Destination: Orendelsall
„Fahr das Loch zu“, brüllt Präsident Charlie von hinten Michel an. Ich muss innerlich schmunzeln, wir fahren gemütlich an dem Neckar Radweg auf Höhe Heilbronn entlang. Haben schon über 100 km in den Beinen. Sind wie kleine Kinder auf ihren schnellen Rennmaschinen, denk ich mir. Über diese Tour an einem Sonntag im April mit den Strombergbuben möchte ich euch gerne erzählen.
Seid Jahren laden Mela und Sven in ihrem Ferienhaus nach Orendelsall ein. Ein kleiner verwunschener Ort in den Hügeln im Hohenloher Land. Es gibt Bier und Wein und Rote vom Grill. Ein idyllischer Ort. So war es uns eine Freude mit den Strombergbuben uns auf den Weg machen zu dürfen. Präsident Charlie, Stefan aus Zaberfed (30 km Anreise) und der Coach trafen sich 8:30 Uhr an der Kuh (Kuriosum, Kunstinstallation) in Bietigheim. Wir hatten 60 km über die Löwensteiner Berge geplant zur Destination Orendelsall. Wir sammelten noch Marc ( 20 Mille, fährt 20.000 km im Jahr) Thomas der Jugendleiter, Michel (bekannt aus einigen gemeinsamen Abenteuern) und Christian (der Youngster) ein. So waren wir 8. Kristian aus Schwäbisch Hall schickte uns seinen Live Standort, wollte uns entgegen kommen. Nr.9. Der Wind blies mir gleich schön ins Gesicht, so versteckte ich mich hinter den starken Jungs.
Über Steinheim an der Murr radeln wir ins Bottwartal. Es wurde viel geplaudert, wir hatten uns lange nicht gesehen und uns viel zu erzählen. Es ging natürlich um die technische Details an unseren Rennmaschinen. Da bin ich raus, so möchte ich euch einen Wein Tipp geben. Es ist das VDP Weingut Graf Adelmann ,residiert herrlich auf der Burg Schaubeck in Kleinbottwar. Der junge Felix Graf Adelmann trägt die Verantwortung und er macht es gut. „Herbst im Park“ war der erste Wein Württembergs nach einem französischen Bordeaux Vorbild. Ein Cuvée aus verschiedenen Sorten im im Holz (im Barrique, 225 l kleine Holzfässer aus Französischer Allier Eiche) ausgebaut. Wegweisend. Und der Name Programm. Tiefgründig, warm, lang am Gaumen. Wie der grosse Park auf Burg Schaubeck.Bewacht von Anton IV, der Pfau.
Werden sie schon am ersten Berg attackieren? Etzleswendel und hoch zur Löwensteiner Platte war der KOM ( King of Mountain) zu holen. Ich war gespannt. Marc, Michel und Stefan machten Tempo. Charlie sprang noch an das Hinterrad, ich war raus, schaltete aufs kleine Kettenblatt. Marc erhöhte die Trittfrequenz und gewann den KOM. Er war an diesem Tag von niemandem zu schlagen. Oben wartete schon Kristian aus Schwäbisch Hall und so waren wir jetzt zu Neunt in der Abfahrt. Michel schoss an mir vorbei und bog als erster zum Breitenauer See ein. Ein Naherholungsgebiet. An der Ecke die Winzer vom Weinsberger Tal. Erst gestern ein Cabernet Franc „Edelstein“ zu meinem Rinderbraten im Glas gehabt. Lecker.
Kristian kennt die Region wie seine Westentasche. So passieren wir abseits befahrener Straßen die Dörfer Eschenau,Wieslensdorf und Scheppach und genießen die weiten Blicke ins Hohenloher Land. Ein Espresso Stop in Öhringen kündigt Präsident Charlie an. Im Schatten der evangelischen Stiftskirche Sankt Peter & Paul nehmen wir auf den Bänken Platz. Junge Konfirmanden treten fröhlich aus der Kirche und freuen sich ihres Lebens. Wir genießen unseren Espresso und die ausgelassene Stimmung an diesem Sonntag in Öhringen. Jetzt noch einen gutes Glas Sauvignon Blanc vom Weingut Fürst zu Hohenlohe – Öhringen oder doch einen knackigen frischen Riesling von Fürstenfass? Nein, weiter gehts, immer weiter!
In Zweierreihe pedalieren wir aus der Stadt.Wir passieren den Limes, entlang am Golfplatz sehe ich an der Ecke Friedrichsruhe. Einst ein romantisches Jagdschloss – heute eine Gourmet-Hochburg und eines der besten deutschen Wellness-Resorts. So die Werbung. Jetzt haben wir es nicht mehr weit eine letzte Abfahrt, ein letzter knackiger Anstieg. Destination: Orendelsall, die Oase von Mela und Sven. Sie begrüßen und herzlich, Momo der junge Mischlingshund wundert sich der komischen Radfahrer mit ihren Sturzhelmen und verspiegelten Sonnenbrillen. Menschen von einem anderen Planeten, nein nur die Strombergbuben on Tour. Ein Kaffee und ein paar Kekse später verabschieden wir uns. Weiter geht’s immer weiter!
Mit Rückenwind, Stefan mit Dampf in den Beinen macht das Tempo an der Spitze, ich rolle im Radbande Peloton. Ich sitze im Bus. Michel ruft mir was zu, ich verstehe durch den Fahrtwind nur Bruchstücke. Kirche in Cleversulzbach, ….Pfarrer,… Volkslied, Mörike……
Von seinem Cleversulzbach schwärmt Mörike in einem Brief von 1837:
„Im Nebel ruhet noch die Welt,
Eduard Mörike
Noch träumen Wald und Wiesen,
Bald siehst Du, wenn der Schleier fällt,
Den blauen Himmel unverstellt,
Herbstkräftig die gedämpfte Welt
In braunem Golde fließen.“
Immer mehr Erinnerung werden geweckt,tief in meinen grauen Zellen hab ich ein Gedicht gefunden:
Frühling lässt sein blaues Band
Wieder flattern durch die Lüfte;
Süße, wohlbekannte Düfte
Streifen ahnungsvoll das Land.
Veilchen träumen schon,
Wollen balde kommen.
- Horch, von fern ein leiser Harfenton!
Frühling, ja du bist's!
Dich hab ich vernommen!
Ich weiss nicht mehr wann und wo ich dieses Gedicht auswendig lernen musste, aber erstaunlich das ich mit der Radbande durch Cleversulzbach radle und mir jede Zeile wieder einfällt. Ich bin in dem Land der Dichter und Denker, ein schönes Land. Eduard Mörike war mit Justinus Kerner befreundet. Nach ihm ist die weiße Rebsorte Kerner benannt, so möchte ich Euch noch einen weiteren Weintipp geben: aus Besigheim von der Felsengarten Kellerei 2022 Justinus K „Fels“. Kaufen!
Ein letzter Anstieg, ein letztes Aufbäumen. Die Kuppe des Wartberg knallen wir mit Tempo, jeder hat die „Kette rechts, jeder will noch Mal Muskeln zeigen. Nochmal in die Fresse. Ist so nen Männer Ding. Im Tal erblicke ich Heilbronn, die Stadt am Neckar.Wir cruisen in die Stadt, queren die Tramm, passieren den Marktplatz mit Ratskeller, es ist nicht mehr weit zum lieblichen Neckar, mitten in das Herz der Stadt. Herrlich!
Die Segelboote voll im Wind, begleiten unseren Weg am Neckar. Schnell erreichen wir Lauffen, Kirchheim ,Wahlheim und Besigheim. Dort trennten sich unsere Wege, jeder Stromberbub sucht seine eigene Route nach Hause. Ich hatte am Ende des Tages 144 km, Michel 173 km und Langdistanz Fahrer Stefan stolze 244 km auf dem Tacho. Aber jeder hatte Spaß, jeder hatte gute Beine, keinen Reifenschaden und ist sicher und wohlbehalten mit vielen Eindrücken aus dem Hohenlohe Land heimgekehrt.Ein perfekter Tag.
Bleibt gesund,bleibt mir treu
Der Coach (Basti)
Verlängerung
Das Gedicht „An den Mai“ stammt aus der Feder von Eduard Mörike.
Es ist doch im April fürwahr
Der Frühling weder halb noch gar.
Komm, Rosenbringer, süßer Mai,
Komm du herbei!
So weiß ich, was der Frühling sei.
- Wie aber, soll die erste Gartenpracht,
Narzissen, Primeln, Hyazinthen,
Die kaum die hellen Äuglein aufgemacht
Schon welken und verschwinden?
Und mit euch besonders, holde Veilchen,
Wär′ s dann fürs ganze Jahr vorbei?
Lieber, lieber Mai,
Ach, so warte noch ein Weilchen!
christa holler
du bist so produktiv, da komme ich mit dem kommentarschreiben kaum nach!! aber bravo, nur zu, immer schreiben, es beruhigt und du erlebst und durchfaehrst alles noch einmal vor deinem geistigen auge, und das intensiviert! ein guter text, der in dieser wunderschoenen , bisher noch nicht vorgestellten landschaft, dem leser neue eindruecke , auch von einem harmonischen maennermiteinander (!) verschafft. ich wurde vom namen eduard moerike und seinen gedichten fasziniert und stuerzte mich gleich in die recherche….mich freuen immer deine eingestreuten kulturellen hinweise, auch so kann sich landschaft erschliessen! ja, fruehling laesst sein blaues band….wer kennt es nicht und wer haette keine erinnerungen damit verbunden! merci. mama
Dari
👍👍👍