Toujour Provence

„Schöne kleine Straßen“, sagte Bruno mit einem feinen provençalischen Akzent auf einer Anhöhe von Piégon in der Mirabel aux Baronies. Die Sonne stand hoch, tief atmete ich die klare provencalische Luft ein, nahm einen Schluck aus meiner Trinkflasche und wiederholte auf französisch,“magnifique, Oui, petits chemins“ und klopfte ihm anerkennend auf seine schmächtigen Schultern. Ich war wieder in der Provence, ich war wieder in Valréas, ich war wieder bei Mama Christa. Frei nach dem Welterfolg von Peter Mayle „Mein Jahr in der Provence“ werde ich Euch meine 7 Tage im März in der Provence beschreiben.

Piégon
Jeudi

Die Dachbox auf dem Autodach, mein Merida Reacto zwischen Taschen, Koffern und Schwiegermutter geklemmt, Hütehundmix Chablis 🐕 nahm gemütlich im Kofferraum Platz, Miri schloss die Haustür. Nous sommes prêts, ab in den Süden, ab auf die Route de Soleil.🌞 Nochmal Tanken vor der Grenze, bis Oberkante voll, in Frankreich gab es Streik, das Benzin wurde knapp. Der Präsident Macron war Zielscheibe wütender Ausschreitungen. Ja, das kennen wir so in Deutschland nicht, aber es ging um die Rente und da verstehen die Franzosen keinen Spaß. Ich bekomm einen Anruf: Michel von der Radbande ist am Ende der Leitung. „Chef hat mir Urlaub gegeben, ich komme, ich sitze schon in meinem Citroen C2, ich fahre mit Dir die „La Corima“. Super rufe ich freudig in die Freisprechanlage!“ Wasserträger, ein Edelhelfer an meiner Seite für das 144 km lange, anspruchsvolle Rennen in der Drôme Provençal, genannt „La Corima“. Fritzie der Familienhund begrüßte uns schwanzwedelnd, Mama Christa lugte aus dem Fenster und wedelte freudig zur Begrüßung mit ihrem Küchentuch. Bernd, der Handyman und guter Freund aus Deutschland erhob sich kurz von seiner Arbeit, Hubert, Antroprosoph, französischer Freund von Mama Christa rief uns ein Bienvienue á Valréas zu! Am Abend bei Baguette, Käse und Wein schmiedeten wir unsere Pläne für die kommenden Tage. Allons-y.

Bienvienue á Valréas
Vendredi

Die aufgehende Sonne begrüßte mich am nächsten Morgen die gerade über die Hügel von Valréas aufging. Ich war für das Frühstück verantwortlich, so schnappte ich mir die Baguette Tasche und fuhr zu zur Boulangerie Marie Blachère. Eine grosse Bäckerei Kette an der Ausfahrtsstraße nach Nyons gelegen. Lecker duftiges, warmes Baguette, frische buttrige Croissant, kleine gefüllte Beignet. Ein Art Kreppel (nur Rottenberger wissen das es ein Berliner ist) in Minivormat. Deux Brownie et trois Pain aux chocolat rief ich der hübschen Verkäuferin zu. Mit einem charmanten „Merci et à demain“ verließ ich Marie Blachère. Schwarzer Kaffee, Grüner und ein Earl Grey brühte ich gekonnt auf. Verschiedene Marmeladen, ein Lavendel Honig, Käse und Wurst….Hab ich noch was vergessen? Wo sind die Eier von glücklichen Hühnern?

Espresso Stop

Michel bereitete sich schon auf unsere erste gemeinsame Tour in der Provence vor. Die Reifen auf 7,5 bar, Wasser in den Trinkflaschen, auf das Gesicht und auf die Waden Sonnencreme. Ich bereitete derweil die Lammkeule für unser Abendessen vor. Knoblauch, Salz,Pfeffer und die guten Provençalischen Kräuter nicht zu vergessen. Lecker. Ich hatte eine gute Tour geplant, sie ging nach Saint Maurice sur Eygues in die Baronies, den Mont Ventoux im Blick, über den Col de La Croix Rouge in die Drôme Provençal. Hoch über den Col de Valouse nach Dieulefit. Ein Mhh, Ahh, ein Ohh, Michel war in seinem Rennradfahrer Glück. Die beste Vorbereitung für „La Corima“, der Col de Valouse war auch Teil der Rennstrecke, so war es eine gute Übung. Wir diskutierten viel, mehr über Landschaft und Leute, mehr über Essen und die Liebe. Die Provence schärft deine Sinne, die Provence verleiht dir Flügel. In Dieulefit, die Töpferstadt, einen guten Crêpes, einen guten Petit Café. Während der Tour konnte ich nicht mehr aufs grosse Kettenblatt schalten. Merde, meine Batterie auf Sparmodus und mein Ladekabel DI2 in Deutschland gelassen.! Ein Hilferuf beim Bruno vom Radsport Club VCV Valréas. „Je me reisegne“, so seine Antwort. Die Telefondrähte glühten heiss, sie versuchten alles um mir aus der Patsche zu helfen. Nach der Tour gönnte ich mir ein Bier Blonde (Günzburger Helles, aus Deutschland 🍻😉) und schob die Lammkeule in den Ofen! Bei einem guten Bio Wein aus Visan mundete das Abendessen vorzüglich. Une régale.

Col de Valouse
samedi

Der Tag vor dem Rennen. Am Abend sollte es eine Fischterrine auf Salat, gegrillte Garnelen und Eis mit heißen Himbeeren geben, dafür gingen wir in den lokalen Intermarché und hatten eine grosse Einkaufsliste. Miri stöberte beim Obst & Gemüse, ich verschwand in der Weinabteilung. Alle namhaften lokalen Winzer waren vertreten. Ich entschied mich für einen leckeren Rosé „Lisa“ von Domaine Lauribert und einen 2018 Valréas Village von Mireille et Vincent. In Vinsobre besuchten wir die Landwirtschaftsmesse. Ein netter Zeitvertreib. Mit einer weiss blühenden Cistrose, einem Chêne blanc, geimpft mit dem Trüffel Myzel und den den Geschmack der guten Grand Cru Weine am Gaumen verließen wir Vinsobre. Am Nachmittag tauchte Bruno auf und hatte für mich das so wichtige Ladekabel DI2 dabei.Meine Rettung. Ein Grande Merci!

Grand Cru Vinsobre
dimanche

6.00 Uhr. Kein frisches Baguette, kein warmes Croissant, keine gefüllten Beignet. Nein, Quark, Müsli mit Bananen, Datteln gab es zum Frühstück, Wir brauchten Zucker, wir brauchten Kohlenhydrate wir brauchten Fett. Energiespeicher auffüllen. Es wird ein langer Tag. Ein Renntag. Hunderte von Radrennfahrer waren schon vor uns am Start, wir konnten uns nur hinten einreihen in die lange Schlange. 2400 Starter warteten auf den Startschuss zu 12′ Edition „La Corima“. Die ersten Kilometer waren wir gemeinsam im Peloton unterwegs Ich, der Capitano und Michel, mein Edelhelfer. Die Berge im Nebel gehüllt, dauernder Nieselregen machte die Strecke zu einer Herausforderung. Die Straßen glatt, das Spritzwasser im Gesicht. Wir hatten uns stets im Blick, das gelbe Trikot der Stuttgardia immer in Sichtweite. Michel war gut drauf. Michel war meine Lokomotive. Kurz vor dem Gipfel am Col de Valouse zeigte Michel was in ihm steckt und lancierte eine Tempoverschärfung der wir alle nicht folgen konnten.Er holte sich den KOM (King of Mountain). Einfach mal Muskeln zeigen! Die Franzosen waren beeindruckt.(darüber wird in Valréas noch in Jahren erzählt werden!) Ein letzter Anstieg am Col Haut Aleyrac, gesäumt von vielen Fans aus der Umgebung, Jean-Pierre klatschte mich ab und rannte wie der Teufel Didi Senft ein paar Meter mit, dem Gipfel entgegen. Das Ziel war nicht mehr weit. Im Sinne des Belgischen Kreisel stürmten wir nach Montélimar. Mit einer 90 Grad Kurve rasten wir auf die Zielgerade ein. Michel eröffnete den Sprint, hielt lang das Tempo hoch. Ich konnte mich an sein Hinterrad setzen, scherte im richtigen Zeitpunkt aus seinem Windschatten. Gagné🏁

lundi

Mistral kam über Nacht. Es heulte und stürmte um das Haus. Richtig zum fürchten,wenn man es nicht kennt. Am Frühstückstisch wurden unsere Erlebnisse, unsere Eindrücke vom Rennen lebhaft wiedergegeben. Schneller, härter, gefährlicher, natürlich mit einem Augenzwinkern. Der Markt von Tulette war unser Ziel am Vormittag. Ein neuen schicken Korb für Miri, Obst und Gemüse, Käse und Wurst im Einkaufskorb, danach ein Espresso Stop (Michel erzählte den umstehenden Franzosen, ich wäre der Sohn von Bernard Hinault.Grosse Aufregung….. ,) 3 Flaschen Wein von der kleiner Domaine de la Rouge Jouvence. Anschließend einen Rundgang im Schloss von Suze la Rousse, ein schöner Montag Vormittag in der Provence.

Am späten Nachmittag noch Mal die Beine lockern, gegen den gefürchteten Mistral.Macht wirklich keine Laune.Bleibt daheim, wenn er bläst und durch die Straßen fegt.

mardi

Ich wachte auf und hörte nur das zwitschern der Vögel. Der Wind hatte sich gelegt, die Sonne ging über den Dächer von Valréas auf. Es sollte ein schöner Tag in der Provence werden. Bruno kam vorbei und lud uns zu einer Radtour ein. Après Midi, 13:30 heure,? Bien. Wir hatten noch Zeit auf einen Kurzbesuch zum Kloster Aiguebelle. Ein Zisterzienserorden der strengen Observanz (auch „Trappisten“ genannt) mit einer Lourdes Quelle (die Trinkflaschen wurden gefüllt) und den besten Pastis der Welt.

Fontaine Aiugebelle

Ich zog das Trikot des VCV Valréas über, die Trinkflaschen gut gefüllt, die Reifen auf 7,5 bar rollten wir zum Treffpunkt. Bruno hatte zu Ehren unserer Freundschaft, zur Ehre der Jumelage Valréas und Sachsenheim das deutsche Radbande Trikot übergestreift. Jean-Pierre kam noch dazu, so waren wir zu Viert. Es wurde zu meiner schönsten Radtour. Mein Herz ging auf, die Sonne lachte, der Himmel so blau, alte Olivenbäume säumten unsere Wege, die ersten Mandelbäume in blühte und unsere französischen Freunde waren die besten Capitane, die besten Edelhelfer die sich ein deutsch – französisches Radsportteam nur wünschen konnte. Launig mit Dampf in den Beinen zeigten sie uns ihre „kleinen Straßen“ Sie waren stolz. Stolz auf ihre Hâute Provence 🌞 Bei einem Leffe Bier auf der Sonnenterrasse von Jean-Pierre endete unserer einmaligen Radtour. Merci.

mercredi

Der Tag der Abreise. Ich verlier nicht viele Worte, mit den letzten Sätzen, frei nach Peter Mayle, möchte ich meinen Blogbeitrag beenden: Es waren Tage gewesen, in dem wir sehr intensiv geradelt, (350 km/4300 Hm) lecker gekocht, (Lammkeule, Garnelen, Eis mit heißen Himbeeren) angeregt geredet, einfach – gelebt haben. Faszinierende, in manchen frustrierende oft unbequeme Tage, (das Rennen la Corima🥵🏁) die aber nie langweilig oder enttäuschend 🏆 gewesen waren. Vor allem fühlten wir uns hier zu Hause. Mama Christa brachte Gläser mit Alexion (alkoholfreier Kräuterlikör mit 52 Kräuter) aus Aiugebelle. Bernd der Handyman unterbrach seine Arbeit. Bruno et Jean-Pierre schauten zum Abschied vorbei. Hubert erhob das Glas und wünschte uns „Santé et bonne Route à bientôt mes ami !“

Bleibt gesund, bleibt mir treu. Euer Coach. (Basti 😘)

en plus….

welch Ehre,das Trikot 💪
noch gute Laune🚴