Das Mädchen

muss an die frische Luft

Liebe Mama,lieber Hubert, liebe Festtagsgäste, wir freuen uns sehr das ihr hier Heute beim Eberhard’s am Wasser zusammen gekommen seid. Wir feiern Deinen 80 Geburtstag, liebe Mama.

Eines Nachts bin ich aufgewacht und habe deine Festagsrede im Kopf. Dein Leben hat den Stoff für einen Hollywood Film! Wie „Out of Africa“, wie „Falcon Crest“, oder wie „Einer flog übers Kuckucksnest“. Diese Rede muss dir würdig sein, sie muss die Menschen zum lachen bringen, sie muss uns zu tränen rühren.

Ich bin dein Sohn, dein Ältester, dein Schönster wie du mich früher nanntest. Ich muss heute tief gehen, wie ein guter Schriftsteller, tief in meine Seele blicken, ins Eingemachte, wie man so schön sagt. Du warst schon im Mutterleib ein Glück für die Familie. Geboren 1945, kurz vor dem Ende des Krieges, Berlin zerbombt, die Russen vor den Toren, verhinderst du die Vergewaltigung deiner Mutter Gerda, Behütet aufgewachsen ohne Vater nur von Frauen umgeben, aus dir soll was werden, du solltest die Beste sein, die Beste werden. Abitur und Studium der Soziologie an der Freien Universität zu Berlin. Weniger als Regierungspräsidentin ist für dich nicht vorgesehen. Die Liebe kreuzt deinen Weg, ein Bauer aus einem kleinen Kaff im Spessart. Eine romantische Liebeserklärung: Du hast die schönsten Kuhaugen, flüstert ein gewisser junger „Hans im Glück“ dir ins Ohr. Eine unbeschwerte Studiums Zeit beginnt. Eine Stadtrundfahrt, der erste Kuss unterm Fernsehturm, eine aufregende Studenten Zeit, gemeinsame Reisen, mit einer Ente, bis hinein in die junge Türkei. Finanziert durch Wochenenden am Berliner Flughafen Tempelhof. Dein Verkäufer Talent blitzte damals schon auf. Bilder auf Leinwand in Öl ( Röhrender Hirsch) für die Amerikanischen Offiziere brachte eine ordentliche Urlaubskasse.

Du kamst gut an, bei Menschen im Spessart, sie mochten Dich, du wolltest gefallen ein Leben lang. Du weißt wie man auf Menschen zugeht, wie man sie für sich begeistert. Neid und Missgunst in der eigenen Familie war ein hartes Los. Der blanke ausgestreckte Popo. „Ihr könnt mich alle am Arsche lecken“ geht in die Familien Historie ein. Du bist belesen, du kennst das Zitat aus Götz von Berlichingen, du warst immer mein erster Telefon Joker bei „Wer wird Millionär“. Holler – Nikolaus, die erste Frau die einen Doppelnamen trug, deine Kaffeekränzchen mit Freundinnen aus Rottenberg waren legendär. Das erste Schulfest, die erste Tombola für einen guten Zweck. So was kannte man bis dahin nicht, in dem 500 Seelen Dorf. Mit List und Schliche hast du Tombola Preise eingesammelt. „Ha, das Grüne Tal spendiert auch ein Sonntagsessen.“ „Ja,“ hast du Maria vom Restaurant Löwen angeflunkert. „Dann spendiere ich auch ein Essen für 4 Personen.“ Geschafft, wie so vieles im Leben. 5 Jahre Afrika, ich sehe dich Heute noch auf der Barre, zittrig , fiebrig, mit Malaria aus dem Haus getragen. Du stirbst. So schnell stirbt man nicht, würdest du jetzt antworten. Urvertrauen das hast du Kindern uns mitgegeben. Der lange Schulweg, den ich alleine laufen durfte, der kleine blonde Max unter fremdem Männern auf einer Dhou (Segelschiff), die junge Henni, allein mit ihren Pferden. Das tat uns gut, bis zum heutigen Tag profitieren wir von deinem Vertrauen in uns.

Der Boppengraben, ein Paradies für uns Kinder, offenes liberales Haus mit vielen schönen Freundschaften, die bis Heute anhalten. Freunde fürs Leben. Heidi und Bernd, ihr könnt stolz sein, es ist nicht jedem vergönnt solch gute Freunde zu haben ♥️

Auf zu neuen Ufern! Du wurdest Gemeinderätin, du gründest die Hösbacher Buchhandlung. Von dir habe ich gelernt das man nicht alles Wissen muss, manchmal reicht der Klappentext. Deine Mitarbeiter schwärmen Heute noch. Legendäre Zitate gehen einher: „Gestorben wird immer“ oder „nu aba ran an die Buletten“, da kam dein Berliner Dialekt hervor.

Valréas ( La Refuge) war bestimmt nicht von Anfang an dein Traum, aber es war Papa wichtig. Und du hast es getragen. Wieder mit deinen Sprachkenntnissen, wieder mit deinem Talent auf Menschen zuzugehen. Papa war glücklich mit seinem Whisky in der Hand unter dem sternenklaren Provencalischen Nachthimmel an seinem Schwimmteich. Und du hast einen großen Anteil daran. Danke. Jetzt schreibst du mit Hubert eine weitere Geschichte, eine Liebesgeschichte. Das ist schön. Ich werde euch von Ferne begleiten und gegebenfalls nach dem Rechten schauen. Dein Sohn.

Bleibt mir treu.Bleibt gesund

Der Coach (Basti)