Der Streckenposten

Der Streckenposten

oder

die 🇩🇪 Tour

zu Gast in Stuttgart

„Bist du deppert hier die Straße zu sperren!“, wurde ich richtig wütend angeschnauzt. „lch hab zwei kleine Kinder im Auto und der Opa wartet auf sein Essen“ schrie die junge Mutter mich hysterisch weiter an! Andere aufgebrachte Autofahrer kamen dazu ich kam in schwitzen in meiner gelben Warnweste. Was war passiert?

Der Morgen fing eigentlich so schön an. Die Regenwolken der Nacht hatten sich verzogen, die ersten Sonnenstrahlen, herrlich. Ich traf mich mit Marc von der Radbande und wir fuhren plaudern den Neckar entlang. Querten den Neckar und bogen in die Rems, ein kleines verwunschenes Tal in Richtung Schorndorf, mein Ziel als Streckenposten für die Deutschlandtour des Jedermannrennen, ein. Dort sollte ich für 2 Stunden eine Straße sperren. Wir trafen auf die Stuttgardia Kumpels zur Einsatzbesprechung. Die Warnwesten wurden verteilt, die letzten Anweisungen. Ich war auf meinem Posten. Das Rennen konnte beginnen.

Der Streckenposten

Die Deutschlandtour, ein vier Tages Rennen der Profis und das Finale in Stuttgart. Auf der Theodor – Heuss Straße, genannt einfach „Die Theo“. Ein Spektakel. Die ganze Stadt, die ganze Region im Radsport Fieber. 2018 war die Tour schon Mal zu Gast in meiner Wahlheimat und ich meldete mich zum Jedermannrennen an. 100 km über gesperrte Straßen, über gesicherte Kreuzungen, einmal wie sich ein Profi in einem grossen Peloton fühlen. Gross.

Ja, mit dieser Erinnerung wollte ich Mal dazu beitragen so ein grosses Rennen als Streckenposten zu tragen. Mal die andere Seite der Medaille, mal „Einer“ von den hunderten von ehrenamtlichen Helfern zu sein. Ein kleines Rädchen. Ohne die so ein Rennen nicht möglich wäre. Aber auf das was dort kam war ich nicht vorbereitet….

Zur erst kamen die Polizei Motorräder mit Blaulicht in einem höllischen Tempo, dann das Einsatzfahrzeug mit der Roten Flagge. Das Zeichen für die Komplett – Sperrung der Rennstrecke. Wenige Minuten folgte schon eine Spitzengruppe. Die ersten waren verdammt schnell unterwegs. lm Ziel hatte der Beste ein Stundenmittel von 42 km/h auf der Uhr. Eigentlich schon Profi Tempo! Danach kam lange nichts. lmmer musste ich genervte Autofahrer zurück schicken. Viele wollten mit ihren Kindern ins benachbarte Freibad, einige einfach nur nach Hause. Alle brauchten Geduld an diesem Sonntag in Schorndorf. 3200 Rennradfahrer nahmen Teil und leider sind nicht alle so gut trainiert. Für einige war es auch ihr erstes Rennen. 25 km/h ist die mindest Durchschnittsgeschwindigkeit, danach kommt nur noch der Besenwagen. So mussten wir natürlich lange warten an meiner Kreuzung. Den ein oder anderen Autofahrer konnte ich ermuntern auszusteigen und dem Rennen beizuwohnen. Unter ständiges klatschen, aufmunternde Worte, motivierende Rufe feuerten wir gemeinsam jeden Amateur an. Jeder hat es verdient, jeder hat sein persönliches Leistungsvermögen, sein persönliches Ziel und wenn es nur ankommen und nicht vom Besenwagen eingesammelt zu werden bedeutet. Kurze Zeit später kam das Polizei Fahrzeug mit der grünen Flagge, das Zeichen meine Sperrung aufzuheben. Ich war erleichtert, bedankte mich bei allen für ihre Geduld. So schlimm war es doch nicht. Aussteigen, locker bleiben, sich in andere Hinein Versetzen, raus aus seinem Ego Tunnel eine halbe Stunde seines Lebens für ein Rennen, für den Radsport geben. Danke. Kurz traf ich mich noch mit meinen anderen Strecken Posten von der Stuttgardia und jeder erzählte noch eine weitere Anekdote an diesem Tag in Schorndorf.

Kumpels von RS Stuttgardia 1886 ev.

Ich verabschiede mich, schnappte mein Merida Reacto und fuhr auf der gleichen Strecke, überholte den Besenwagen, überholte erschöpfte Rennfahrer und winkte den anderen Streckenposten zu, die gerade ihre Straßen Sperrung abbauten. Jetzt hatte ich Bock ein Rennen zu fahren. Ich wurde immer schneller. Rein nach Stuttgart, den Pragsattel hoch im Wiegetritt am Killesberg vorbei feuerten mich die Zuschauer an. In meiner Phantasie war ich jetzt der Polit, der Egan Bernal oder doch der Adam Yates, führender der Deutschland Tour. Mit Tempo im Stile eines Abfahrers, tief klebend am Oberrohr raste ich den Stuttgarter Kessel runter. Jede Kurve voll ausfahren, wie auf Schienen, mit der Gewissheit:Die Straße ist für mich gesperrt, es kann kein Gegenverkehr kommen, kein Auto aus einer der vielen Kreuzungen. Allein auf meiner Rennstrecke bog ich auf die Zielgerade ein. Die Theodor- Heuss Straße, genannt „Die Theo“. (die Poser Strasse am Abend für PS starke Autos) Nochmal aus dem Sattel, jetzt 50 km/h und schneller stürmte ich durch das Ziel, begleitet mit Applaus der vielen Radsportfreunde aus ganz Deutschland, links und rechts der Bande, klopfend mit den Fäusten auf die Werbebande, ein Trommelwirbel zum Finale. Nur für mich. Danke.

Ich überhole den Besenwagen

Siegerehrung

Jetzt, im Ziel, ließ ich mich treiben, schlenderte die Theo ab, sog die autofreie Stadt in mich auf. Sah glückliche Finisher, mit ihren Medaillen, stolz baumelnd an der Brust. Benni von der Radbande kreuzte meinen Weg. Er ist unter die Top 100 gefahren. Klasse, und klopfte ihm anerkennend auf die Schulter. Der Hubschrauber kündigte die Deutschlandtour an. Drei Runden mussten in der Stadt gefahren werden. 3 Mal den Herdweg mit seiner brutalen Steigung. Was für eine Show. Das ist Radsport zum Anfassen. Ich bin begeistert. Michel von der Radbande im Stromberg/RS Stuttgardia 1886 ev. kommt vorbei, genau in diesem Moment kracht ein Profi Rennfahrer in die Bande. (Matthias Jensen, zum Zeitpunkt 4 . in der Gesamtwertung, gute Besserung) So wie bei mir im Jedermannrennen schildert er seinen Unfall und zeigt mir seine Blessuren. Der Besenwagen hat ihn eingesammelt. Sieg und Niederlage liegen so dicht beieinander. Aber dabei sein, sich einbringen. Als Profi, Amateur, als Zuschauer, Funktionär oder als Streckenposten. Nur so wird daraus ein geiles Ding. Bei einem Glas Bier am Palast der Republik lassen wir den Radsport Tag ausklingen. Lecken unsere Wunden. Im Hintergrund hören wir die Englische Nationalhymne. Ein schöner Tag in Stuttgart.

Wunden lecken
So lief es bei den Profis

Zugabe

Strassenkunst

Dieses Foto hat Kristian bei einem Rad Rennen aufgenommen. Die Kinder (das kleine Mädchen am Bildrand mit ihrem kleiner Bruder🧸) am Strassenrand haben dieses Kunstwerk erschaffen. Er war so begeistert. Im Gespräch konnte er beide Geschwister für das Kinderradrennen begeistern und motivieren. So kann gelebter Radsport Hand in Hand mit den Anwohnern, mit der Bevölkerung gelingen.🥰

Sunday bloody Sunday

Sunday bloody sunday

oder

How long must we sing this song ?

Es ist kein Sonntag, kein blutiger Sonntag. Es ist heiss an diesem Donnerstag im Juni, sehr heiss. Ich stehe im Wiegetritt mit meinem Merida Reacto in der Vogesen Wand. Ich nehme meinem Radhelm ab um meinen Kopf mit Wasser zu kühlen. „Helm wieder aufsetzen“ brüllt Stefan von der Radbande mir zu, sonst bekommst du einen Sonnenstich! Vor hundert Jahren im 1.Weltkrieg hätte mich ein französischer Scharfschütze ins Visier genommen. Kopfschuss.

Auf Einladung unserer französischen Radfreunde vom VCV Valréas zu einem gemeinsamen Radsportcamp in Gérardmer, Vogesen bin ich mit den #Strombergbuben kommend aus Freiburg unterwegs. Ich denke an den Krieg im Donbass, (der sich zu einem erbitterten Stellungskrieg entwickelt) ich summe sundy bloody sunday von U2 vor mich her. How long, how long must we sing this song? Ja, vor hundert Jahren war hier in den Vogesen auch ein erbitterter Stellungskrieg. 30.000 deutsche Soldaten und bestimmt genauso viele Franzosen haben hier in den Bergen ihr Leben verloren. Was wird mich erwarten? Wie werden wir empfangen? Als Freunde, als Gegner, als Feinde oder als Brüder im Geiste? Wir erreichen Col de La Schlucht, rollen nach Gérardmer. Ein feiner hübscher Ort in den Vogesen Bergen auf Höhe von 600 Meter gelegen, unser Domizil für die nächsten 4 Tage. Die Sonne lacht, unsere französischen Radfreunde erwarten uns schon sehnsüchtig und bereiten uns einen warmen herzlichen Empfang. Wir verabreden uns für den nächsten Tag um 9:00 Uhr. Dann führt uns die Tour zum Grand Ballon! Ensemble.

Am Abend kochte Felix ein grossen Topf Spaghetti für die hungrigen Strombergbuben. Keiner von uns war je hier in den Bergen, keiner kennt die Steigungen, keiner kennt die gefährlichen Abfahrten. Es wird noch angeregt diskutiert. Mit vollem Magen und ein Glas Bier Kronenbourg  geht jeder mit seinen eigenen Gedanken, Wünschen und Hoffnungen auf den nächsten Tag zu Bett.

Die Sonne lachte, nach einem Petit Dejeuner mit frischem Baguette, knusprige Croissants mit dick Butter drauf, einem Schluck Kaffee erreichen wir mit unseren schicken Merida Reacto, Renn Maschinen, die im Sonnenschein blitzten, unseren Treffpunkt hoch über Gérardmer im Skigebiet. Ein grosses Hallo Bonjour und shake hands mit unseren Freunden aus Valréas Es war angerichtet.

Le Markstein 1183

Das Peleton angeführt von Bruno Lauzier, setzte sich in Bewegung. Gemeinsam starten, gemeinsam ankommen. Schön ging es aus Gérardmer am See auf sanften Strassen entlang heraus. Das Tempo war moderat. Felix und Marc waren nervös, wollten schneller, zeigen was sie drauf haben. Wie junge Rennpferde beim Start in der Box. Nur ruhig Brauner, nur ruhig. Die ersten kleinen Cols wurden gemeinsam erreicht. Ich sah besorgt in den Himmel. Regenwolken zogen auf, es wurde merklich kühl. Ich hatte nur eine kleine Windweste dabei. Ein Fehler. Aber ich wollte Gewicht sparen. Wir bogen in die Passstrasse zum Grand Ballon ein, jetzt flog das Feld auseinander, jeder musste sein Tempo finden, sein Rhythmus. Die jungen fuhren jetzt wie entfesselt, sie waren in ihrem Element. Die jungen Franzosen hatten die Aufgabe bekommen den Deutschen als Wasserträger und Edelhelfer zur Verfügung zu stehen. So hatte ich stets den starken Teddy und  Alban an meiner Seite. Wie zwei französische Hütehunde liessen sich mich nicht aus dem Blick. Oben kurz vor am Gipfel spürte den Eisregen auf meiner Haut, der Wind peischte mir direkt ins Gesicht, die letzten kehren, den Gipfel im Blick. Adrenalin, pure Freude. Oben auf der Station, Schulterklopfen, rein ins Warme. Ein willkommener und wichter Espresso Stopp. Die Franzosen waren gut vorbereitet, hatten einen Besenwagen dabei. Teilten das mitgebrachte Baguette mit uns. Eine nette Geste!

So, nach dieser Pause, raus in die Kälte, raus in den Regen, raus in den Wind der um den Grand Ballon pfeifte. Charlie der alte Haudegen zog sich schnell noch eine alte Zeitung unters Trikot. Ein Trick aus alten Renntagen in denen mann  noch mit schweren Baumwollklamotten und mit Radschuhen die man an die Pedale gezurt hatte die Berge erklomm, berichtet er mir.

Alter Haudegen Charlie

Es gibt eine Strasse, die nennt sich Route de Crêtes. Eine Strasse die keine Dörfer verbindet. Eine Strasse im Schutze der Gipfel auf französischer Seite. Gebaut im 1.Wektkrieg um die Militärs mit Nachschub zu versorgen. Auf dieser Strasse fahre ich mit Tempo im Windschten der schweren Jungs 1. Präsident Wesley Lane und 2. Prasident Fabrice Winaud vom VCV Valréas. Nur nicht abreissen lassen, ich mach mich klein auf meinem Merida Reacto, das Tempo ist mörderisch. Immer wieder geht Fabrice aus dem Sattel mit seinen dicken Oberschenkeln. Hält das Tempo hoch, keine Verschnaufpause, selbst hinter diesem französischen Qualitatswindschatten! Aber wie geil ist den das. Hundert Jahre nach Kriegsende sause ich diese Strasse entlang. Kein Atilleriefeuer, keine Scharfschützen muss ich fürchten. Nur eins: drannbleiben!

Route de Crêtes

In Géradmer kommen wir dann gemeinsam  (wie versprochen) wieder an. Ein freudiges „a demain“ von unseren Französischen Radfreunden aus Valréas. Der nächste Tour Tag hat es in sich. 150 km 3000 Höhenmeter sind im Roadbook angegeben. Hoffenlich wird das Wetter besser. Sonst sterbe ich.

Planche des Belles Filles oder Super Planche des Belles Filles, diese Worte lassen jeden Rennfahrer erschaudern. Dort wurde die Tour de France schon entschieden, auf dem Weg zum Gipfel haben sich Dramen abgespielt. Greipel hatte seine Rennmaschine über die Ziellinie getragen. Dort wollen die Franzosen mit uns hoch. Was haben sie mit uns vor? Wollen sie uns leiden sehen?

Super Planche des Belles Filles 🥵

Die Morgensonne über Gérardmer lachte, die Gewitterwolken der Nacht hatten sich verzogen. In zweier Reihen führte uns Bruno und Jacques aus dem Ort über den ersten kleinen Col de Rupts. Meine Beine waren gut, erstaunlich gut. Mit Tempo wie an einer Perlenkette gereiht fuhren wir die schönen Täler der Vogesen entlang und in Windeseile errichten wir Thillot und begrüßten die mit dem Auto angereisten Radfahrer, die sich ein paar Kilometer sparen wollten. Im grossen deutsch französischen Peloton fuhren wir freudig weiter. Nichts ahnend was dort noch auf uns zu kam. Der erste Anstieg, die ersten steilen Rampen, ich glaub die wollen uns verarschen, die wollen uns grillen, die wollen uns leiden sehen. Das kann doch keine normale Strasse sein? Über 18%. Ich kotz. Ich fahre mit einer Profimaschine, Kompakt 52/36, Kassette 11/32. Im Wiegetritt versuch ich meinen Rhythmus zu finden. An meiner Seite Präsident Charlie. Gottseidank, er muss auch leiden, muss auch kämpfen. Oben am Col wird jeder noch mal die letzten Meter angefeuert. Ich entdecke ein Schild. Ja, hier ist auch die Tour de France gefahren und Thibaut Pinot hält mit 11:28 Minuten den Rekord.

Col de Chevreres 916 Meter

Ein Erinnerungsfoto, warten auf den letzten. Einfach guter Radsport. Jetzt die Abfahrt nach Planche les Mines, der Start in den Berg, in den Mythos, in dem schon die Tour de France entschieden worden ist. Teddy steckt mir noch schnell einen Riegel zu, ich nehm‘ ein Schluck aus der Trinkflasche. Jetzt ist jeder auf sich allein gestellt. Ein grosses Poster am Wegesrande. Jan Ulrich in lebensgross auf seiner Rennmaschine mit entschlossenen Blick motiviert mich auf meine letzten Reserven zu greifen. Ich geb‘ alles. Die letzte Kehre, die letzten 18 %! THIBAUT PINOT , THIBAUT PINOT, THIBAUT PINOT in grossen Buchstaben auf der Strasse signalisieren mir das Finale. Ich versetze mich in einen Tour Sieger. Das Trikot zu ziehen, freihändig nehme ich die Siegerpose ein. Applaus, Applaus  Applaus. Fahre ich dem Ziel entgegen. Gutes Gefühl, so ein Tour Sieg.

Ein Tour Sieg?

Wer nun gedacht hat, das war’s. NEIN. Ein Col musste noch erklommen werden. Ballon de Servance 1216 Meter Hoch. Kleine Strassen, frei von Autoverkehr, frei von Motorrädern, frei von jeglichem Lärm der Civilization. Charlie nimmt Jacques Leclerc im Windschatten mit, jetzt sind die Rollen vertauscht. Der Deutsche gibt dem Franzosen die Unterstützung die er braucht um gut den Berg zu erklimmen. Ich lass abreissen, muss meinen eigenes Tempo mit meinem Merida Reacto am letzten Col finden. Die Strombergbuben wissen: Der Coach kassiert sie alle in der Abfahrt. Und so wars. Den Bremspunkt immer am Limit, nochmal aus der Kurve beschleunigen, ungläubigen, verwunderten Blicke meiner Radfreunde aus Valréas rausche ich an ihnen vorbei in das Tal und erreiche als erster das Ziel. Kleiner Spass. Schön wars.

Bruno, Teddy, Jaques, Pierre, Alban, Maurice, Didier kamen an mich herangefahren, klopften mir herzlich auf die Schultern. Ein kühles Bier und ein gutes Abendessen heute Abend bei uns sprach der 1.Président Wesley Lane die Einladung aus. Das habt ihr Euch verdient, lobte Bruno die deutsche Equipe! Grosse Freude bei den Strombergbuben. Am Abend wurde gut getrunken, gut gegessen, es wurde viel gelacht! Präsident Charlie hielt eine Staatstragende Rede und betonte wie wichtig die Deutsch – Französische Freundschaft für Europa ist. Wir haben viel in den letzten 70 Jahren erreicht. Aber das erreichte zu behalten, zu erhalten, sind immer wieder Anstrengungen nötig. Nichts ist selbstverständlich. Wie am Berg: wir brauchen Wasserträger und Edelhelfer. Das Peloton ist immer stärker als der einzelne Ausreisser. Überwinden wir Grenzen, überwinden wir Sprachbarriere, überwinden wir Vorurteile. Liberté, Égalité, Fraternité

Charlie und Bruno tauschten die Trikots und bekräftigten durch diese Geste ihre Freundschaft. HERZERGREIFEND

Charlie💪🇩🇪 et Bruno🤝🇨🇵

Radfahren ist kein Spiel, Radfahren ist ein Sport. Hart, unnachgiebig und unerbittlich und man muss auf vieles verzichten. Man spielt, Fussball oder Tennis oder Hockey. Aber man spielt nicht Radfahren - Jean de Gribaldy

Zugabe

für Profis

Lichtenstern 🌠

Lichtensterntour

oder

mein Weg nach

Kleinsachsenheim

Mit Felix und Marc von den Strombergbuben nehme ich an der RTF Lichtenstern Radtour teil. Es wird ein heisser Tag im Mai. Pünktlich um 8:00 Uhr treffen wir uns im Pausenhof des Gymnasium Lichtenstern in Sachsenheim , schreiben uns in die Starterliste ein und gehen gemeinsam auf die 138 km lange Schleife durch den Stromberg und Kraichgau. Die Strecke ist gut ausgeschildert. Wir passieren Unterriexingen, biegen hoch nach Markgröningen, die Schäferlauf Stadt ein. Im Segment nach Hochdorf macht Marc richtig Druck und holt sich den ersten KOM an diesem Tag. (King of Mountain) Ich lass es noch gemütlich angehen. Marc und Felix lassen mich nicht stehen und ziehen mich im Windschatten am Hügelgrab der Kelten vorbei. Weiss auch nicht warum ich gerade jetzt an meine Anfangszeit in dieser Region denke. Aber es ist alles wieder so präsent. Und das ich mal auf Hoher See mit der MS Vistamar alle Sachsenheimer Bürger in der Bietigheimer Zeitung grüßte, da konnte ich nicht mal im Traum dran denken, dass mein Lebensmittelpunkt und meine grosse Liebe dort in diesem Dorf sein werden.

Es war der Nikolaus Tag 2007 auf der Weihnachtsfeier des TSV Kleinsachsenheim der mein Leben ein neue Richtung geben sollte. Ich war mit einer Delegation aus Valréas, der Patnerstadt aus Südfrankreich, eingeladen. Und mir gegenüber sass ein hübsches Mädchen. Wir kamen ins Gespräch. Sie lobte mein gutes Deutsch. Ich tat noch ein bisschen geheimnisvoll, so hab ich ihr Interesse wohl geweckt.

ein hübsches Mädchen 😍

Eine schnelle Radgruppe schliesst auf und macht mächtig Tempo. Wir nehmen Geschwindigkeit auf und folgen dem Peleton, passieren Vaihingen an der Enz, elegant führt der Radweg durch die Stadt, nehmen Kurs auf Ensingen. Heimat der Ensinger Sport Quelle. Mein Puls geht über 150 Schläge in der Minute. Kein gutes Zeichen. Ich lass abreissen. Marc und Felix zeigen an der Spitze noch ein paar Muskeln, aber sie lassen mich nicht aus den Augen und nehmen das Tempo raus. Ich kann wieder den Qualitatswindschatten der Strombergbuben nutzen!

eine RTF oder doch ein Rennen🚀

Was hatte ich schon zu verlieren? Konnte ja nur gewinnen! So packte ich mein Bündel in Valréas und zog in die Gerokstrasse ein. Ich bekam eine neue Familie. Herbie, der Vater begrüßte mich wie einen verlorenen Sohn und Elfie, die Mama schloss mich in ihr Herz. So wurde der Start in mein neues Leben mir sehr leicht gemacht.

eine Familie aus Kleinsachsenheim

In Häfnerhaslach der erste Verpflegung Stopp. Wasser zum auffüllen der leeren Trinkflaschen, Bananen, Äpfel, Müsliriegel für den schnellen Hunger. Lars und Christian von den Alpentretern kreuzten unseren Weg und fuhren ein paar Meter mit. Sie waren der Anfang meiner Radsport Leidenschaft . Die Allstars nahmen mich damals als Rookie in ihr Team auf. Eine gemeinsame Reise nach Valréas mit dem Angriff auf den Mont Ventoux bleibt eine schöne Erinnerung.

Die Alpentreter💪

Herbie war im Dorf gut vernetzt und stellte mich seinen Freunden vor. Er war Gründungsmitglied und Vorstand der Stockschützen aus Hohenhaslach. So versuchte ich mich auch mal bei diesem Stockschiessen. Grosses Talent hatte ich nicht. Machte auch nichts, der gesellschaftliche Teil bei einem Glas Hohenhaslacher Kirchberg mit seinen Freunden war der Grund unseres Spieles. Ab und an lief er kurzerhand in die Küche und bruzzelte uns allen ein leckers Steak. Darin war er ein Meister. Lecker.

Wir passieren den Ottilienberg, ein alte Kultstätte. Uns überholten genervte Boschler: eine Radsportverein der Firma Bosch. Was für eine komische Radbande wir wohl seien und ihnen nicht gleich den Weg frei machen? Wir sind die Radbande aus dem Stromberg, genannt die Strombergbuben, riefen wir ihnen locker nach😉 Später sahen wir sie wieder, hatten sich verfahren! 😜

Das berühmte Kloster Maulbronn war unsere letzte Verpflegungsstation. Nochmal Trinkflaschen füllen, ein Apfel sollte reichen für die letzten 30 km. Der Anstieg von Sternenfels hoch nach Häfnerhaslach war die letzte ultimative Challenge. Links und rechts entlang der Serpentinen sah ich erschöpfte Radsportler. Ja, mit 1800 Höhenmeter hat diese RTF, geplant und durchgeführt von den Schülern des Lichtensterngymnasium, es ganz schön in sich. Nur mit einer starken Mannschaft, mit Edelhelfern und Wasserträgern kommt man entspannt ans Ziel. 🏁 Marc, genannt 20Mille (fährt 20.000 km Rad im Jahr) zog mit grossem Kettenblatt noch locker an mir vorbei. Er hatte noch nicht genug. Er wollte mehr. Über welliges Terrain hielten wir Kurs auf Sachsenheim. Felix, genannt Ganna (nach Filippo Ganna von Ineos Grenadier) pedalierte abwechselnd mit Marc im Wind. Ich, luschend am Hinterrad. 😜

Das ich jemals diesen Blogeintrag über eine TOUR Lichtenstern in Sachsenheim schreiben werde, verdanke ich Herbie, Elfie und Miri. Sie gaben mir den Halt im Leben den ich damals brauchte. Sie nahmen mich in ihre Familie auf. Eine Familie aus Kleinsachsenheim. DANKE.

Bleibt gesund, bleibt mir treu. Euer Coach.

Verlängerung

die Tour zum nachfahren
1800 Höhenmeter

Ich bin wieder hier

La Corima 2022

Ich bin wieder hier
In meinem Revier
War nie wirklich weg
Hab mich nur versteckt
Ich rieche den Dreck
Ich atme tief ein
Und dann bin ich mir sicher
Wieder zu hause zu sein

Was ist alles passiert! Seit 2019. Mein letztes Rennen. Traurig, melancholisch schlenderte ich damals mit meinem Merida Reacto durch die Gassen von Montélimar. Die heimliche Hauptstadt des Nougat. Das Rennen „La Corima“ war Geschichte. Nie wieder, so wollte es die Organisation. Ein kleiner Radsportverein, Le James Velo Club. Es wurde zu viel, es wurde anstrengend. 200 Leute bedarf es dieses einzigartige Rennen über 144 km der schönen Hügel der Drôme Provencal zu organisieren. Ich hatte Verständnis.

Charlie, Geronimo, könnt ihr Euch noch erinnern? Der Kampf gegen den Wind, gegegen den gefürchteten Mistral. Es war ein trauma. Wir hatten es gepackt, zusammen im Wiegetritt auf die Cols, le Vecs, de la Sausse, Col de Valouse, schnell in den Abfahrten und abwechselnd in der Führungsarbeit gegen den Mistral. Hand in Hand der Ziellinie entgegen. Einer für Alle, alle für einen, frei nach d‘ Artagnan.

14 Nationen am Start

Drei Jahre ist eine lange Zeit, eine Ewigkeit. Die Pandemie machte alle Hoffnungen für eine Rückkehr dieses einzigartige Rennen im März zu nichte. Selbst in kleinen Gruppen durfte man in Frankreich nicht mehr Rad fahren. Wie sollte man ein Rennen mit mehr als 2000 Teilnehmern organisieren? Ich war überrascht. Das Rennen sollte am 27.März 2022 stattfinden. Spontan schrieb ich mich in die Starterliste ein. Ich war dabei, konnte es aber immer noch nicht glauben.

Am 24.Februar überfiel Putin die Ukraine. Mitten in Europa tobte der Krieg, keine 2 Flugstunden von mir. Junge Männer starben im Bombenterror und Kugelhagel. Warum? Für was? Ich war schockiert. Ich stelle mich dem Kampf in einem Radrennen, nicht auf dem Schlachtfeld. Ich tue was für Europa, aber möchte auch Muskeln zeigen. Friedlich vor, während und nach dem Rennen – freundschaftliche Bande schliessen. Das Radrennen „La Corima“ in der Ukraine, im Starterfeld mit Franzosen. Russen, Tschechenen, Polen, Rumänen und Finnen. So stelle ich mir Europa vor und nicht auf dem Schlachtfeld! Hier und Heute verspreche ich nach dem Krieg an einem Radrennen in der Ukraine teilzunehmen. Versprochen!

Nervös 🇨🇵

Die letzte Vorbereitung im Stromberg im Windschatten der Radbande war ein Desaster. Ich musste abreissen lassen, mein Puls deutlich zu hoch, enttäuscht verabschiede ich mich von den #strombergbuben und stromerte mit meinem Merida Reacto den Neckarradweg entlang. In Gedanken an das Rennen „La Corima“. Werde ich gute Beine haben, komme ich über die Berge der Drome Provencal und werde ich dem gefürchteten Mistral standhalten?

Gute Beine

Es sollte ein traumhaftes Wochenende in der Provence werden. Sonnig, trocken, Windstill, also beste Bedingungen. Mein Merida Reacto war bereit. Kette geölt, die Reifen auf 8 bar und Wasser in den Trinkflaschen mit einer Banane in der Rückentasche reihte ich mich an das Ende des Starterfeldes. Aufregung, Anspannung, Nervosität. 3 Jahre habe ich auf diesen Augenblick gewartet. Das Leben vor der Pandemie hat mich wieder. Der Krieg ist für die nächsten 3 Stunden ganz weit weg. Der Starter zählt die Sekunden runter: 6, 5,4,3,2,1 Gooooo

Drôme Provencal

Ruhig bleiben, ruhig Brauner, ruhig, nicht zu schnell der Zielgeraden aus Montélimar heraus pedalieren. In keinen Sturz verwickeln. Vor mit legt sich einer gekonnt auf die Fresse, ich kann gerade noch so ausweichen. Jetzt kommt die breite Ausfahrtsstrasse, leicht ansteigend. Ich nehme Tempo auf, das Feld gleicht jetzt einer Ziehharmonika. Hinter schweren grossen Jungs mit dicken Oberschenkel stürme ich im Windschatten an die Spitze des Feldes. Die ersten Hügel meistere ich problemlos, ich fühle mich gut. Am Berg müssen die schweren Jungs abreißen lassen, jetzt muss ich mir neue Wasserträger und Edelhelfer suchen. In der tollkühnen Abfahrt nach Dieulefit muss ich meine ganzen Fahrkünste aufbieten um an den Besten dran zu bleiben

Col Eyzahut

Im Tal hab ich eine gute Gruppe, im Sinne des Französischen Kreisel fliegen wir förmlich dem Ziel entgegen. Mit Tempo biegen wir in den letzten Anstieg ein, hoch zum Col de Eyzahut. Jetzt kann ich den Bergspezialisten nicht mehr Paroli bieten und verliere meine Gruppe aus den Augen. Allein gegen meinen inneren Schweinehund. Allein erreiche ich ich den Gipfel! Ich knalle meinen größten Gang rein. Wie der Radprofi Mohoric vom Team Merida Victorious in der Abfahrt beim Poggio stürme ich entlang der Serpentinen in das Tal. Immer den Bremspunkt am Limit. So sauge ich mich wieder an mein Gruppe und erhole mich im Windschatten. Auf den letzten Kilometer leiste ich auch Führungsarbeit! Ich bin gut drauf. Je suis on plein forme! Es geht nochmals über eine kleine Kuppe, dranbleiben, nicht abreissen lassen. Rein nach Montélimar geht es in einer scharfen 90 Grad Kurve auf die Zielgerade ein. Ich verpasse den Zug. Bin geschlagen. Mit den Sieg hab ich nichts mehr zu tun, ich nehme raus, genieße die letzten Meter, der Jubel der Menschen am Strassenrande.

Im Ziel, ich spüre nichts, keine Schmerzen, keine Strapazen, keine Sorgen. Es geht mir gut, eine zufriedene Leere stellt sich ein. Ein Glücksgefühl ☺️

Bleibt gesund, bleibt mir treu. Der Coach

Ehrenrunde

Unter ukrainischer Flagge 🇺🇦
Très francaise

Stand by me

oder

die Bande vom Gräfenberg

Stand by me, oh, stand by me 
Oh, stand, stand by me 
Stand by me Stand by me oh oh, oh …. 

Das Lied geht mir nicht aus dem Kopf, ein richtiger Ohrwurm. Ich bin mit der Radbande im Stromberg unterwegs, heute mal auf eine Plauderrunde oder auch Babbel Tour genannt. Immer hab’ ich wechselnde Buddys an meiner Seite. Es wird gefachsimpelt über neue technische Details an unseren Rennmaschinen. Ich nicke interessiert mit dem Kopf, bin aber raus, verstehe kein einziges Wort.  “ Basti, hab’ mir ein neues Rad bestellt aus dem Internet, nicht in meiner Wunschfarbe, aber dafür auf Lager”, ruft mir Marc von der Seite zu. “ Ok, ist jetzt das Fünfte in deiner Sammlung! Ja, brauch ich, du weißt, muss für jedes Terrain und Wetter gerüstet sein”, erklärt er mir salopp. Ich nicke und denke an mein erstes Rad: das hab’ ich aus dem Müll gezogen! 

Wir wohnten am Boppengraben, vor unserer Haustür: die Müllgrube aus dem Ort. Ich weiß nicht was alles dort entsorgt worden ist, aber Mülltrennung, Sondermüll und Sperrmüll gab es in unserem Wortschatz damals nicht. Ein spannender Abenteuerspielplatz für mich auf jeden Fall. So zog ich zwischen Reifenteile, Ölkanister, Sperrholz und Kleidungsreste ein kleines Fahrrad aus dem Dreck. Bestimmt musste mein Vater die Reifen flicken und die Kette ölen, aber aus meiner Erinnerung stand es, wie aus einem Katalog bestellt, fahrbereit vor mir. Ein Traum. 

In aller unserer Leben kommt die Zeit in der die Kindheit endet

Eine Zeit, in der nichts mehr ist wie zuvor.

Ich nehm‘ Euch mit, in mein Dorf, in meine Kindheit. Das nächste Haus war 300 Meter entfernt. Genannt, das „Weisse Haus“. Ein Arbeiter Haus für den nahegelegenen Steinbruch in dem einmal Kalk abgebaut wurde. Dort lebten 3 Familien: die Krebsen’s, die Boek’s und ein GI (US – amerikanischer Soldat) mit seiner Frau. Entweder die Kinder waren schon zu alt oder zu jung zum Spielen. In meinem Alter gab es die Patricia, sie war taff, aber halt doch ein Mädchen.

Das Dorf war ungefähr 2 km entfernt. Über einen kleinen Waldweg konnte man sich ein paar Meter sparen. Es ging entlang des Gräfenbergs auf dem im 12 Jahrhundert eine Burg thronte. Dort lebten einst die Griefenberger Grafen. In unserem Baumhaus tief im Wald erzählten wir uns Schauergeschichten und spielten die Sage aus dem Mittelalter der Spessarträuber mit einer selbstgebastelten Ritterrüstung gekonnt nach. Wir waren die Bande vom Gräfenberg. Und ich war natürlich Robin Hood, der Rächer der Enterbten. 

Zur gleichen Zeit wohnten – der Legende nach – auf dem gegenüberliegenden Klosterberg ehemalige Tempelritter, die aus Frankreich geflohen waren. Zwischen den Bewohnern der beiden Berge gab es ein Schutzbündnis. Sollte je den Griefenberger Grafen oder den Templern Gefahr drohen, so sollten sie eine Glocke läuten, um den jeweils anderen Bündnispartner zu Hilfe zu rufen. Eines Nachts wurden die Templer überfallen. Sie läuteten die Glocke, um die Griefenberger Grafen zu Hilfe zu rufen, doch vergeblich. Die Templer wurden besiegt und getötet. Der Grund jedoch, weshalb ihnen die Grafen vom Gräfenberg nicht zu Hilfe geeilt waren, war, dass sie selbst ihre Bündnispartner überfallen hatten. Als der Erzbischof von Mainz von dieser Tat erfuhr, ließ er die Burg der Griefenberger Grafen schleifen und die Grafen selbst hinrichten. Seitdem wandeln auf dem Gräfenberg „von Zeit zu Zeit drei finstere Gestalten, nicht in ritterlichem Schmucke, sondern vermummt wie Räuber, mit großen Schlapphüten“.

Mein täglicher Schulweg führte mich an Getränke Röpke vorbei. Im Untergeschoss des Einfamilienhauses lagerten die Getränkekisten. Der Sohn Heiko war ein Schulkamerad und die Spezi und Orangenlimonade mein Lieblingsgetränk. Wenn ich heute durch unsere großen Lagerhallen schlendere, nehme ich oft den gleichen Geruch von damals auf. Wenn mein Chef Gerhard Kiesel diese Zeilen liest, wird er mir bestimmt zustimmen. Er hat sein Getränke Unternehmen auch aus einer kleinen Garage heraus gegründet. 

Steil ging es in den Ort, auf der rechten Seite die einzige Tankstelle, wir passieren den alten Friedhof, nicht mehr weit auf der linken Seite, der Schuster Amrhein. Ein kleiner hagerer Mann mit einem verschmitzten Lächeln im Gesicht. Von seinem Fachwerkhaus blickte er aus seinem kleinen Fenster hinter Türmen von alten Schuhen, die er alle noch reparieren musste, auf die Straßenseite. Er hatte alles im Blick. Auf Termin hat er nicht gearbeitet. Aber meine Fußballschuhe hat er besonders schnell geflickt. Danke. 

Rechts die Feuerwehr, daneben die einzige Telefonzelle in Gelb, gegenüber das Grüne Tal mit Metzgerei, an der Seite der Schaukasten des Fußballvereins. In diesem bescheidenen Schaukasten spielte sich das Leben ab. Besser als jede Tageszeitung. Ah, ja, ich steh auf dem Spielberichtsbogen. Mit der Trikotnummer 5 für den Libero und die 10 hatte natürlich der Olli. In der Metzgerei gabs die besten Knackbeisser. Waren aber immer vergriffen oder noch zu frisch, mussten ein bisschen abgehangen sein. Olli hat mir einen Trick verraten: “Du musst die Würste ins Gefrierfach packen, dann schmecken sie am besten.” Mir läuft heute noch das Wasser im Munde zusammen. 

Man beachte den Schaukasten…

Nun haben wir den Stachus, die Ortsmitte erreicht. An der Ecke die Sparkasse und gegenüber der Bäcker Müller. Dort kaufte ich mir von meinem Taschengeld einen Mohrenkopf im Brötchen auf dem Weg zur Schule. Das geschmierte Leberwurstbrot meiner Mutter gab ich konspirativ Martin, meinem Freund und Sitznachbar. An der Seite wohnte der Fußballtrainer, sein Sohn Michael war mein Schulkamerad, so spielten wir oft im Innenhof Fußball. Er der Torwart, ich der Stürmer. Sein älterer Bruder Thomas (mit einer Behinderung zur Welt gekommen) auf dem Dreirad gab klare technische Tipps. Inklusion war damals schon gelebt. 

Was heute als unverpackt wieder richtig modern wird, war damals der Tante-Emma-Laden, die Vrone. Ich hab’ es geliebt dort meine Süßigkeiten aus den Holzschubladen zu bekommen. Ich kann mich noch an einen Satz meiner Mutter erinnern: die Vrone wird nicht immer mit den besten Waren vom Großhändler beliefert. Das fand ich ungerecht. So wurde das Geschäft weniger und der Laden geschlossen. Aber ich bin froh, Veronika Steigerwald kennengelernt zu haben. Wird die nächste Generation das später von einer Aldi oder Lidl Filiale auch mal sagen? 

Gegenüber schnell noch zur Maria in die Metzgerei Lisges auf ein Stück beste Fleischwurst. Lecker! Ihr gehörte auch der Gasthof „Zum Löwen“, der schöne Biergarten unter einer prachtvollen Linde und im Obergeschoss befand sich ein großer Tanzsaal. Man ging zur Maria. Herzlich, authentisch, bodenständig. Sie hatte das “Rollermischer Herz” am rechten Fleck. Ein, zweimal im Jahr kamen auch fahrende Marktbeschicker vorbei und verkauften ihre Schuhe und Textilien in dem Saal. Dort habe ich meine ersten Fußballschuhe her. Von adidas, die “Pierre Littbarski”, jetzt nur noch die gleichen Tricks und die gleichen Moves im Training. War ich stolz. 

Eine Institution war natürlich der Eyrich. Der Edeka im Dorf. Er hatte alles, oder konnte alles besorgen! Mit seinem Mercedes Benz fuhr er auch vollbepackt in die verwinkelten Dörfer des Spessarts um die Menschen mit dem nötigsten zu Versorgen. Ich glaube, Konrad Eyrich stand noch mit 90 hinter der Kasse. Es war seine Pflicht und Berufung zu gleich. Mein Bruder Max hatte die letzten 70er Jahre Hemden aus 100% Polyester abgestaubt. Kult. Ich hab’ ihn dafür gefeiert. 

Es ging in den Burgweg. Auf halber Höhe wohnte mein Klavierlehrer, Herr Thomas Lippert. Ja, ich hatte Klavierunterricht! Ich bin unmusikalisch. In der 3. Klasse im Fach Musik wurde ich aufgerufen, an die Tafel zitiert und sollte vorsingen. Ich glaube, Frau Hagitte, die Grundschullehrerin taten schon die Ohren weh, aber sie ließ nicht locker und mit einer: “6, Setzen!” strafte sie mich vor der ganzen Klasse ab. Das war der Ansporn mein musikalisches Talent doch noch zu fördern. Ein Klavier wurde besorgt. Jetzt war ich der Stolz der Oma. 2 Jahre hab’ ich eisern durchgehalten, aber bei „Figaros Hochzeit“ war Schluss. Herr Lippert war nicht der Meinung, dass ich talentlos sei, ein bisschen mehr Üben würde schon Erfolge bringen. “Warum kann ich locker zehnmal den Ball hochhalten, warum bin ich der letzte auf dem Feld beim Völkerball? Warum werde ich als erster ins Fußballteam gewählt? Weil ich Talent habe,” sagte ich ihm als 9-jähriger Steppke. “Und warum sind meine Hände zwischen den Weiß – Schwarzen Tasten nicht so flink?” Ja, insgeheim wusste er schon, das wird nichts mit mir, aber die 10 Mark pro Stunde waren ja auch bei einer Niete das gleiche Geld, dachte er insgeheim. 

So, nun noch den Buckel hoch, dann haben wir meine Grundschule erreicht. Frau Müller, Frau Hagitte und Herr Friedel, so hießen meine Lehrer. Der Ort meiner friedvollen Schulzeit, nur vor dem Hausmeister musste man sich in Acht nehmen! Der hat schon mal Schläge verteilt.  

‘I Never Had Any Friends Later On Like the Ones I Had When I Was Twelve.’ 

Ich erwache aus meinen Tagträumen, bin immer noch im Windschatten der Radbande. Genannt die Strombergbuben. “Hey Basti, du fährst heute so komisch auf deinem Rennrad, als wäre es dreimal zu klein,” rief Benni von der Seite. “Ach, wirklich” und schmunzelte innerlich. “Espresso Stopp im Kuchenglück” kündigte Präsident Charlie an. “Ja, ich nehm‘ ein Mohrenkopf im Brötchen von der Bäckerin Rosel,” verwunderte Blicke von allen Seiten! 

Es sind meine Rosen des Winters. Es sind meine Erinnerungen. Es ist mein Leben.  

Bleibt gesund, bleibt mir treu. Der Coach. (Euer Basti)

Zugabe

die Bande unterwegs

Festive 500

oder mein Jahr

2021

In meiner Mittagspause schnapp ich mir mein Merida Reacto, mein Pausenbrot in der Rückentasche geht es auf die ersten nass, kalten und nebligen Kilometern. Die Challenge: 500 km mit dem Rennrad zwischen Weihnachten und Silvester, genannt Rapha Festive 500.

Festive 500, eine Fahrt ins Neue Jahr 2022. 500 km um neue Weihnachtsgeschenke auszuprobieren oder die hart erarbeiteten Feiertags - Pfunde wieder zu verlieren. Auch stellt uns die Challenge vor Herausforderungen beim Radfahren, die uns zum Nachdenken bringen sollte. Was haben wir für ein Privileg! Wir müssen uns nur mit den Problemen des Radsport beschäftigen und nicht mit den Problemen des Lebens.
500 km, d.h. auch 500 Chancen Gutes zu tun!

geschrieben von Felix Kenk ,24 Jahre Radbande im Stromberg

Die Idee zum Festive 500 wurde auf den verschneiten Straßen im südenglischen Kent geboren und begann mit einem ganz persönlichen Kampf gegen die Elemente. Doch in den vergangenen zwölf Jahren hat es sich zu einem Übergangsritus für Radsportlerinnen und Radsportler in aller Welt entwickelt. So legten im letzten Jahr mehr als 65.000 Menschen die Strecke zurück. Dieses Jahr stelle ich mich dieser Herausforderung!

Ich hab Zeit, ich denke nach, lasse das Jahr 2021 Revue passieren. Im Januar war Deutschland immer noch im Lockdown. Ein neuartiger Impfstoff, entwickelt mit einer neuen Technologie, genannt mRNA, sollte der Gamechanger für die Corona Pandemie werden. Die ersten vulnerablen Gruppen hofften auf die ersten Dosen. Ich schaute täglich auf die Inzidenz und machte meinen Job. Die neuen Trikots der Radbande trafen ein und ich machte ein kleines Tiktok Video. Etwas zum schmunzeln.

Im Februar gab mir mein Chef Urlaub. Aber wohin? Wir befanden uns weiterhin in einem Lockdown, Länder wurden zu Roten Zonen erklärt, so auch Valréas, den Wohnort meiner Mutter Christa, die ich eigentlich gerne besucht hätte. Eine 14 Tägige Quarantäne drohte bei Wiedereinreise. Ich flüchtete mich in meine Tagträume. Eine kleine Geschichte habe ich in dieser Zeit der Tristesse geschrieben. PROVENCE ODER DIE ROUTE DE SOLEIL, hier zum nachlesen.

Jetzt kommt auch noch der Schnee, jetzt wird die Festive 500 zur wirklichen Herausforderung! Warum tu ich mir das an? Marc von der Radbande fährt zufällig an mir vorbei. Capitano, ein bisschen Windschatten?, ruft er mir zu. Man kann sich auf seine Mannschaft verlassen, so muss das sein in einem Team. Alle für einen, einer für alle!

Der März kam, der Frühling stand vor der Tür. Unsere Wanderung an der Isar entlang musste ich verschieben. Die Inzidenz noch hoch, die Hotels noch geschlossen. Miri und Elfie verbrachten erholsame Tage im Schwarzwald. Bei einem Besuch konnte ich mich davon überzeugen. Der Schnee kam für ein paar Tage zurück und die Schneeballschlacht mit Chablis oben am Dobler war ein grosser Spass. Wir leben schon in einer schönen Landschaft, dachte ich insgeheim.

Tag 3 meiner Challenge, gar nichts geht, nach 30 km geb‘ ich auf, nur ein heißer Glühwein beim Theo rettet meine verfrorenen Gliedmaßen. Ich denke an die schönen Ausfahrten im Mai mit der Radbande. Ein Cyclecross Tour mit Marc, Jürgen und Martin Donat vom lifecycling Magazin war ein Highlight vom Fußballer zum Radsportler. Eine kleine Geschichte hab ich darüber geschrieben. Hier zum nachlesen: Der Stromberg

Urlaub braucht der Mensch. Abschalten, Luft holen, Kopf durchpusten. Das machen wir an der Nordsee schon seit Jahren. Ich rief meine Vermieterin in Tetenbüll Haus Friesenfinca an, um zu erfahren ob Urlaub in der Pandemie möglich sei. Zur meiner grossen Freude nahm sie an einem Modell Projekt teil. Tägliche Testung und Anmeldung in der Luca App war die Bedingung. So fuhr ich jeden Tag gerne mit meinem Merida Reacto in die Teststation von St. Peter Ording ein. Und für Euch hab ich unsere schönsten Tage im Jahr in einem Blog Eintrag notiert: Tetenbüll oder einfach mal Luft holen

Teststation

Ziele braucht der Mensch. Auch wenn es nur 500 km auf dem Rad  zwischen Weihnachten und Silvester ist. Es sind noch 143 km und ich höre schon die ersten Silvesterböller. Das wird knapp. Das grosse sportliche Ziel 2021 war natürlich der Gipfel des Mont Ventoux. Im Windschatten der Tour der France wollten wir diesen Mythos, diesen Gigant der Provence bezwingen. Ob und wie die #strombergbuben es geschaft haben, erfahrt ihr, wenn ihr diesen Button drückt.

Der Sommer war entspannt, viele Menschen waren nun geimpft. Ich spürte eine kleine Erleichterung in der Bevölkerung. Die Regierung versprach die Freiheitsrechte zurückzugeben. Man sprach von einem Freedom day, die Inzidenz spielte keine Rolle mehr. Die Hospitalisierungsrate wurde die neue Kennzahl. Ich blickte nicht mehr durch, das ging nicht nur mir so. Gottseidank, hatte ich ja noch mein Merida Reacto mit der Radbande im Stromberg, um bei sonntäglichen Ausfahrten den Mutationen zu entfliehen. Bei einer „Flucht“ waren wir mal 250 km unterwegs: Der Radmarathon oder ein Tag mit den #strombergbuben

In dieser Zeit las ich nach langen auch mal wieder ein Buch. Wie konnte es anders sein: Guillaume Martin, ein Radprofi und Philosoph vom Team Cofidis und hörte nebenbei die neue Platte von Abba. Am liebsten interpretiert von Emilia Sjoholm, einer jungen Youtube Künstlerin

Der Herbst hielt Einzug in Deutschland, die Inzidenz stieg. Es kümmerte keinen, man war ja geimpft. Unsere verschobene Wanderung konnte stattfinden. So fuhren wir frohgemut nach München und stellten unser Auto für 4 Tage in der Hohenester Straße ab. Unser Start und Ziel. Nachzulesen unter: Isarausblicke

Ein Tanz unterm Weihnachtsbaum

https://www.instagram.com/reel/CX60RQjqdNa/?utm_medium=copy_link

der Coach kanns noch….

31.12.2021 um 14:00 Uhr mach ich mich auf die letzten Kilometer der Challenge Festive 500. Immer mehr Radfahrer der Radbande im Stromberg stoßen dazu. Ich werde eingerahmt vom Präsident Charlie, Thomas Kö, Geronimo, genannt il Pirata nach Marco Pantani, Michel aus Ludwigsburg, Extremsportler Stefan aus dem Kraichgau, der junge glückliche werdende Vater Benni, die jungen Sprinter Jannik, Rico, Felix und Marc. Thomas, genannt Jalabert, mit seinen dicken Oberschenkel macht an der Spitze die Pace. Noch einmal lassen wir unsere Muskeln spielen. Gekonnt ziehen wir lautlos im Sinne des belgischen Kreisel an der Neckarschleife entlang. Nur das Surren der Kettenblätter ist zu hören. Passieren die Dörfer Mundelsheim und Hessigheim. Ein feines Wechselspiel von Licht und Schatten entlang  alter Weinbergsmauern der tief stehenden Sonne begeistert meine Sinne.  Kurz vor dem Ortsschildsprint Besigheim bereitet Marc und Felix den Sprint für Rico auf seinem schickem, schnellen Servélo S5 vor. Jetzt deutlich über 50km/h, ich kann gerade so das Hinterrad noch halten. Auf den letzten Metern mit einem beherzten Tigersprung drängt sich Präsident Charlie, der alte Haudegen, gekonnt vorbei. Große Augen bei den geschlagenen Youngster und Schulterklopfen von allen Seiten. Ich schau auf meinen Tacho, 502km

Rapha Festive 500 is done!

Ein gutes Neues 2022🎉

Bleibt gesund, bleibt mir treu

Euer Coach

Zugabe

Kleiner Spass

P. S. FREU MICH EUCH ALLE am Samstag 04. JUNI 18:00 Uhr IM BIERGARTEN🍻 DER MARIA (zum Löwen, Rottenberg) begrüßen zu dürfen 🎂

Isarausblicke

Die Isar

oder

die Suche nach der versunkenen Kirche von Fall

Nein, die Schuhe nehme ich auf jeden Fall in den Rucksack mit rein! Aber Miri, jedes Gramm zählt bei dieser Wanderung an der Isar entlang, so meine Argumentation. Ich will nicht am Abend in nassen, verschwitzten Wanderschuhen im Restaurant sitzen. Passta! So packten wir unsere Rucksäcke für die 3 Tageswanderung kommend von München über die Städte Wolfratshausen, Bad Tölz und Lenggries. Unser Ziel: Der Sylvensteinsee. Dort, nach einer Sage, soll man in gewissen Momenten die Kirchturmspitze des versunkenen Dorfes von Fall aus dem Wasser blitzen sehen.

Naturbursche

Höllriegelkreuth erreichten wir Drei motiviert mit der S7. Der Start unserer Isarwanderung. Kühl, aber trocken, die ersten Sonnenstrahlen begleiteten unsere ersten Schritte. Wir passierten den Klettergarten Beierbrunn, eine schöne Erinnerung aus drei vergangenen Eiszeiten. Steil ging es den Abhang zu Isar herunter. Chablis, unser Hütehundmix aus den Kaparten, dem konnte es gar nicht schnell genug gehen und er stürmte uns voraus zum Wasser. Kühles Isarwasser schlabbern. Lecker. Nicht weit sahen wir den Georgsstein, ein grosser Felsblock mitten im Flussbett. Ein gefürchtetes Hindernis zur Zeiten der Flösserei. Ein guter Platz für unsere erste Rast.

Lecker kühles Isarwasser

Auf kleinsten Wegen entlang empfindlicher Feuchtgebiete nahmen wir Kurs auf breiteren Forstwegen um die Natur und den Lebensraum von seltenen Tieren zu schonen. Hier möchte ich auch an die vielen Mountainbikern appellieren diese Wege zu meiden. Die vielen tiefen Furchen der Stollenreifen verraten leider das Gegenteil.

Hochwasser

Ist das ein Fliegenpilz?, hier am Wegesrande fragte Miri. Weiss nicht, aber essen würde ich ihn lieber nicht. Und, erkennst du Steinpilze, lockte mich Miri aus der der Reserve. Weiss auch nicht, aber wie man sie lecker in der Pfanne bruzzelt! Ich bekam ein bisschen Hunger. Du kannst Dich gut von Samen und Nüssen jetzt im Wald ernähren. Ok, zur Bestätigung gab sie mir ein paar Engelwurz Samen in die Hand. Schmeckt wie Anis, aber Bitter murmelte ich! Unser Weg führte uns entlang der Isarauen, über kleine Pfade, über kleine Brücken, unter umgestürzte Bäumen auf einen Damm. In weiter Ferne konnte wir das Kloster Schäftlarn erkennen. Ein bayrisches Ur- Kloster aus dem Jahre 762. Hoffentlich hat das Klosterbraustüberl offen. Uns Drei knurrte mächtig der Magen. Wandern macht hungrig.(und durstig) Im Sonnenschein trafen wir im Biergarten ein und aus der Küche kamen verlockende Düfte. Ein Schweinebraten mit dunkler Soße mit zweierlei Knödel, ein Veggi Burger und zwei Halbe Löwenbraü Helles später, war die Seele der Isar Wanderer zufrieden. Mit einem aufmunternden Cappuccino konnte der Isar Trip weitergehen. Auf nach Wolfratshausen, die Flösserstadt. Kein Bachlauf, kein Abhang, keine Steigung konnte uns aufhalten. Im vollen Sonnenlicht erreichten wir unsere erste Herberge. Das Landhaus Café in Wolfratshausen. Herzlicher Empfang und gleich einen Tisch für den Abend im Restaurant reserviert. Ein schöner Abend mit Anne und Max rundete unseren 1. Wandertag an der Isar gelungen ab.

Max erinnerte mich noch an das „Wolfratshausener Frühstück“ in dem Angela Merkel dem damaligen CSU Vorsitzender Edmund Stoiber die Kanzler Kandidatur anbot. So hatte unser gemeinsames Frühstück am morgen im Landhaus Café ein historisches Vorbild. Schön. Nach zwei gekochten Eiern, einige Croissant und eine große Schüssel Müsli waren wir gestärkt für unsere zweite Tour entlang der Isar. Nach Bad Tölz, das Kolberbräu Hotel in der Marktstraße war unser Ziel. Mit dem Bus fuhren wir nach Königsdorf. Über sanfte Wiesen und Wälder kamen wir in einen tiefen dunklen Wald. Wir verloren das GPS Signal. Jetzt übernahm Chablis, unser Hütehundmix aus den Kaparten, die Führung und geleitete uns sicher auf eine Lichtung. Dort sahen wir ein Kreuz. Es steht zum Gedenken an 5 Wanderer die dort ihre letzte Rast nahmen. Danach stiegen sie in einen Zug und verunglückten tödlich.

Kurzes Innehalten

Wenige Meter weiter erreichten wir wieder die Isar. Jetzt ein kühles Bad? Die Füße mal kurz in die reißende Strömung halten, verschnaufen, Sonne tanken und das mitgebrachte Vesper auf der Kiesbank verputzen. Herrlich. Aufstehen, den schweren Rucksack wieder schultern, in Schwung kommen – fällt einem schwer. Aber weiter, immer weiter. Wir überquerten das Tölzer Isarkraftwerk und schlenderten am Walgerfranzweg in die Stadt hinein. Die Stadt begrüßte uns mit voller Sonne. Im Park der Isar zugewandt spielten Kinder und Hunde. Wir bogen in die belebte Marktstraße von Tölz ein. Nach einer heißen Dusche lass ich mir im Restaurant Kolberbräu das Schnitzel „Münchner Art“ schmecken und ein Löwenbraü Helles löschte meine durstige Kehle. Miri stärkte sich mit einer großen Portion Semmelknödel mit frischen Pfifferlingen an einer Rahmsoße. Müde vielen wir in die Federn in unserer 2. Nacht. Leicht hörte ich das rauschen den Ellbach unter unserem Hotelzimmerfenster, oder waren es die Stromschnellen der Isar in meinem Traum?

Kiesbank

Kalt, nebelig war es in Bad Tölz am Sonntag morgen. In Wintermützen, Schals und Handschuhe warm eingepackt bauten die Marktleute ihre Stände auf. Chablis hatte viel zu schnüffeln auf unserer ersten Gassi Runde. Nach einem reichhaltigen Frühstück liefen wir zum Bahnhof. Der Zug sollte uns nach Lenggries bringen. Von dort aus wollten wir über die Berge zum Sylvenstein Speichersee wandern. In Lenggries am Bahnhof angekommen, liefen wir Schnur stracks aus der Stadt, erreichten den Toni-Sieber Weg, die Isar immer im Blick. Am Wegesrande viele Sträucher und selten Pflanzen. Miri pickte sich einige Wachholderbeeren. Für unseren Gin Tonic am Abend, dachte ich mir. Köstlich. Ich merkte schnell das meine Tour über einen Höhenweg zu ambitioniert war und wir Entschieden weiter der Isar zu folgen. Das war ja auch der Sinn auf unserem Roadtrip. Gehen wir erstmal hier in das Gasthaus am Wegesrande, sagte ich zur Miri. Chablis war dankbar für eine Pause. Ein herzlicher bayrischer Empfang, ein netter Ecktisch für uns Drei war frei. Es stellte sich heraus der Besitzer und Koch ist Vietnamese, so bestellten wir lecker Miso Suppe, Wan Tan ,Frühlingsrollen, dazu einen Mango Salat! Eine ungewöhnliche Rast in den bayrischen Bergen!

ein Tonic am Abend?

Wir folgten der Landstraße 13 auf dem Rad und Fußweg. Leider waren hunderte Autos und Motorradfahrer auf dieser vielbefahrenen Straße am Sonntag unterwegs. So verstanden wir kaum unser eigenes Wort und hörten auch nicht das Rauschen der Isar. Erst nach rund 5 km machte der Fußweg einen Abstecher von der Straße. Die ersten Sonnenstrahlen schauten aus der Wolkendecke. Es versprach ein sonniger Abend zu werden. Davon angespornt liefen wir wieder freudig unserem Ziel entgegen Das Hotel: Jäger von Fall. Unsere 3. Herberge auf unserer Wanderung der Isar entlang. Wir passierten einen Tunnel. Am Ende sah ich das Licht. Vorsichtig sah ich raus, erkannte den Sylvensteinsee und meinte im widerspiegeln der Berge auf der Wasseroberfläche eine Kirchturmspitze aus dem Wasser herausragen zu sehen. Eine optische Täuschung oder stimmt die Sage des untergegangenen Dorfes von Fall?

Am Ende des Tunnels…

Im Sonnenlicht, ein fester Wind wehte von den Bergen, ein schmaler Weg, eine letzte Herausforderung, über eine Brücke zum Hotel Jäger von Fall. Einen kleinen Abstecher zum See. Noch mal leckeres kühles Isarwasser schlabbern. Chablis war in seinem Element und wir waren glücklich, zufrieden und kaputt.

Sylvensteinsee

Bleibt gesund, bleibt mir treu. Euer Coach

Zugabe

Ohne Schwimmring
Durch dick und dünn
die Isar
ohne Worte

Der Radmarathon

oder

ein Tag mit den

#strombergbuben

Es war ein sonniger Tag im Frühling. Ich radelte mit meinem Merida Reacto in die aufgehenden Morgensonne über den Hügeln des Strombergs dahin. An meiner Seite, Marc von der [Radbande im Stromberg]. Wir plauderten viel. Über den Job, über Familie, natürlich über Corona und über neue Radsport Ziele. Er berichtete mir von einer 24 Stunden Tour immer an seinem Haus vorbei, alleine ohne Helfer in die Dunkelheit hinein, nur mit sich und dem Rennrad auf einem nie endenden Rundkurs, maximal für den Toilettengang kurz bei Mama und Papa angehalten. Ich schüttelte mit den Kopf, er fand’s geil.

Warum muss man so lange Radfahren, wo liegt der Sinn, wo liegt der Reiz. Bei mir ist ab km 100 Schluss, es reicht. Ich bin platt, bin am Ende. Miri wartet mit einem leckeren Essen und bei einem vitalisierenden Espresso werden meine müden Beine wieder locker. Warum länger? Es gibt den Ötztahler Radmarathon, mit vier Alpenpässen die zu überqueren sind, alle vier Jahre gibt es Paris – Brest – Paris mit 1200 km , Race Across The Alps, in dem Mann/Frau sich durch die drei Länder Italien, Schweiz und Österreich quält, es gibt Swiss Cycling Alpenbrevet, das härteste Eintrages Rennen der Alpen mit über 7000 Höhenmeter. Alles verrückt, eine Tortur, einfach nur der Wahnsinn.

Lass uns doch mal sowas verrücktes planen, ist eh Corona, finden eh keine Rennen statt, meinte Marc. So, wurden Routen auf Strava, auf komoot geplant, verworfen und heftig diskutiert. Felix hat die schönste Tour in peto. Start und Ziel sollte sein Heimatdorf Hohenhaslach sein. Von dort in Richtung Hochdorf zur Solitude die alte Stuttgarter Rennstrecke und zum Sommerschloss der Herzöge von Württemberg. Mit Tempo ins Würmtal über Pforzheim am Kloster Maulbronn vorbei nach Heidelberg. Den Gipfel des Königsstuhl erstürmen, an Sinsheim über die 1000 Hügel des Kraichgau zurück nach Hohenhaslach. Das pitoreske Weindorf im Kirbachtal. So sein Plan.

Um es noch mehr zu einem Wettbewerb werden zu lassen haben wir 10 Segmente auf der Strecke eingebaut, die jeder Rennfahrer mit Tempo durchfahren kann. Die Zeit wird gestoppt. Der schnellste bekommt 100 Punkte. Aber gemeinsam starten und gemeinsam ankommen, das war die Devise.

Das Rennwochenende stand bevor. Die Wetter Aussicht versprach 90 % Regenwahrscheinlichkeit. Super. 😜 Es gab keine andere Wahl als zu verschieben. Das Wetter macht den Termin, sagte Marc! Der nächste Sonntag versprach einen traumhaften Sommertag.

Was für Schmierereien auf der Straße 😂🤣😜

Es mussten natürlich noch einige Vorbereitungen getroffen werden. Einfach so losradeln, daß war unprofessionell. Ich kaufte Farbe beim Obi und wir pinselten Fett und Breit den Start auf die Straße von Hohenhaslach. Einen Bierkasten hatte ich auch mitgebracht und die Mama vom Felix versprach leckeren Kartoffelsalat und eine Rote vom Grill für die wohl hungrigen Rennrad Fahrer am Abend. Die After Road Party sah schon mal vielversprechend aus.

Das Land der 1000 Hügel

Zwei offizielle Stopps hatten wir auch eingeplant. Jeweils nach 100 km. Der erste sollte in im Klostercafé von Maulbronn sein. Gesponsert vom Tourismus Kraichgau Stromberg. An dieser Stelle sag ich schon mal Danke. Der zweite Stopp war in Sinsheim geplant. Meine Miri hatte sich bereit erklärt mit Getränken und Proviant auf uns am Aerport Museum zu warten. Wasserträger 😍

Selfie ist das neue Foto📸

Es war angerichtet: 10 Teilnehmer fanden sich um 7:00 Uhr ⌚ in der Früh in Hohenhaslach ein. Alle waren pünktlich, alle waren gespannt und ein bisschen aufgeregt auf die ungewöhnliche Tour im Land der 1000 Hügel zwischen Stuttgart und Heidelberg.

Der erste Radmarathon der [Radbande im Stromberg]. Hier und Heute muss ich die Starter mit ihren schicken Sonnenbrillen und stylischen Radtrikots erwähnen: Thomas Fischer, Jannik Henning, Felix Kenk, Marc Högler, Kristian Krüger, Michael Langjahr, Benni Hofmann, Stefan Bregler, Sebastian Holler und Charlie Albrecht der mit einer Ellbogen Verletzung an den Start der 250 km langen Schleife ging. Auf der Hälfte der Distanz wollte er dann aussteigen und die Tour verlassen.

Die Reifen auf 8 Bar, zwei Trinkflaschen in der Halterung, der erste wichtige  Proviant für die nächsten drei Stunden in den Rückentaschen. So rollte das Pelton aus Hohenhaslach, angeführt von Felix Kenk in die aufgehende Morgensonne.

Der aufgehenden Sonne entgegen

Das erste Segment, der erste Anstieg nach Hochdorf am Keltengrab vorbei rollte das Pelton noch gemütlich im gleichschritt. Felix, Benni und Thomas sorgten an der Spitze für ein gleichmäßiges Tempo, immer im Blick die 250 km lange Tour. Seine Kräfte einteilen, seine Körner nicht gleich am ersten Anstieg vergeuden. So fuhren wir in zweier Reihen die Solitude hoch, gaben uns Windschatten, gaben uns Motivation. Oben am Schloss ist dieses schöne Bild entstanden.

Schloss Solitude 🏰

Kurz durchschnaufen, kleiner Snack, weiter ging’s, es wurde warm. Windjacken wurden ausgezogen, Ärmlinge eingepackt. Das Würmtal wurde erreicht. Jetzt machte Kristian Tempo an der Spitze. Wie an einer Perlenschnur gereiht fuhren wir, jeder tief im Windschatten des anderen, die geschwungenen Straßen der Würm entlang. Herrlich.

Radbande Kreisel

Ich traute meinen Augen nicht. 50 km/h stand auf dem Radcomputer.🚀Wir erreichten Pforzheim in Windeseile. Pforzheim die Goldstadt, wenig Verkehr an diesem Sonntag im September. Gottseidank. Von weitem sah ich schon die Weinberge vom Maulbronner Eilfingerberg. Unser erster Stopp nach 100 km war nicht mehr weit. Das Klostercafé in Maulbronn. Der Besitzer wusste Bescheid und hatte den Auftrag uns gut zu versorgen. Mit Kuchen, Butterbrezzeln, Espresso und Wasser für die Trinkflaschen machte Herr Arik einen guten Job. Danke.

Klostercafé Maulbronn

Es reichte, es war genug, es war eine schöne Tour. Die Beine lockern, die letzten Kilometer nur noch zum Spaß. Daheim wartet Miri zum Mittagstisch. Nein, jetzt fing es erst richtig an, wie bei einem Marathon ab Kilometer 20. Die Trinkflaschen aufgefüllt ging die Radbande wieder gestärkt auf die Tour. Charlie war weiterhin dabei!

Charlie war dabei 💪

Ich fühlte mich gut,erstaunlich gut. Wann kommt der Einbruch, wann kommen die Krämpfe? Wir durchfuhren Bruchsal, erreichten Leimen, die Geburtsstadt von Boris Becker und erreichten Heidelberg. Meine Trinkflaschen waren leer.

Heidelberg

Auf der Suche nach Wasser machten wir an einem Kiosk sowie an dem Stadtfriedhof von Heidelberg halt. Es war bitter notwendig, es stand der harte Aufstieg zum Königsstuhl an, eine giftige, steile Rampe im Mittel 12%.

Ich hab mein Herz in Heidelberg verloren 💘

Normalerweise mach ich mir über solche Anstiege keine Gedanken, aber nach 200 km in den Beinen und noch 50 km zum Ziel hatte ich schon weiche Knie. Die Jungs zogen an mir vorbei, nicht mitgehen, sein eigenes Tempo am Berg finden. Langsam, wirklich langsam eierte ich die Serpentinen hoch zum Königsstuhl. Ich war gespannt, wer gewinnt das Segment, wer holt den KOM (King of the Mountain)

Der Königsstuhl

Ein Anruf von Miri: wo bleibt ihr denn? Warte schon ne Weile auf Euch, alles gut? Ja, sind in ner halben Stunde bei dir, stotterte ich ausser Atem ins Handy. Jetzt mal mit Tempo nach Sinsheim, unser 2. Stopp an diesem Tag, oder unser Besenwagen um entkräftet einzusteigen?

[Radbande im Stromberg]

Die Freude war gross, die Freude war echt. Miri machte den Kofferraum auf. Kalte Cola, frisch aufgeschnittene Melone, Schokolade und Wasser für die leeren Trinkflaschen. Aber entkräftet, einsteigen in den Besenwagen? Nein, locker waren wir, als würde die Tour erst ihren Anfang nehmen.

Miri, unser Besenwagen

Die letzten 50 Kilometer standen im Roadbook. Nichts war mehr unbekannt, der Stromberg, unsere Heimat. Terroir der #strombergbuben. Eine schöne Geste vom Präsident Charlie: er nahm am Berg das Tempo raus um mich auf den letzten Metern zu unterstützen und Qualitätswindschatten zu geben. Gemeinsam starten, gemeinsam ankommen ist bei der [Radbande im Stromberg] keine Floskel, sondern eine Selbstverständlichkeit💪

Sonnenuntergang

Mit der untergehenden Sonne hinter dem Land der 1000 Hügel rollen wir über die Weinberge des Hohenhaslacher Kirchberg mit einem Lächeln im Gesicht auf unsere Zielgerade ein. So schwer war’s doch nicht.

Bleibt gesund, bleibt mir treu, euer Coach🏁

Zugabe

Ein schöner Abschluss im Garten, bei Kartoffelsalat, ne Rote vom Grill und kaltes Oktoberfest Bier🍻

Ankunft der #strombergbuben

King of the Mountain am Königsstuhl wurde Jannik Hennig🏔️🤴🏁

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