radbande nahm ich am Lichtenstern Rennen teil. Klar, ne Geschichte durfte nicht fehlen! Mein 50. Geburtstag auch nicht mehr weit. Ein schönes Familien und Freunde Fest unter der alten Linde beim Maddin. Danke. Meine Geburtstags Rede hier und jetzt zum Nachlesen:

Liebe Familie, liebe Freunde, schön ist es hier zu sein. Hier in meiner alten Heimat,in Rottenberg oder auch Rollermisch gerufen, unter der alten Linde im Biergarten beim Maddin. Wer hätte gedacht das mein 50. uns so wieder zusammen kommen lässt. Danke das ihr den weiten oder auch nahen Weg auf Euch genommen habt. Heute bin Ich nicht der Capitano,  lieber Charlie, ich bin nicht der Coach lieber Dari, ich bin nicht der Herr Holler, lieber Matthias! Hier  bin ich der Basti und das tut gut. Hier bin ungeschminkt, muss nicht flunkern, ich muss mich nicht besser machen als ich bin. Viele Freunde sind heute hier, darüber bin ich sehr glücklich. Besonders begrüßen möchte ich Felicitas, geboren am 4. April 2022. PUNKTLANDUNG. Alles richtig gemacht liebe Anne, lieber Max. Geboren in Afrika unter einem guten Stern. Dann mit 6 jahre sah ich Rottenberg und den ersten Schnee. Super. Mit diesem Dorf verbinde ich viel. Ich bin ein Träumer,ein Hans Guck in die Luft, wie man so schön sagt. Ausser auf dem Sportplatz, lieber Trainer Herbert. Das kannst du hoffentlich bestätigen. Ich vermisse Freunde, ich vermisse heute Familie. Aber sie sind da. Das fühle ich. Ich sehe meinen Vater in grosser Form, mit seinem Schlapphut, ja nur den Tatar mit Ei konnte mann bei der Maria bestellen, schwelgt er in höchsten Tönen, mein Schwiegervater Herbie sehe ich mit den Jungs Samu, Levi und Lyam sitzen und eine Vogelbeere einschenken, vielleicht wäre  mein Schulfreund Olli vorbeigekommen und drüben sehe ich Emilia mit  Kindern  spielen. Jeder hat seine Lebenszeit, seine Lebenenergie. Zeit ist manchmal so bedeutungslos. 5 Minuten können intersiver sein als 10 Jahre. Wir sind verbunden und das auch über den Tod hinaus. Alles passiert nicht zufällig. Jeder kann sich an eine besonderen Moment mit mir Erinnern, manchmal lustig, witzig, manchmal langweilig spannend, manchmal aber auch traurig. Der ein oder andere hat mich auch mal auf den Topf gesetzt wie es gerne mein Bruder Max formuliert. Und das war gut so! 5 Jahrzehnte, 70er mit meinem Rad aus dem Müll, die ersten Gehversuche am Boppengraben, die 80er unbeschwert, nur Fussball im Kopf. Nur Fussball im Kopf. Die 90er, Generation Golf, drüben in der Georg Blass Strasse habe ich die Laterne mit meinem Golf mitgenommen. Das Millenum mit Freunden auf Sylt , mit den Buwe, war das eine Sausse! Die 00 er Jahre auf der Suche nach dem Sinn des Lebens. Dann am Nikolaustag 2007 auf der Weihnachtsfeier des TSV Kleinsachsenheim bin ich wieder auf die Erde gelandet. Die Worte meines Schwiegervater Herbie noch im Ohr: ich erschiesse dich, solltest du jemals meine Tochter nicht gut behandeln! Wie könnte ich, meine grosse Liebe Miriam Holler, geb Wöll. Die 10er jahre, ich spreche auf einmal schwäbisch und baue ein Haus,hab einen Ring am Finger, auf einmal werde ich Coach gerufen, was für eine Wandlung, nur der Windschatten der Strombergbuben kann mich retten. Heute schwelge ich von der Vergangenheit, lasst uns erinnern Anekdoten erzählen zusammen lachen, zusammen tanzen, zusammen weinen, ein hoch auf unser gemeinsames Leben. DANKE das ihr meine Familie seid, meine Freunde. Morgen haben wir auch eine Zukunft (nach dem ersten Kater) dann beginnen die 20er. Ein hoch auf das Leben.
P.S. ja, die schönen, intensiven und unvergessen Stunden am Tresen im Biströe hab ich ausgeblendet,sorry

Wir queren die Alte Enz Brücke. Linker Hand kommt der Enz Pavillon, an der Ecke der schöne Biergarten und auf der rechten Seite eröffnet sich der Blick in die Enz Auen mit Sicht auf das Eisenbahn Viadukt, das Wahrzeichen der Stadt. Chablis weiss nicht so Recht, ich glaube, hier endet sein Revier. Wir verweilen noch ein wenig im Park und schlendern zurück über die Enz Brücke und treffen auf das Ku(h)riosum, auch eine Installation vom Künstler Jürgen Goertz. Damals wohl ein grosser Affront gegen die Stadtoberen. Das Hinterteil der Kuh zeigt wohl nicht umsonst in Richtung Rathaus!

Hier endet sein Revier

Im den heißen Monaten Juni, Juli und August ist folgendes passiert: in der Geschichte ‚“sunday bloody sunday“ hab ich unser einmaliges Radsportcamp in den Vogesen mit unseren französischen Freunden aus Valréas verarbeitet und wer wissen will wie die Deutschlandtour in Stuttgart ausgegangen ist, empfehle ich: „Der Streckenposten‚😜

Chablis biegt wieder auf die Fußgänger Zone ein, leichte Musik klingt aus den netten Caffée’s, ich swinge und summe im Takt, „Don´t play that song for me… an der Ecke, der Metzger und Bäcker, war klar, für mich ein süßes Stückle von der Bäckerin und von der Metzgerin bekam Chablis ne‘ schöne Scheibe Wurst! So werden Beziehungen gepflegt.

Der September war unser Urlaubsmonat, nach dem heißen Sommer tat die Auszeit richtig gut. Zum Nachlesen, wer sich auch mit der Rente beschäftigt.☺️ Auf der Suche nach Atlanterra!

Das Untere Tor, das letzte erhaltene Stadttor passieren wir mit dem Schlachtruf: „hie gut Württemberg alleweg“. Wir laufen am Fräuleinsbrunnen vorbei, verweilen ein wenig, die Nixe oder Melusine genannt soll wohl magische Fähigkeiten besitzen und verleiht zu Glück und Reichtum. Chablis spekuliert natürlich auf einem Döner der vom Himmel fällt.

der Ofen mit Rebholz geschürt

Chablis’s Blick geht zum alten Backhäusle. Er sieht Licht, er sieht weissen Rauch aufsteigen! Der Ofen mit Rebholz geschürt, es wird wieder gebacken. Volker der Hobbybäcker begrüsst uns herzlich und kleine Schmankerln holt er frisch zum probieren aus dem Ofen. Lecker. Es ist schön, das alte Traditionen zum Leben erweckt werden. Gemeinsam Brot backen gemeinsam Traditionen bewahren. Altes Wissen.

Viele schöne Einladungen habe ich bekommen.Viele waren unerwartet, aber umso freudiger. Klar ist jeder seinen Weg gegangen, hat Familie, Beruf und neue Heimat gefunden. Gerade durch die Gespräche in lockeren ausgelassen Runden sind so viele Emotionen und Erinnerungen geweckt worden. Oft haben wir Tränen gelacht. Ungläubig mit dem Kopf geschüttelt und der häufigste Satz: Das du das noch weisst! Herrlich. Eine Einladung muss ich noch besonders hervorheben. Es war das Klassentreffen unserer Grundschule von 72/73 im Oktober. Nach 40 Jahren gemeinsam wieder vereint in unserem Klassenzimmer, es hatte sich nicht viel verändert. so war die Zeitreise wohl auch für meine Klassenkameraden sehr besonders. Wir waren alle angefasst. Den gemeinsamen Weg zu meinen tiefsten Dämonen, in das Weingut meines Großvaters war getragen der vielen guten Gespräche und der positiven Energie meiner Freunde. Danke.

Der 20. November 2022 wird mir noch lange in Erinnerung bleiben. (Es wäre der 80. Geburtstag 🎂 meines Vaters gewesen, schade das ich ihm nicht mehr davon erzählen kann) Die 162. Weinversteigerung von Hospice de Beaune begann und ich war mittendrin dabei. Eine Ehre und Ritterschlag. Klar mußte ich am Morgen um 8:00 Uhr 100 der berühmtesten Weine der Côte d’Or probieren. Ich war tapfer! 28. Millionen € wurden von Sotheby’s an diesem Sonntag erlöst. Darauf einen Crémant de Bourgogne🥂 oder doch lieber einen Bâtard Montrachet 🍷

Unerwartet biegt Chablis in die Schieringer Strasse ein, die Prachtstraße im Mittelalter, hier stehen die schönsten Fachwerkhäuser in den herrlichsten Farben, prunkvolle Ornamente an den Fassaden, mit mächtigen Eichentüren als Blickfang. Aus Kalk und Russ wurde Grau, aus Kalk und Eisenoxid Rot und die teuerste Farbe Ocker gewann man aus einem Pigment von den Steingruben der Lausitz. Die Modefarbe der Renaissance. Sehr chick, sehr teuer. Chablis hat dafür keinen Blick, er reibt nur seinen Körper am gegenüberliegenden Efeu. Markiert. Ja, die Schnauze oben, nimmt er Witterung auf, jetzt hat er Zug auf der Leine. Ich stolpere den gepflasterten Burgweg hoch. Passieren in windeseile Kelter und Stadtkirche aus dem 14.Jahrhundert. Diese Schleichwege durch die kleinen pittoresken Gassen der Altstadt kannte ich noch nicht. Es riecht nach Most, frischem Sauerkraut und lecker Zwiebelkuchen. Der Stadtbesen ist geöffnet! Ok, versprochen, ist versprochen, wir stürmen rein, Chablis schluppt unterm runden Tisch. Einen trockenen Riesling vom Schalkstein für mich und eine Schlachterplatte für meinen Stadtführer, bestelle ich bei der flinken Bedienung. Zufrieden und wohlwollendes Nicken unterm Tisch.

one Love – diversity wins🛫

One Love – diversity wins, mit diesem Slogan flog unsere Nationalmannschaft nach Qatar zur Weltmeisterschaft. Und ich hatte auf einmal 20 junge Männer, geflüchtet aus Syrien, Afghanistan, Türkei und Georgien, auf einem alten Bolzplatz hinter der Schule, um mich geschart. Ich war wieder DER COACH! Viele Freunde haben für mich ihren Kleiderschrank geplündert. Danke für Schuhe und Sportkleidung. Es ist ein gutes Gefühl wenn man geben kann. Ein Alphonso Davies (geboren im Flüchtlingslager Buduburam), ein Vedad Ibisevic (Bosnienkrieg) oder ein Mahmoud „Mo“ Dahoud (geflohen aus Syrien) sind nicht unter den geflüchteten Spielern. Sie können alle nicht kicken, aber sie haben Herz und Leidenschaft! Was will man mehr.

Frohe, besinnliche, vor allem friedvolle Weihnachtstage. 🎄 Ein gutes Neues Jahr 2023🎉🪅🧨

Bleibt gesund, bleibt mir treu. Euer Coach (Basti)

Verlängerung

Niemals geht man so ganz….
Hoch soll er Leben🎉
Immer wieder gerne,euer Flying winemaker 🍷
Impressionen 2022 der Radbande im Stromberg, genannt die #strombergbuben 💪
Mein Abschluss,was ich noch zu sagen hätte

Atlanterra

Atlanterra

oder

eine Vuelta Espania

Es war an einem Silvester Abend. Man sass gemütlich mit guten Freunden beisammen. Coronabeschränkungen ließen keine grossen ausufernden Partys und bunte krachende Feuerwerke zu. Es war ein feiner Abend, gutes Essen, guter Wein und anregende Gespräche. Man war froh wieder beisammen zu sein und nicht über das C Wort zu reden. Nach langem gab es Mal wieder andere Themen und das tat gut. So kam das Gespräch auf unser Leben im Alter. Wo und wie will man Leben? Wo ist der Platz, wenn die Kinder gross, das Haus bezahlt und die Rente naht? Warum nicht gemeinsam alt werden. Aber wo und wie? Ich hatte mir noch keine Gedanken gemacht, fand die Idee aber charmant. Zusammen ist man weniger Allein.

Andalusien, unendlich lange weiße Sand Strände. Die schönsten Sonnenuntergänge Spaniens. Morgens trifft man sich  auf einen Cordado in den unzähligen Bars und Kneipen, am Abend auf einen Aperitif, schwärmte Sandra uns ihre Idee vor. Die Idee kam an. Marbella rief Sven begeisternd in die Runde.Wo die schönen und Reichen zu Hause sind schmunzelte Mela. Also, ab in den Süden.

Spanien kannte ich nicht, höchstens von den Weinen die ich gerne trank. Ein Rioja, ein Rueda oder Mal ein Wein aus dem Priorat. So plante ich erstmal unseren Jahresurlaub nach Spanien. Eine Reise mit Miri, Elfie,Chablis konnte beginnen. Mein Merida Reacto durfte nicht fehlen. Über Südfrankreich, ein paar Tage in den Pyrenäen, einen Stop in Lourdes sollte der erste Übernachtung auf spanischen Boden Salmancar sein. Eine gute Woche dann in Andalusien, auf der Rückfahrt über Marbella, das Ebro Delta, einen Halt in den Cevennen und der Abschluss unserer Rundreise hieß Dijon im Burgund. Was für eine Tour, eine Vuelta Espania. Diese Tour möchte ich Euch Hier und Heute beschreiben, eine Tour auf der Suche nach unserem privaten Residential, auf der Suche nach Atlanterra.

Vorfreude ist bekanntlich die schönste Freude, so fuhr ich schon eine Woche vor unserem Urlaub mit einer Dachbox durch unsere Stadt. Mein Merida Reacto kam noch zwischen Proviant und Schwiegermutter an diesem Morgen und ab auf die Autobahn gen Süden. Der erste Stop, Valreas, Provence, immer wieder schön „nach Hause“zu kommen. Aimée und Julian begrüßten uns herzlich. Am Abend, aus dem Kühlschrank funden was nettes gezaubert, gutes Essen, gute Gespräche, die Kinder sind gross geworden.Wo ist die Zeit geblieben?

Nach Hause kommen

Der nächste Tag, frische Croissant 🥐,frisches Baguette, man ist in Frankreich. Danke Hubert,du bist ein Schatz.Danke für alles.🥰

Die Pyrenäen, die grosse Gebirgskette, die Frankreich und Spanien trennt. Über 200 Dreitausender! Kannte ich nicht. Nur durch die Tour der France im Fernsehen, mit dem Tourmalet, mit dem Aubisce, mit dem Col de la Perche (1.581 m) Monumente der Radsportgeschichte. Es war beeindruckend, bei der Ankunft in unserer Ferienwohnung, hoch oben auf dem Hügel, die großen Berge im Hintergrund. Mystisch. Palmen, ein schöner Garten. Die untergehende Sonne taucht den Naturpark Pyrenäen Meditarinee in ein atemberaubendes goldrotes Schauspiel. Empecables! Unser Domicil für die nächsten 5 Tage. Frühstück auf der Terrasse, die 3000er im Blick, mein Merida Reacto blitzte im Sonnenlicht, ich hatte Bock die hohen Cols zu bezwingen,  aber erstmal ging’s mit Miri, Elfie und Chablis in eine Wallfahrtskapelle..

Erstmal ne Kerze anzünden 🕯️

Kleine Straßen, warm fahren, den Puls spüren, finde ich den Einstieg zum Col de la Crouzette (1245), dann hoch zum Col du Portel ( 1465 Meter) , gute Bedingungen, Windstill, die starke Sonne scheint nur gelegentlich durch. Die dichten Wäldern der Pyrenäen schützen mich vor den gefürchteten Winden. Die Waldgrenze erst auf 1200/1300 Metern. Im Einklang mit meinem Rennrad, runder Tritt, finde ich mein Tempo am Berg. Fühle, die Luft wird dünn, die Lungen brennen, aber die weiten Ausblicke  auf die grossen Gipfel, motivieren mich, geben mir Kraft. Ich finde meinen Rhythmus, noch zwei Kehren, die Passhöhe gleich erreicht, jetzt nochmal in den Wiegetritt, ein Schluck aus der Trinkflasche. Erreicht. Schnelles Foto, weiter geht’s, immer weiter, jetzt stürze ich mich in die gefährliche Abfahrt. Ich riskierte nichts, die Bremsen Quietschen, sie Qualmen, sie halten !

5 Tage Pyrenäen, 5 Tage voller neuer Eindrücke. Hoch auf den Lac Bethmale (1264 Meter), rein in einen Bergfluss zur Abkühlung, schlendern im Klostergarten von Abbaye de Combelongue und auf der Suche nach den ersten Menschen in der Höhle von Mas d’Azil vor 18000 Jahren. Die Kombi macht’s.

Splendide vue Pyrenées

Der Abschied fiel schwer, aber es musste sein. Wir waren ja auf der Suche nach unserem privaten Residential. Also ab, auf die Autobahn Richtung Spanien, aber erstmal eine Kerze 🕯️ in Lourdes anzünden.Welch eine spirituelle Energie welch eine katholische Party. Alles ist auf den Beinen. Jung, alt, gebrechlich, fromm und frech.Ich sitz am Morgen auf einen Espresso vor dem Eingang zur der Grotte Massabiele in einer Bar. (Hunde dürfen nicht rein) Am Nachbar Tisch bestellen sich erstmal die Damen zwei Bier 🍻 Schön hier, Miri kommt mit 4 Flaschen selbst gefülltem Lourdes Wasser. Und wie schmeckt es? Normal, nach Wasser halt,leicht gechlort die Antwort.

Mit Lourdes Wasser im Gepäck überqueren wir die spanische Grenze. Über endlose Weiten geht es nach Salamanca.Wir sind begeistert. Es ist ein Samstag, die Stadt brennt, die ganze Stadt feiert eine grosse Fiesta und wir sind mitten Drin dabei. Es macht Laune.

Imposante

Der nächste Tag, ein schneller Cordado keine Zeit mehr für Kultur, keine Zeit für Salamanca. Unser Haus, eine Finca am Atlantik war das Ziel. Einsam durch schmale holprige Wege lag die Finca, weiss getüncht in der Abendsonne, in Sichtweite der brausende Atlantik. Ein Traum aus einem TUI Katalog. Herrlich.

Finca Andalusia

Miri stürzt sich gleich mutig in die Brandung. Respekt. Wette verloren, hier der Beweis Schwarz auf Weiss

Die traut sich

Wir fühlen uns wohl, Spaziergang an unendlich langen Sandstränden, am Nachmittag in den Schatten spenden Palmen zu dösen, am Abend ein frischen Fisch aus dem Meer, aus dem Atlantik. In der Region werden traditionelle Fangmethoden angewendet, besonders für den bedrohten Thunfisch. Ein guter Wein, ein Rueda oder ein Verdejo aus dem Ribero del Duero begleitet das leckere Abend Essen. Lecker

Mein Merida Reacto wartet, ich bin schon ungeduldig, möchte die Küsten Straße Andalusien kennen lernen. Miri, Elfie, Chablis dösen im Schatten, ich nutze die Chance, ich ziehe das Radbande Trikot über, schnapp das Rad und rolle leise und sanft über die Küsten Straßen. Es läuft. Nehme Tempo auf, trete mit großem Kettenblatt hoch durch Kiefernwälder im Naturpark Brena y Marismas kräftig in die Pedale. Nur das Rauschen des Atlantiks und surren meiner Kettenblätter ist zu hören. Ich hab Spass. Eine Herausforderung kommt noch. 2015 war das Finale der Vuelta Espania 🇪🇦 in Vejer. Alejandro Valverde gewinnt die Etappe. Ich nehm die gleiche Route wie damals. Es knallt, richtig steil die letzten Meter, ich geh in den Wiegetritt, ich kotz, ist das steil, die letzte Rampe von Vejer der la Frontera. Oben in der Stadt angekommen biege ich auf einen Cordado in eine Bar ein, ich feiere mich selbst.

Nun, die Suche auf unserem privaten Residential haben wir noch nicht aufgegeben. Wir cruisen am Nachmittag entlang der Küste. Vor uns taucht Atlanterra auf, eine Villen Gegend, entwickelt von Schweizern, die schon in den 1960er Jahren dieses Idyll entdeckten. Schick, tré chick! Hinter hohen Mauern, jede Villa ein Traum, fein eingebettet in die Küstenlandschaft .Wir halten, genießen den Blick, eine Ziegenherde zieht an uns vorbei. Vor uns eine Parzelle, mit Wachholder, Ginster und mit spanischer Heide beflanzt. Könnte dies unser Land werden, unser Traum, unser privates Residential? Ein Haus am Atlantik, am Ende der alten Welt, der Blick wandert in die Tiefe des Atlantiks. In weiter Ferne, kann das Afrika sein, fragt mich Miri ungläubig. Ja, Das Atlas Gebirge, nur 20 km Meer trennt Europa von Afrika an dieser Stelle, wir sind fasziniert. Wir schlendern runter zum Strand, ich stürze mich mit Chablis freudig in die Brandung, schmecke Salz auf meinen Lippen, eine grosse Welle verschluckt mich, juchzend tauche ich wieder auf. Es macht Laune. Genießen den Sonnenuntergang, lassen unsere Blicke schweifen, hoch zum Leuchtturm Faro Camarinal, entlang der Küste hoch zu unserem Stückle, wie man im schwäbischen sagt. Dort könnte unser Haus stehen, unser persönliches Atlanterra.

Unser Stückle

Wenn es am schönsten ist soll man bekanntlich aufbrechen. So verließen wir noch vor Sonnenaufgang unsere Finca Andalusia entlang der Spanischen Küste.Wir passieren Gibraltar und machen einen Abstecher nach Marbella rein. Ich bin enttäuscht, der Strand grau, die Wellen plätchern vor sich hin. Die ersten Sonnenanbeter cremen ihre Haut, die ersten übergewichtigen Sportler laufen die Promenade hoch und runter, müde Urlauber schlendern unmotiviert durch die Gassen. Einfach Proll. Vielleicht bin ich nicht gut drauf, aber hier kann ich mein Lebensabend nicht vorstellen. Wir fahren weiter,ein Yurte im Ebro Delta ist unser Ziel für eine Nacht. Auf geht’s entlang zu gebauter Küstenstraße, Beton wo man hinsieht.

Afrika

Co Pilot Miri lotst mich mittels GPS Signal durch den Naturpark im Ebro Delta.100,70 50 ,20 Meter, jetzt scharf rechts dann gleich links, noch 800 Meter! Vorsicht Graben, 20 Meter unbekanntes Hinderniss, was für eine Rally in dem Ecologic Oliven Reservat. Ziel erreicht. Ich puste durch, die Eigentümerin begrüßt uns Vier herzlich, führt uns zu unserer Yurte für eine Nacht. Ein Traum unter dem spanischen Himmelszelt. Boenas Noches. Der nächste Morgen, ein persönliches Frühstück, ein guter Start in den Tag, ein guter Abschluss ,ein Adios.🇪🇦

Unter dem spanischen Himmelszelt
Buenos dias, gut geschlafen 🐕

Es warten die Cevennen, es wartet ein weiters unbekanntes Land. So viel hab ich in Europa noch nicht gesehen, so viele schöne Ecken sind noch zu entdecken. Das gute liegt so nah, so auch die ursprüngliche Bergregion, ein UNESCO Weltkulturerbe. Wir erreichen auf 800 Höhe unsere Unterkunft. Hotel Restaurant Gare aux Anes. Ein ehemaliger Bahnhof Combe Redonde. Am Abend im Restaurant herzliche gute französische Küche. Mein Menü schließe ich mit einer feinen Käseplatte. Ein würzig, salzigen Roquefort begeistert meine Sinne. Stolz berichtet mir die Gastgeberin das dieser Käse nicht unweit des Dorfes entstanden ist. Und heute noch in den Höhlen von Roquefort reift. Lecker.

Sonnenaufgang in den Cevennen

Die Reise neigt sich dem Ende, aber ein Highlight hab ich noch.Wer kennt sie nicht die grossen Weine des Burgunds. Ein Mersault einen Corton, einen Montrachet oder doch lieber ein Pommard. Ich kann mich nicht entscheiden, einer besser als der andere, ich liebe das Burgund. Ich liebe die Weine. Es ist kein Chardonnay, es ist kein Pinot Noir, es ist Terroir! Jeder Weinberg ein kleines Juwel, liebevoll eingerahmt von kleinen Mäuerchen. Empecables.

Dies war die Reise auf der Suche zu unserem privaten Residential, eine Reise in unsere Zukunft. Wie soll sie aussehen, wo möchten wir Leben? Finden wir unser Coup der Couer? Wir haben viel gesehen, wir haben viel erlebt, wir haben viel diskutiert. Alt werden mit guten Freunden, gesund alt werden, mit einer hohen Lebensqualitäten, mit Lebensfreude. Gelingt uns das? Ja, packen wir es an.

Bleibt mir treu, bleibt Gesund. Euer Coach

Zugabe

Cevennen

Der Streckenposten

Der Streckenposten

oder

die 🇩🇪 Tour

zu Gast in Stuttgart

„Bist du deppert hier die Straße zu sperren!“, wurde ich richtig wütend angeschnauzt. „lch hab zwei kleine Kinder im Auto und der Opa wartet auf sein Essen“ schrie die junge Mutter mich hysterisch weiter an! Andere aufgebrachte Autofahrer kamen dazu ich kam in schwitzen in meiner gelben Warnweste. Was war passiert?

Der Morgen fing eigentlich so schön an. Die Regenwolken der Nacht hatten sich verzogen, die ersten Sonnenstrahlen, herrlich. Ich traf mich mit Marc von der Radbande und wir fuhren plaudern den Neckar entlang. Querten den Neckar und bogen in die Rems, ein kleines verwunschenes Tal in Richtung Schorndorf, mein Ziel als Streckenposten für die Deutschlandtour des Jedermannrennen, ein. Dort sollte ich für 2 Stunden eine Straße sperren. Wir trafen auf die Stuttgardia Kumpels zur Einsatzbesprechung. Die Warnwesten wurden verteilt, die letzten Anweisungen. Ich war auf meinem Posten. Das Rennen konnte beginnen.

Der Streckenposten

Die Deutschlandtour, ein vier Tages Rennen der Profis und das Finale in Stuttgart. Auf der Theodor – Heuss Straße, genannt einfach „Die Theo“. Ein Spektakel. Die ganze Stadt, die ganze Region im Radsport Fieber. 2018 war die Tour schon Mal zu Gast in meiner Wahlheimat und ich meldete mich zum Jedermannrennen an. 100 km über gesperrte Straßen, über gesicherte Kreuzungen, einmal wie sich ein Profi in einem grossen Peloton fühlen. Gross.

Ja, mit dieser Erinnerung wollte ich Mal dazu beitragen so ein grosses Rennen als Streckenposten zu tragen. Mal die andere Seite der Medaille, mal „Einer“ von den hunderten von ehrenamtlichen Helfern zu sein. Ein kleines Rädchen. Ohne die so ein Rennen nicht möglich wäre. Aber auf das was dort kam war ich nicht vorbereitet….

Zur erst kamen die Polizei Motorräder mit Blaulicht in einem höllischen Tempo, dann das Einsatzfahrzeug mit der Roten Flagge. Das Zeichen für die Komplett – Sperrung der Rennstrecke. Wenige Minuten folgte schon eine Spitzengruppe. Die ersten waren verdammt schnell unterwegs. lm Ziel hatte der Beste ein Stundenmittel von 42 km/h auf der Uhr. Eigentlich schon Profi Tempo! Danach kam lange nichts. lmmer musste ich genervte Autofahrer zurück schicken. Viele wollten mit ihren Kindern ins benachbarte Freibad, einige einfach nur nach Hause. Alle brauchten Geduld an diesem Sonntag in Schorndorf. 3200 Rennradfahrer nahmen Teil und leider sind nicht alle so gut trainiert. Für einige war es auch ihr erstes Rennen. 25 km/h ist die mindest Durchschnittsgeschwindigkeit, danach kommt nur noch der Besenwagen. So mussten wir natürlich lange warten an meiner Kreuzung. Den ein oder anderen Autofahrer konnte ich ermuntern auszusteigen und dem Rennen beizuwohnen. Unter ständiges klatschen, aufmunternde Worte, motivierende Rufe feuerten wir gemeinsam jeden Amateur an. Jeder hat es verdient, jeder hat sein persönliches Leistungsvermögen, sein persönliches Ziel und wenn es nur ankommen und nicht vom Besenwagen eingesammelt zu werden bedeutet. Kurze Zeit später kam das Polizei Fahrzeug mit der grünen Flagge, das Zeichen meine Sperrung aufzuheben. Ich war erleichtert, bedankte mich bei allen für ihre Geduld. So schlimm war es doch nicht. Aussteigen, locker bleiben, sich in andere Hinein Versetzen, raus aus seinem Ego Tunnel eine halbe Stunde seines Lebens für ein Rennen, für den Radsport geben. Danke. Kurz traf ich mich noch mit meinen anderen Strecken Posten von der Stuttgardia und jeder erzählte noch eine weitere Anekdote an diesem Tag in Schorndorf.

Kumpels von RS Stuttgardia 1886 ev.

Ich verabschiede mich, schnappte mein Merida Reacto und fuhr auf der gleichen Strecke, überholte den Besenwagen, überholte erschöpfte Rennfahrer und winkte den anderen Streckenposten zu, die gerade ihre Straßen Sperrung abbauten. Jetzt hatte ich Bock ein Rennen zu fahren. Ich wurde immer schneller. Rein nach Stuttgart, den Pragsattel hoch im Wiegetritt am Killesberg vorbei feuerten mich die Zuschauer an. In meiner Phantasie war ich jetzt der Polit, der Egan Bernal oder doch der Adam Yates, führender der Deutschland Tour. Mit Tempo im Stile eines Abfahrers, tief klebend am Oberrohr raste ich den Stuttgarter Kessel runter. Jede Kurve voll ausfahren, wie auf Schienen, mit der Gewissheit:Die Straße ist für mich gesperrt, es kann kein Gegenverkehr kommen, kein Auto aus einer der vielen Kreuzungen. Allein auf meiner Rennstrecke bog ich auf die Zielgerade ein. Die Theodor- Heuss Straße, genannt „Die Theo“. (die Poser Strasse am Abend für PS starke Autos) Nochmal aus dem Sattel, jetzt 50 km/h und schneller stürmte ich durch das Ziel, begleitet mit Applaus der vielen Radsportfreunde aus ganz Deutschland, links und rechts der Bande, klopfend mit den Fäusten auf die Werbebande, ein Trommelwirbel zum Finale. Nur für mich. Danke.

Ich überhole den Besenwagen

Siegerehrung

Jetzt, im Ziel, ließ ich mich treiben, schlenderte die Theo ab, sog die autofreie Stadt in mich auf. Sah glückliche Finisher, mit ihren Medaillen, stolz baumelnd an der Brust. Benni von der Radbande kreuzte meinen Weg. Er ist unter die Top 100 gefahren. Klasse, und klopfte ihm anerkennend auf die Schulter. Der Hubschrauber kündigte die Deutschlandtour an. Drei Runden mussten in der Stadt gefahren werden. 3 Mal den Herdweg mit seiner brutalen Steigung. Was für eine Show. Das ist Radsport zum Anfassen. Ich bin begeistert. Michel von der Radbande im Stromberg/RS Stuttgardia 1886 ev. kommt vorbei, genau in diesem Moment kracht ein Profi Rennfahrer in die Bande. (Matthias Jensen, zum Zeitpunkt 4 . in der Gesamtwertung, gute Besserung) So wie bei mir im Jedermannrennen schildert er seinen Unfall und zeigt mir seine Blessuren. Der Besenwagen hat ihn eingesammelt. Sieg und Niederlage liegen so dicht beieinander. Aber dabei sein, sich einbringen. Als Profi, Amateur, als Zuschauer, Funktionär oder als Streckenposten. Nur so wird daraus ein geiles Ding. Bei einem Glas Bier am Palast der Republik lassen wir den Radsport Tag ausklingen. Lecken unsere Wunden. Im Hintergrund hören wir die Englische Nationalhymne. Ein schöner Tag in Stuttgart.

Wunden lecken
So lief es bei den Profis

Zugabe

Strassenkunst

Dieses Foto hat Kristian bei einem Rad Rennen aufgenommen. Die Kinder (das kleine Mädchen am Bildrand mit ihrem kleiner Bruder🧸) am Strassenrand haben dieses Kunstwerk erschaffen. Er war so begeistert. Im Gespräch konnte er beide Geschwister für das Kinderradrennen begeistern und motivieren. So kann gelebter Radsport Hand in Hand mit den Anwohnern, mit der Bevölkerung gelingen.🥰

Sunday bloody Sunday

Sunday bloody sunday

oder

How long must we sing this song ?

Es ist kein Sonntag, kein blutiger Sonntag. Es ist heiss an diesem Donnerstag im Juni, sehr heiss. Ich stehe im Wiegetritt mit meinem Merida Reacto in der Vogesen Wand. Ich nehme meinem Radhelm ab um meinen Kopf mit Wasser zu kühlen. „Helm wieder aufsetzen“ brüllt Stefan von der Radbande mir zu, sonst bekommst du einen Sonnenstich! Vor hundert Jahren im 1.Weltkrieg hätte mich ein französischer Scharfschütze ins Visier genommen. Kopfschuss.

Auf Einladung unserer französischen Radfreunde vom VCV Valréas zu einem gemeinsamen Radsportcamp in Gérardmer, Vogesen bin ich mit den #Strombergbuben kommend aus Freiburg unterwegs. Ich denke an den Krieg im Donbass, (der sich zu einem erbitterten Stellungskrieg entwickelt) ich summe sundy bloody sunday von U2 vor mich her. How long, how long must we sing this song? Ja, vor hundert Jahren war hier in den Vogesen auch ein erbitterter Stellungskrieg. 30.000 deutsche Soldaten und bestimmt genauso viele Franzosen haben hier in den Bergen ihr Leben verloren. Was wird mich erwarten? Wie werden wir empfangen? Als Freunde, als Gegner, als Feinde oder als Brüder im Geiste? Wir erreichen Col de La Schlucht, rollen nach Gérardmer. Ein feiner hübscher Ort in den Vogesen Bergen auf Höhe von 600 Meter gelegen, unser Domizil für die nächsten 4 Tage. Die Sonne lacht, unsere französischen Radfreunde erwarten uns schon sehnsüchtig und bereiten uns einen warmen herzlichen Empfang. Wir verabreden uns für den nächsten Tag um 9:00 Uhr. Dann führt uns die Tour zum Grand Ballon! Ensemble.

Am Abend kochte Felix ein grossen Topf Spaghetti für die hungrigen Strombergbuben. Keiner von uns war je hier in den Bergen, keiner kennt die Steigungen, keiner kennt die gefährlichen Abfahrten. Es wird noch angeregt diskutiert. Mit vollem Magen und ein Glas Bier Kronenbourg  geht jeder mit seinen eigenen Gedanken, Wünschen und Hoffnungen auf den nächsten Tag zu Bett.

Die Sonne lachte, nach einem Petit Dejeuner mit frischem Baguette, knusprige Croissants mit dick Butter drauf, einem Schluck Kaffee erreichen wir mit unseren schicken Merida Reacto, Renn Maschinen, die im Sonnenschein blitzten, unseren Treffpunkt hoch über Gérardmer im Skigebiet. Ein grosses Hallo Bonjour und shake hands mit unseren Freunden aus Valréas Es war angerichtet.

Le Markstein 1183

Das Peleton angeführt von Bruno Lauzier, setzte sich in Bewegung. Gemeinsam starten, gemeinsam ankommen. Schön ging es aus Gérardmer am See auf sanften Strassen entlang heraus. Das Tempo war moderat. Felix und Marc waren nervös, wollten schneller, zeigen was sie drauf haben. Wie junge Rennpferde beim Start in der Box. Nur ruhig Brauner, nur ruhig. Die ersten kleinen Cols wurden gemeinsam erreicht. Ich sah besorgt in den Himmel. Regenwolken zogen auf, es wurde merklich kühl. Ich hatte nur eine kleine Windweste dabei. Ein Fehler. Aber ich wollte Gewicht sparen. Wir bogen in die Passstrasse zum Grand Ballon ein, jetzt flog das Feld auseinander, jeder musste sein Tempo finden, sein Rhythmus. Die jungen fuhren jetzt wie entfesselt, sie waren in ihrem Element. Die jungen Franzosen hatten die Aufgabe bekommen den Deutschen als Wasserträger und Edelhelfer zur Verfügung zu stehen. So hatte ich stets den starken Teddy und  Alban an meiner Seite. Wie zwei französische Hütehunde liessen sich mich nicht aus dem Blick. Oben kurz vor am Gipfel spürte den Eisregen auf meiner Haut, der Wind peischte mir direkt ins Gesicht, die letzten kehren, den Gipfel im Blick. Adrenalin, pure Freude. Oben auf der Station, Schulterklopfen, rein ins Warme. Ein willkommener und wichter Espresso Stopp. Die Franzosen waren gut vorbereitet, hatten einen Besenwagen dabei. Teilten das mitgebrachte Baguette mit uns. Eine nette Geste!

So, nach dieser Pause, raus in die Kälte, raus in den Regen, raus in den Wind der um den Grand Ballon pfeifte. Charlie der alte Haudegen zog sich schnell noch eine alte Zeitung unters Trikot. Ein Trick aus alten Renntagen in denen mann  noch mit schweren Baumwollklamotten und mit Radschuhen die man an die Pedale gezurt hatte die Berge erklomm, berichtet er mir.

Alter Haudegen Charlie

Es gibt eine Strasse, die nennt sich Route de Crêtes. Eine Strasse die keine Dörfer verbindet. Eine Strasse im Schutze der Gipfel auf französischer Seite. Gebaut im 1.Wektkrieg um die Militärs mit Nachschub zu versorgen. Auf dieser Strasse fahre ich mit Tempo im Windschten der schweren Jungs 1. Präsident Wesley Lane und 2. Prasident Fabrice Winaud vom VCV Valréas. Nur nicht abreissen lassen, ich mach mich klein auf meinem Merida Reacto, das Tempo ist mörderisch. Immer wieder geht Fabrice aus dem Sattel mit seinen dicken Oberschenkeln. Hält das Tempo hoch, keine Verschnaufpause, selbst hinter diesem französischen Qualitatswindschatten! Aber wie geil ist den das. Hundert Jahre nach Kriegsende sause ich diese Strasse entlang. Kein Atilleriefeuer, keine Scharfschützen muss ich fürchten. Nur eins: drannbleiben!

Route de Crêtes

In Géradmer kommen wir dann gemeinsam  (wie versprochen) wieder an. Ein freudiges „a demain“ von unseren Französischen Radfreunden aus Valréas. Der nächste Tour Tag hat es in sich. 150 km 3000 Höhenmeter sind im Roadbook angegeben. Hoffenlich wird das Wetter besser. Sonst sterbe ich.

Planche des Belles Filles oder Super Planche des Belles Filles, diese Worte lassen jeden Rennfahrer erschaudern. Dort wurde die Tour de France schon entschieden, auf dem Weg zum Gipfel haben sich Dramen abgespielt. Greipel hatte seine Rennmaschine über die Ziellinie getragen. Dort wollen die Franzosen mit uns hoch. Was haben sie mit uns vor? Wollen sie uns leiden sehen?

Super Planche des Belles Filles 🥵

Die Morgensonne über Gérardmer lachte, die Gewitterwolken der Nacht hatten sich verzogen. In zweier Reihen führte uns Bruno und Jacques aus dem Ort über den ersten kleinen Col de Rupts. Meine Beine waren gut, erstaunlich gut. Mit Tempo wie an einer Perlenkette gereiht fuhren wir die schönen Täler der Vogesen entlang und in Windeseile errichten wir Thillot und begrüßten die mit dem Auto angereisten Radfahrer, die sich ein paar Kilometer sparen wollten. Im grossen deutsch französischen Peloton fuhren wir freudig weiter. Nichts ahnend was dort noch auf uns zu kam. Der erste Anstieg, die ersten steilen Rampen, ich glaub die wollen uns verarschen, die wollen uns grillen, die wollen uns leiden sehen. Das kann doch keine normale Strasse sein? Über 18%. Ich kotz. Ich fahre mit einer Profimaschine, Kompakt 52/36, Kassette 11/32. Im Wiegetritt versuch ich meinen Rhythmus zu finden. An meiner Seite Präsident Charlie. Gottseidank, er muss auch leiden, muss auch kämpfen. Oben am Col wird jeder noch mal die letzten Meter angefeuert. Ich entdecke ein Schild. Ja, hier ist auch die Tour de France gefahren und Thibaut Pinot hält mit 11:28 Minuten den Rekord.

Col de Chevreres 916 Meter

Ein Erinnerungsfoto, warten auf den letzten. Einfach guter Radsport. Jetzt die Abfahrt nach Planche les Mines, der Start in den Berg, in den Mythos, in dem schon die Tour de France entschieden worden ist. Teddy steckt mir noch schnell einen Riegel zu, ich nehm‘ ein Schluck aus der Trinkflasche. Jetzt ist jeder auf sich allein gestellt. Ein grosses Poster am Wegesrande. Jan Ulrich in lebensgross auf seiner Rennmaschine mit entschlossenen Blick motiviert mich auf meine letzten Reserven zu greifen. Ich geb‘ alles. Die letzte Kehre, die letzten 18 %! THIBAUT PINOT , THIBAUT PINOT, THIBAUT PINOT in grossen Buchstaben auf der Strasse signalisieren mir das Finale. Ich versetze mich in einen Tour Sieger. Das Trikot zu ziehen, freihändig nehme ich die Siegerpose ein. Applaus, Applaus  Applaus. Fahre ich dem Ziel entgegen. Gutes Gefühl, so ein Tour Sieg.

Ein Tour Sieg?

Wer nun gedacht hat, das war’s. NEIN. Ein Col musste noch erklommen werden. Ballon de Servance 1216 Meter Hoch. Kleine Strassen, frei von Autoverkehr, frei von Motorrädern, frei von jeglichem Lärm der Civilization. Charlie nimmt Jacques Leclerc im Windschatten mit, jetzt sind die Rollen vertauscht. Der Deutsche gibt dem Franzosen die Unterstützung die er braucht um gut den Berg zu erklimmen. Ich lass abreissen, muss meinen eigenes Tempo mit meinem Merida Reacto am letzten Col finden. Die Strombergbuben wissen: Der Coach kassiert sie alle in der Abfahrt. Und so wars. Den Bremspunkt immer am Limit, nochmal aus der Kurve beschleunigen, ungläubigen, verwunderten Blicke meiner Radfreunde aus Valréas rausche ich an ihnen vorbei in das Tal und erreiche als erster das Ziel. Kleiner Spass. Schön wars.

Bruno, Teddy, Jaques, Pierre, Alban, Maurice, Didier kamen an mich herangefahren, klopften mir herzlich auf die Schultern. Ein kühles Bier und ein gutes Abendessen heute Abend bei uns sprach der 1.Président Wesley Lane die Einladung aus. Das habt ihr Euch verdient, lobte Bruno die deutsche Equipe! Grosse Freude bei den Strombergbuben. Am Abend wurde gut getrunken, gut gegessen, es wurde viel gelacht! Präsident Charlie hielt eine Staatstragende Rede und betonte wie wichtig die Deutsch – Französische Freundschaft für Europa ist. Wir haben viel in den letzten 70 Jahren erreicht. Aber das erreichte zu behalten, zu erhalten, sind immer wieder Anstrengungen nötig. Nichts ist selbstverständlich. Wie am Berg: wir brauchen Wasserträger und Edelhelfer. Das Peloton ist immer stärker als der einzelne Ausreisser. Überwinden wir Grenzen, überwinden wir Sprachbarriere, überwinden wir Vorurteile. Liberté, Égalité, Fraternité

Charlie und Bruno tauschten die Trikots und bekräftigten durch diese Geste ihre Freundschaft. HERZERGREIFEND

Charlie💪🇩🇪 et Bruno🤝🇨🇵

Radfahren ist kein Spiel, Radfahren ist ein Sport. Hart, unnachgiebig und unerbittlich und man muss auf vieles verzichten. Man spielt, Fussball oder Tennis oder Hockey. Aber man spielt nicht Radfahren - Jean de Gribaldy

Zugabe

für Profis

Lichtenstern 🌠

Lichtensterntour

oder

mein Weg nach

Kleinsachsenheim

Mit Felix und Marc von den Strombergbuben nehme ich an der RTF Lichtenstern Radtour teil. Es wird ein heisser Tag im Mai. Pünktlich um 8:00 Uhr treffen wir uns im Pausenhof des Gymnasium Lichtenstern in Sachsenheim , schreiben uns in die Starterliste ein und gehen gemeinsam auf die 138 km lange Schleife durch den Stromberg und Kraichgau. Die Strecke ist gut ausgeschildert. Wir passieren Unterriexingen, biegen hoch nach Markgröningen, die Schäferlauf Stadt ein. Im Segment nach Hochdorf macht Marc richtig Druck und holt sich den ersten KOM an diesem Tag. (King of Mountain) Ich lass es noch gemütlich angehen. Marc und Felix lassen mich nicht stehen und ziehen mich im Windschatten am Hügelgrab der Kelten vorbei. Weiss auch nicht warum ich gerade jetzt an meine Anfangszeit in dieser Region denke. Aber es ist alles wieder so präsent. Und das ich mal auf Hoher See mit der MS Vistamar alle Sachsenheimer Bürger in der Bietigheimer Zeitung grüßte, da konnte ich nicht mal im Traum dran denken, dass mein Lebensmittelpunkt und meine grosse Liebe dort in diesem Dorf sein werden.

Es war der Nikolaus Tag 2007 auf der Weihnachtsfeier des TSV Kleinsachsenheim der mein Leben ein neue Richtung geben sollte. Ich war mit einer Delegation aus Valréas, der Patnerstadt aus Südfrankreich, eingeladen. Und mir gegenüber sass ein hübsches Mädchen. Wir kamen ins Gespräch. Sie lobte mein gutes Deutsch. Ich tat noch ein bisschen geheimnisvoll, so hab ich ihr Interesse wohl geweckt.

ein hübsches Mädchen 😍

Eine schnelle Radgruppe schliesst auf und macht mächtig Tempo. Wir nehmen Geschwindigkeit auf und folgen dem Peleton, passieren Vaihingen an der Enz, elegant führt der Radweg durch die Stadt, nehmen Kurs auf Ensingen. Heimat der Ensinger Sport Quelle. Mein Puls geht über 150 Schläge in der Minute. Kein gutes Zeichen. Ich lass abreissen. Marc und Felix zeigen an der Spitze noch ein paar Muskeln, aber sie lassen mich nicht aus den Augen und nehmen das Tempo raus. Ich kann wieder den Qualitatswindschatten der Strombergbuben nutzen!

eine RTF oder doch ein Rennen🚀

Was hatte ich schon zu verlieren? Konnte ja nur gewinnen! So packte ich mein Bündel in Valréas und zog in die Gerokstrasse ein. Ich bekam eine neue Familie. Herbie, der Vater begrüßte mich wie einen verlorenen Sohn und Elfie, die Mama schloss mich in ihr Herz. So wurde der Start in mein neues Leben mir sehr leicht gemacht.

eine Familie aus Kleinsachsenheim

In Häfnerhaslach der erste Verpflegung Stopp. Wasser zum auffüllen der leeren Trinkflaschen, Bananen, Äpfel, Müsliriegel für den schnellen Hunger. Lars und Christian von den Alpentretern kreuzten unseren Weg und fuhren ein paar Meter mit. Sie waren der Anfang meiner Radsport Leidenschaft . Die Allstars nahmen mich damals als Rookie in ihr Team auf. Eine gemeinsame Reise nach Valréas mit dem Angriff auf den Mont Ventoux bleibt eine schöne Erinnerung.

Die Alpentreter💪

Herbie war im Dorf gut vernetzt und stellte mich seinen Freunden vor. Er war Gründungsmitglied und Vorstand der Stockschützen aus Hohenhaslach. So versuchte ich mich auch mal bei diesem Stockschiessen. Grosses Talent hatte ich nicht. Machte auch nichts, der gesellschaftliche Teil bei einem Glas Hohenhaslacher Kirchberg mit seinen Freunden war der Grund unseres Spieles. Ab und an lief er kurzerhand in die Küche und bruzzelte uns allen ein leckers Steak. Darin war er ein Meister. Lecker.

Wir passieren den Ottilienberg, ein alte Kultstätte. Uns überholten genervte Boschler: eine Radsportverein der Firma Bosch. Was für eine komische Radbande wir wohl seien und ihnen nicht gleich den Weg frei machen? Wir sind die Radbande aus dem Stromberg, genannt die Strombergbuben, riefen wir ihnen locker nach😉 Später sahen wir sie wieder, hatten sich verfahren! 😜

Das berühmte Kloster Maulbronn war unsere letzte Verpflegungsstation. Nochmal Trinkflaschen füllen, ein Apfel sollte reichen für die letzten 30 km. Der Anstieg von Sternenfels hoch nach Häfnerhaslach war die letzte ultimative Challenge. Links und rechts entlang der Serpentinen sah ich erschöpfte Radsportler. Ja, mit 1800 Höhenmeter hat diese RTF, geplant und durchgeführt von den Schülern des Lichtensterngymnasium, es ganz schön in sich. Nur mit einer starken Mannschaft, mit Edelhelfern und Wasserträgern kommt man entspannt ans Ziel. 🏁 Marc, genannt 20Mille (fährt 20.000 km Rad im Jahr) zog mit grossem Kettenblatt noch locker an mir vorbei. Er hatte noch nicht genug. Er wollte mehr. Über welliges Terrain hielten wir Kurs auf Sachsenheim. Felix, genannt Ganna (nach Filippo Ganna von Ineos Grenadier) pedalierte abwechselnd mit Marc im Wind. Ich, luschend am Hinterrad. 😜

Das ich jemals diesen Blogeintrag über eine TOUR Lichtenstern in Sachsenheim schreiben werde, verdanke ich Herbie, Elfie und Miri. Sie gaben mir den Halt im Leben den ich damals brauchte. Sie nahmen mich in ihre Familie auf. Eine Familie aus Kleinsachsenheim. DANKE.

Bleibt gesund, bleibt mir treu. Euer Coach.

Verlängerung

die Tour zum nachfahren
1800 Höhenmeter

Ich bin wieder hier

La Corima 2022

Ich bin wieder hier
In meinem Revier
War nie wirklich weg
Hab mich nur versteckt
Ich rieche den Dreck
Ich atme tief ein
Und dann bin ich mir sicher
Wieder zu hause zu sein

Was ist alles passiert! Seit 2019. Mein letztes Rennen. Traurig, melancholisch schlenderte ich damals mit meinem Merida Reacto durch die Gassen von Montélimar. Die heimliche Hauptstadt des Nougat. Das Rennen „La Corima“ war Geschichte. Nie wieder, so wollte es die Organisation. Ein kleiner Radsportverein, Le James Velo Club. Es wurde zu viel, es wurde anstrengend. 200 Leute bedarf es dieses einzigartige Rennen über 144 km der schönen Hügel der Drôme Provencal zu organisieren. Ich hatte Verständnis.

Charlie, Geronimo, könnt ihr Euch noch erinnern? Der Kampf gegen den Wind, gegegen den gefürchteten Mistral. Es war ein trauma. Wir hatten es gepackt, zusammen im Wiegetritt auf die Cols, le Vecs, de la Sausse, Col de Valouse, schnell in den Abfahrten und abwechselnd in der Führungsarbeit gegen den Mistral. Hand in Hand der Ziellinie entgegen. Einer für Alle, alle für einen, frei nach d‘ Artagnan.

14 Nationen am Start

Drei Jahre ist eine lange Zeit, eine Ewigkeit. Die Pandemie machte alle Hoffnungen für eine Rückkehr dieses einzigartige Rennen im März zu nichte. Selbst in kleinen Gruppen durfte man in Frankreich nicht mehr Rad fahren. Wie sollte man ein Rennen mit mehr als 2000 Teilnehmern organisieren? Ich war überrascht. Das Rennen sollte am 27.März 2022 stattfinden. Spontan schrieb ich mich in die Starterliste ein. Ich war dabei, konnte es aber immer noch nicht glauben.

Am 24.Februar überfiel Putin die Ukraine. Mitten in Europa tobte der Krieg, keine 2 Flugstunden von mir. Junge Männer starben im Bombenterror und Kugelhagel. Warum? Für was? Ich war schockiert. Ich stelle mich dem Kampf in einem Radrennen, nicht auf dem Schlachtfeld. Ich tue was für Europa, aber möchte auch Muskeln zeigen. Friedlich vor, während und nach dem Rennen – freundschaftliche Bande schliessen. Das Radrennen „La Corima“ in der Ukraine, im Starterfeld mit Franzosen. Russen, Tschechenen, Polen, Rumänen und Finnen. So stelle ich mir Europa vor und nicht auf dem Schlachtfeld! Hier und Heute verspreche ich nach dem Krieg an einem Radrennen in der Ukraine teilzunehmen. Versprochen!

Nervös 🇨🇵

Die letzte Vorbereitung im Stromberg im Windschatten der Radbande war ein Desaster. Ich musste abreissen lassen, mein Puls deutlich zu hoch, enttäuscht verabschiede ich mich von den #strombergbuben und stromerte mit meinem Merida Reacto den Neckarradweg entlang. In Gedanken an das Rennen „La Corima“. Werde ich gute Beine haben, komme ich über die Berge der Drome Provencal und werde ich dem gefürchteten Mistral standhalten?

Gute Beine

Es sollte ein traumhaftes Wochenende in der Provence werden. Sonnig, trocken, Windstill, also beste Bedingungen. Mein Merida Reacto war bereit. Kette geölt, die Reifen auf 8 bar und Wasser in den Trinkflaschen mit einer Banane in der Rückentasche reihte ich mich an das Ende des Starterfeldes. Aufregung, Anspannung, Nervosität. 3 Jahre habe ich auf diesen Augenblick gewartet. Das Leben vor der Pandemie hat mich wieder. Der Krieg ist für die nächsten 3 Stunden ganz weit weg. Der Starter zählt die Sekunden runter: 6, 5,4,3,2,1 Gooooo

Drôme Provencal

Ruhig bleiben, ruhig Brauner, ruhig, nicht zu schnell der Zielgeraden aus Montélimar heraus pedalieren. In keinen Sturz verwickeln. Vor mit legt sich einer gekonnt auf die Fresse, ich kann gerade noch so ausweichen. Jetzt kommt die breite Ausfahrtsstrasse, leicht ansteigend. Ich nehme Tempo auf, das Feld gleicht jetzt einer Ziehharmonika. Hinter schweren grossen Jungs mit dicken Oberschenkel stürme ich im Windschatten an die Spitze des Feldes. Die ersten Hügel meistere ich problemlos, ich fühle mich gut. Am Berg müssen die schweren Jungs abreißen lassen, jetzt muss ich mir neue Wasserträger und Edelhelfer suchen. In der tollkühnen Abfahrt nach Dieulefit muss ich meine ganzen Fahrkünste aufbieten um an den Besten dran zu bleiben

Col Eyzahut

Im Tal hab ich eine gute Gruppe, im Sinne des Französischen Kreisel fliegen wir förmlich dem Ziel entgegen. Mit Tempo biegen wir in den letzten Anstieg ein, hoch zum Col de Eyzahut. Jetzt kann ich den Bergspezialisten nicht mehr Paroli bieten und verliere meine Gruppe aus den Augen. Allein gegen meinen inneren Schweinehund. Allein erreiche ich ich den Gipfel! Ich knalle meinen größten Gang rein. Wie der Radprofi Mohoric vom Team Merida Victorious in der Abfahrt beim Poggio stürme ich entlang der Serpentinen in das Tal. Immer den Bremspunkt am Limit. So sauge ich mich wieder an mein Gruppe und erhole mich im Windschatten. Auf den letzten Kilometer leiste ich auch Führungsarbeit! Ich bin gut drauf. Je suis on plein forme! Es geht nochmals über eine kleine Kuppe, dranbleiben, nicht abreissen lassen. Rein nach Montélimar geht es in einer scharfen 90 Grad Kurve auf die Zielgerade ein. Ich verpasse den Zug. Bin geschlagen. Mit den Sieg hab ich nichts mehr zu tun, ich nehme raus, genieße die letzten Meter, der Jubel der Menschen am Strassenrande.

Im Ziel, ich spüre nichts, keine Schmerzen, keine Strapazen, keine Sorgen. Es geht mir gut, eine zufriedene Leere stellt sich ein. Ein Glücksgefühl ☺️

Bleibt gesund, bleibt mir treu. Der Coach

Ehrenrunde

Unter ukrainischer Flagge 🇺🇦
Très francaise

Stand by me

oder

die Bande vom Gräfenberg

Stand by me, oh, stand by me 
Oh, stand, stand by me 
Stand by me Stand by me oh oh, oh …. 

Das Lied geht mir nicht aus dem Kopf, ein richtiger Ohrwurm. Ich bin mit der Radbande im Stromberg unterwegs, heute mal auf eine Plauderrunde oder auch Babbel Tour genannt. Immer hab’ ich wechselnde Buddys an meiner Seite. Es wird gefachsimpelt über neue technische Details an unseren Rennmaschinen. Ich nicke interessiert mit dem Kopf, bin aber raus, verstehe kein einziges Wort.  “ Basti, hab’ mir ein neues Rad bestellt aus dem Internet, nicht in meiner Wunschfarbe, aber dafür auf Lager”, ruft mir Marc von der Seite zu. “ Ok, ist jetzt das Fünfte in deiner Sammlung! Ja, brauch ich, du weißt, muss für jedes Terrain und Wetter gerüstet sein”, erklärt er mir salopp. Ich nicke und denke an mein erstes Rad: das hab’ ich aus dem Müll gezogen! 

Wir wohnten am Boppengraben, vor unserer Haustür: die Müllgrube aus dem Ort. Ich weiß nicht was alles dort entsorgt worden ist, aber Mülltrennung, Sondermüll und Sperrmüll gab es in unserem Wortschatz damals nicht. Ein spannender Abenteuerspielplatz für mich auf jeden Fall. So zog ich zwischen Reifenteile, Ölkanister, Sperrholz und Kleidungsreste ein kleines Fahrrad aus dem Dreck. Bestimmt musste mein Vater die Reifen flicken und die Kette ölen, aber aus meiner Erinnerung stand es, wie aus einem Katalog bestellt, fahrbereit vor mir. Ein Traum. 

In aller unserer Leben kommt die Zeit in der die Kindheit endet

Eine Zeit, in der nichts mehr ist wie zuvor.

Ich nehm‘ Euch mit, in mein Dorf, in meine Kindheit. Das nächste Haus war 300 Meter entfernt. Genannt, das „Weisse Haus“. Ein Arbeiter Haus für den nahegelegenen Steinbruch in dem einmal Kalk abgebaut wurde. Dort lebten 3 Familien: die Krebsen’s, die Boek’s und ein GI (US – amerikanischer Soldat) mit seiner Frau. Entweder die Kinder waren schon zu alt oder zu jung zum Spielen. In meinem Alter gab es die Patricia, sie war taff, aber halt doch ein Mädchen.

Das Dorf war ungefähr 2 km entfernt. Über einen kleinen Waldweg konnte man sich ein paar Meter sparen. Es ging entlang des Gräfenbergs auf dem im 12 Jahrhundert eine Burg thronte. Dort lebten einst die Griefenberger Grafen. In unserem Baumhaus tief im Wald erzählten wir uns Schauergeschichten und spielten die Sage aus dem Mittelalter der Spessarträuber mit einer selbstgebastelten Ritterrüstung gekonnt nach. Wir waren die Bande vom Gräfenberg. Und ich war natürlich Robin Hood, der Rächer der Enterbten. 

Zur gleichen Zeit wohnten – der Legende nach – auf dem gegenüberliegenden Klosterberg ehemalige Tempelritter, die aus Frankreich geflohen waren. Zwischen den Bewohnern der beiden Berge gab es ein Schutzbündnis. Sollte je den Griefenberger Grafen oder den Templern Gefahr drohen, so sollten sie eine Glocke läuten, um den jeweils anderen Bündnispartner zu Hilfe zu rufen. Eines Nachts wurden die Templer überfallen. Sie läuteten die Glocke, um die Griefenberger Grafen zu Hilfe zu rufen, doch vergeblich. Die Templer wurden besiegt und getötet. Der Grund jedoch, weshalb ihnen die Grafen vom Gräfenberg nicht zu Hilfe geeilt waren, war, dass sie selbst ihre Bündnispartner überfallen hatten. Als der Erzbischof von Mainz von dieser Tat erfuhr, ließ er die Burg der Griefenberger Grafen schleifen und die Grafen selbst hinrichten. Seitdem wandeln auf dem Gräfenberg „von Zeit zu Zeit drei finstere Gestalten, nicht in ritterlichem Schmucke, sondern vermummt wie Räuber, mit großen Schlapphüten“.

Mein täglicher Schulweg führte mich an Getränke Röpke vorbei. Im Untergeschoss des Einfamilienhauses lagerten die Getränkekisten. Der Sohn Heiko war ein Schulkamerad und die Spezi und Orangenlimonade mein Lieblingsgetränk. Wenn ich heute durch unsere großen Lagerhallen schlendere, nehme ich oft den gleichen Geruch von damals auf. Wenn mein Chef Gerhard Kiesel diese Zeilen liest, wird er mir bestimmt zustimmen. Er hat sein Getränke Unternehmen auch aus einer kleinen Garage heraus gegründet. 

Steil ging es in den Ort, auf der rechten Seite die einzige Tankstelle, wir passieren den alten Friedhof, nicht mehr weit auf der linken Seite, der Schuster Amrhein. Ein kleiner hagerer Mann mit einem verschmitzten Lächeln im Gesicht. Von seinem Fachwerkhaus blickte er aus seinem kleinen Fenster hinter Türmen von alten Schuhen, die er alle noch reparieren musste, auf die Straßenseite. Er hatte alles im Blick. Auf Termin hat er nicht gearbeitet. Aber meine Fußballschuhe hat er besonders schnell geflickt. Danke. 

Rechts die Feuerwehr, daneben die einzige Telefonzelle in Gelb, gegenüber das Grüne Tal mit Metzgerei, an der Seite der Schaukasten des Fußballvereins. In diesem bescheidenen Schaukasten spielte sich das Leben ab. Besser als jede Tageszeitung. Ah, ja, ich steh auf dem Spielberichtsbogen. Mit der Trikotnummer 5 für den Libero und die 10 hatte natürlich der Olli. In der Metzgerei gabs die besten Knackbeisser. Waren aber immer vergriffen oder noch zu frisch, mussten ein bisschen abgehangen sein. Olli hat mir einen Trick verraten: “Du musst die Würste ins Gefrierfach packen, dann schmecken sie am besten.” Mir läuft heute noch das Wasser im Munde zusammen. 

Man beachte den Schaukasten…

Nun haben wir den Stachus, die Ortsmitte erreicht. An der Ecke die Sparkasse und gegenüber der Bäcker Müller. Dort kaufte ich mir von meinem Taschengeld einen Mohrenkopf im Brötchen auf dem Weg zur Schule. Das geschmierte Leberwurstbrot meiner Mutter gab ich konspirativ Martin, meinem Freund und Sitznachbar. An der Seite wohnte der Fußballtrainer, sein Sohn Michael war mein Schulkamerad, so spielten wir oft im Innenhof Fußball. Er der Torwart, ich der Stürmer. Sein älterer Bruder Thomas (mit einer Behinderung zur Welt gekommen) auf dem Dreirad gab klare technische Tipps. Inklusion war damals schon gelebt. 

Was heute als unverpackt wieder richtig modern wird, war damals der Tante-Emma-Laden, die Vrone. Ich hab’ es geliebt dort meine Süßigkeiten aus den Holzschubladen zu bekommen. Ich kann mich noch an einen Satz meiner Mutter erinnern: die Vrone wird nicht immer mit den besten Waren vom Großhändler beliefert. Das fand ich ungerecht. So wurde das Geschäft weniger und der Laden geschlossen. Aber ich bin froh, Veronika Steigerwald kennengelernt zu haben. Wird die nächste Generation das später von einer Aldi oder Lidl Filiale auch mal sagen? 

Gegenüber schnell noch zur Maria in die Metzgerei Lisges auf ein Stück beste Fleischwurst. Lecker! Ihr gehörte auch der Gasthof „Zum Löwen“, der schöne Biergarten unter einer prachtvollen Linde und im Obergeschoss befand sich ein großer Tanzsaal. Man ging zur Maria. Herzlich, authentisch, bodenständig. Sie hatte das “Rollermischer Herz” am rechten Fleck. Ein, zweimal im Jahr kamen auch fahrende Marktbeschicker vorbei und verkauften ihre Schuhe und Textilien in dem Saal. Dort habe ich meine ersten Fußballschuhe her. Von adidas, die “Pierre Littbarski”, jetzt nur noch die gleichen Tricks und die gleichen Moves im Training. War ich stolz. 

Eine Institution war natürlich der Eyrich. Der Edeka im Dorf. Er hatte alles, oder konnte alles besorgen! Mit seinem Mercedes Benz fuhr er auch vollbepackt in die verwinkelten Dörfer des Spessarts um die Menschen mit dem nötigsten zu Versorgen. Ich glaube, Konrad Eyrich stand noch mit 90 hinter der Kasse. Es war seine Pflicht und Berufung zu gleich. Mein Bruder Max hatte die letzten 70er Jahre Hemden aus 100% Polyester abgestaubt. Kult. Ich hab’ ihn dafür gefeiert. 

Es ging in den Burgweg. Auf halber Höhe wohnte mein Klavierlehrer, Herr Thomas Lippert. Ja, ich hatte Klavierunterricht! Ich bin unmusikalisch. In der 3. Klasse im Fach Musik wurde ich aufgerufen, an die Tafel zitiert und sollte vorsingen. Ich glaube, Frau Hagitte, die Grundschullehrerin taten schon die Ohren weh, aber sie ließ nicht locker und mit einer: “6, Setzen!” strafte sie mich vor der ganzen Klasse ab. Das war der Ansporn mein musikalisches Talent doch noch zu fördern. Ein Klavier wurde besorgt. Jetzt war ich der Stolz der Oma. 2 Jahre hab’ ich eisern durchgehalten, aber bei „Figaros Hochzeit“ war Schluss. Herr Lippert war nicht der Meinung, dass ich talentlos sei, ein bisschen mehr Üben würde schon Erfolge bringen. “Warum kann ich locker zehnmal den Ball hochhalten, warum bin ich der letzte auf dem Feld beim Völkerball? Warum werde ich als erster ins Fußballteam gewählt? Weil ich Talent habe,” sagte ich ihm als 9-jähriger Steppke. “Und warum sind meine Hände zwischen den Weiß – Schwarzen Tasten nicht so flink?” Ja, insgeheim wusste er schon, das wird nichts mit mir, aber die 10 Mark pro Stunde waren ja auch bei einer Niete das gleiche Geld, dachte er insgeheim. 

So, nun noch den Buckel hoch, dann haben wir meine Grundschule erreicht. Frau Müller, Frau Hagitte und Herr Friedel, so hießen meine Lehrer. Der Ort meiner friedvollen Schulzeit, nur vor dem Hausmeister musste man sich in Acht nehmen! Der hat schon mal Schläge verteilt.  

‘I Never Had Any Friends Later On Like the Ones I Had When I Was Twelve.’ 

Ich erwache aus meinen Tagträumen, bin immer noch im Windschatten der Radbande. Genannt die Strombergbuben. “Hey Basti, du fährst heute so komisch auf deinem Rennrad, als wäre es dreimal zu klein,” rief Benni von der Seite. “Ach, wirklich” und schmunzelte innerlich. “Espresso Stopp im Kuchenglück” kündigte Präsident Charlie an. “Ja, ich nehm‘ ein Mohrenkopf im Brötchen von der Bäckerin Rosel,” verwunderte Blicke von allen Seiten! 

Es sind meine Rosen des Winters. Es sind meine Erinnerungen. Es ist mein Leben.  

Bleibt gesund, bleibt mir treu. Der Coach. (Euer Basti)

Zugabe

die Bande unterwegs

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