Monat: Juli 2023

Aus der Mitte entspringt ein Fluss

Aus der Mitte

entspringt

ein Fluss

Am Ende fließen alle Dinge ineinander und aus der Mitte entspringt ein Fluss. Der Fluss wurde bei der großen Überschwemmung der Welt begraben und fließt aus dem Keller der Zeit über Steine. Auf einigen der Steine befinden sich zeitlose Regentropfen, unter den Steinen sind die Wörter. Doch einige Worte wird man nie verstehen.“Ich kann mich dem Wasser nicht einziehen.

Norman Maclean

Ruhig taucht mein Paddel ins Wasser. Im Rhythmus meinem Pulsschlages. Ruhig, gleiten wir auf unserem 3er Kajak flussabwärts den Neckar entlang. Christian rammt sein Paddel tief ins Wasser, Sven hält verträumt sein Paddel planschend ins trübe Nass. Ich gebe den Takt. Ich gebe das Tempo vor. Wir leben an Enz, Metter und Neckar. Wir können uns dem Wasser nicht entziehen.

3er Kajak

Es gab eine Zeit in der Flüsse begradigt, kanalisiert unter die Erde gegraben wurden. Der Fluss als Klospülung missbraucht. Gestank von der Quelle bis zur Mündung. Diese Zeit ist vorbei.

die Quelle der Enz

6 Freunde und ein Geburtstagsgeschenk zum 60. Eine Kajaktour von Wahlheim nach Lauffen am Neckar. Organisiert von den Zugvögeln aus Bietigheim. So trafen wir frohgemut mit einer kleinen gespannten Nervosität uns in Wahlheim am Neckar. Ricardo von den Zugvögeln begrüßte uns herzlich und gab uns eine sympathische Einweisung.

Ricardo wurde 1962 in Sao Paulo geboren. Mit seinem Diplom für Akrobatik tourte kurz darauf mit einem Tanztheater durch Europa. In Deutschland folgten weitere Auftritte. Seit 1985 ist Ricardo als Dozent und Trainer für Akrobatik & als Choreograf tätig. In dieser Spielzeit trefft ihr ihn in der Jungen Oper Stuttgart an, wo er die Choreografie für Alice im Wunderland macht. Oder bei uns, denn Ricardo ist begeisterter Zugvogel

Der Neckar ist eine Bundeswasserstraße, so wird dieser Fluss von den grossen 135 Meter langen Frachtschiffen, die vor allem Wertvollen Schrott, Metalle, Salz und Erden von Stuttgart nach Rotterdam transportieren, befahren. Davon hatten wir kleinen Kajakfahrer Respekt und ein bisschen Bammel. Aber Ricardo gab uns Tips wie wir uns in der Konfrontation verhalten sollten. No Panik.

No Panik

Ich steuerte mal schön in die Flussmitte, leichtes Unwohlsein meiner mit Paddler stellte sich ein. Mit einigen kräftigen Paddel Schlägen waren wir schnell auf der anderen Seite und steuerten gerade auf eine Brombeeren Hecke am Flussufer.Wir pflücken reife Beeren und erfreuten uns an unserem Leben. Es ist ein Perspektiv Wechsel, unzählige Male bin ich den Radweg am Neckar mit meinem Merida Reacto gefahren, unzählige Male mit Tempo im Windschatten der Radbande im Stromberg. Genannt: die #strombergbuben. Aber mit einem Kajak noch nie. So waren die Einblicke sowie Ausblicke neu und begeisterten meine Sinne. Auf Höhe von Kirchheim am Neckar richtete sich mein Blick auf die Steillagen vom Kirchheimer Kirchberg. Die Weinberge in vollem satten grün, die Stäffele (Treppenstufen) und Weinbergsmauern blitzten im Sonnenlicht. Sehr gepflegt. Dies ist der Wein-Kultur Kirchheim Initiative zu verdanken, die mit viel Liebe und Engagement für den Erhalt der Steillagen am Neckar kämpft.3 gute Weine sind entstanden. regina, rosa und roberto, so ihre netten Künstlernamen, 3 Motive, geschaffen von der Aquarell Künstlerin Lisa Nollenberger. Sympathisch.

rosa

Wir kamen gut voran, obwohl ich gefühlt der einzige war der paddelte! Eine kleine Pause hatten wir uns verdient und steuerten das sandige Ufer an. Dort konnten wir gut an Land und uns die Füsse vertreten und den Rücken strecken. Nach dieser netten Rast paddelten wir weiter, wir wollten ja noch vor der Abenddämmerung in Lauffen ankommen. Auf der rechten Seite erblickten wir das Kernkraftwerk Neckarwestheim. Es ist abgeschaltet, aber irgendwie wirkt es auf mich immer noch bedrohlich. Der Rückbau wird noch Jahre brauchen und ein Endlager ist meines Wissens noch nicht gefunden.

Der Jachthafen von Lauffen am Neckar war schon in Sichtweite, kräftiger Gegenwind kam auf, blies mir voll ins Gesicht. Ein Segel setzen, ein kleinen Außenborder, mir ging die Kraft aus. Ich konnte nicht mehr, ich war das nicht gewohnt, ich war am Ende. Sven und Christian mussten mich ersetzen und sie Taten das gut. Un pour tous, tous pour un. Ich schaute nach links und erkannte die ausgelegten Netze vom letzten Neckar Berufsfischer Seybold. Eine Tradition seid 450 Jahren. In einem Interview las ich: „Der Fisch ist wieder zurück, die Artenvielfalt ist wieder heimisch.“ Über 40 verschiedene Fischarten schwimmen wieder im Neckar und durch den Bau von Fischtreppen sollen auch wieder die begehrten Wanderfische wie Aal, Lachs, Meerforelle und Maifisch zurückkehren. Ein letzter Blick auf die Silhouette von Lauffen am Neckar, ein letzter Blick zurück. Die Zugvögel erwarten uns.

Bleibt gesund, bleibt mir treu.

Am Neckar oberhalb der Mündung des Enz Flusses säumen hohe Ponderosakiefern die Böschungen. In der schräg einfallenden Sonne des Spätnachmittags reichten die Schatten der großen Äste über den Fluß, und die Bäume nahmen den Fluß in ihre Arme. Die Schatten setzten sich die Böschungen hinauf fort, bis sie uns einschlossen.

Ein Fluß jedoch hat so viele Dinge zu sagen, daß es schwer zu erfahren ist, was er einem jeden von uns sagt.

Norman Maclean
Mein lieber Schwan 🦢

Der Coach (Basti)🚣

Ehrenrunde

Impressionen

Ironman Hawaii

Iron Man Hawaii

unterm Viadukt

oder

Flimmernd heiss, ich nehme ein Schluck aus der Trinkflasche, ich fühle mich wie auf den kochenden Lava Feldern vor der Küste Haiweii beim Iron Man, unerbittlich brennt die Sonne an diesem Sonntag im Juli. Gehe aus dem Sattel um Tempo aufzunehmen, ich rase mit meinem Merida Reacto in den Grotztunnel hinein. Schöne kühle Luft strömt mir entgegen, aus den Bässen erklingt lautstarke Disco Musik, ich knalle den 640 Meter langen dunklen Autotunnel entlang, bin auf der Triathlon Strecke vom 7. Bietigheimer Triathlon powerd by Hucon Shifting Limits. Ich bin ein Teil der Triathlon Staffel, genannt die #strombergbuben. Ich bin der Rennradfahrer.

#strombergbuben

Dari der Teamkapitän, verteilt kühle Getränke und gibt jedem Teilnehmer noch ein paar motivierende Sätze auf dem Weg. Jason muss 500 Meter in der Enz schwimmen, ich 20 km Radfahren und Lamin 6 km durch die heisse Innenstadt rennen. „Bleibt ruhig beim Wechsel, bleibt cool bei der Übergabe des Zeitnehmers,“ gibt uns Dari noch Tipps auf den Weg. Er ist der ehemalige Kapitän von einem kleinen kurdischen Fußballverein in dem ich Trainer war. Ich hörte auf, wir blieben Freunde. Im Alter von 14 kam er aus Georgien nach Deutschland, die Sowjetunion am Zusammenbruch, der Vater verstarb früh bei einem Verkehrsunfall, die Mutter hatte keine Wahl, sie verließen das Land. Fremd, pupertierend, ohne Sprachkenntnisse kannte Dari damals nur die Faust. So konnte es nicht weitergehen, er war fleißig, intiligent, sportlich, aber ein Ausländer. Er zog sich selber aus dem Sumpf. Machte eine Lehre, bildete sich weiter, wurde Familienvater und kletterte die Karriereleiter hoch. Er weiss wo er herkommt, das wird er nicht vergessen.

Nur noch wenige Sekunden bis zum Jagdstart, wir sind die ersten die ins Rennen gehen. Jason, ein Schwimmer der Wasserwacht springt mutig in die Enz. Es wird schwierig gegen die Strömung, keine 2 Meter Sicht in dem Trüben Wasser, er verliert leicht die Orientierung, muss sich ein, zweimal korrigieren. Am Viadukt um die Boje, jetzt sich mit der Strömung treiben lassen, kräftige Kraulschläge, wie ein Fisch im Wasser.

Wie ein Fisch im Wasser 🐬

Die Konkurrenz ist gut, nach uns gestartete Schwimmer kommen schon aus dem Wasser und gehen auf die Radstrecke. Wo bleibt Jason? Jetzt mit schweren Schritten kommt er aus der Enz, bindet den Zeitmesser an meinen linken Knöchel und brüllt mich auf die ersten Meter. Vollgas, Kette rechts, kein Taktieren, kein Windschatten, immer Puls am Anschlag.

Kette rechts, Vollgas 🏊🚴💪

Lamin wartet schon ungeduldig, wie ein Rennpferd in der Box. Er weiss, auf ihn kommt es an, er hat die Qualität, er hat die Beine für den Sieg. Lamin habe ich 2015 kennen gelernt. Er war 19, ein Flüchtling aus Gambia. Ich, der Fußball Trainer, man nannte mich: Der Coach. Aufgewachsen in einfachen Verhältnissen bei Onkel und Tanten sparte er sich sein erstes eigenes Geld für die Flucht nach Europa. Er wollte Herr seines eigenen Schicksales werden. Er nahm sein Herz in die Hand und verließ seine Heimat. 1 Jahr durch einige afrikanische Staaten verlief seine Route. Zu Fuss erreichte er Lybien. Abgeschoben in den Niger, verhaftet, landete er im Gefängnis. Keine guten Aussichten. Er kam frei, suchte ein Schlepper, der ihn nach Sizilien brachte. Und so stand er eines Dienstag Abends auf dem Trainingsplatz. Sympathisch, muskulös, ein Zulu, ein stolzer Krieger. Er lernte schnell Deutsch, machte ordentlich eine Handwerker Lehre bei einem Bäcker im Ort. Er lebt seinen Traum.

Er lebt seinen Traum

Christian, Sven, Sandra sind gekommen, feuern mich unter dem Viadukt von Bietigheim an, fehlen nur die Bengalischen Feuer und ich fühle mich wie bei der Tour de France hoch nach Alpe d’Huez. Charlie der Präsident, der alte Haudegen steht motivierend an der Seite, läuft einige Meter mit und verpasst mir eine kalte Wasserdusche. Sie sind alle gekommen, sie tragen mich, es macht Laune, ich hab Spass. Ich geh nochmal aus dem Sattel ,wie ein Cavendish, wie ein Greipel sprinte ich durch das Viadukt von Bietigheim. Komme in der Wechsel Zone punktgenau zum stehen. Die letzten Meter zu Fuss übergebe ich den Staffel an Lamin Camara, unseren Schlussläufer.

Lamin Camara 🏃🏿‍♂️

Lamin stürmt mit schnellen kraftvollen Schritten in die Altstadt, hoffnungsvoll schaue ich ihm hinterher. Wird er den Sieg für uns holen? Ich mag den Staffel Lauf, ich kann mich begeisterten, meine Leistung für das Team, ich bin nichts ohne das Team, ich bin nichts ohne ein Jason, ich bin nichts ohne ein Lamin. Ich mag den Gedanken.

Die drei Musketiere" aus dem berühmten Roman von Alexandre Dumas gehen füreinander durchs Feuer. Ihr berühmter Schlachtruf lautet "Einer für alle, alle für einen". Mit Degen kämpfen sie gemeinsam gegen den bösen Kardinal Richelieu und können sich hundertprozentig aufeinander verlassen. Sie halten zusammen.

Lamin ist stark, nach der zweiten Wende-Marke hat er schon viele Läufer vor ihm kassiert. Eine Laola, ein Trommelwirbel, lautstarke Anfeuerungsrufe, ein letzter Push. Im Zielbereich erwarten uns Christian, Sandra und Sven. Viele Freunde und Fans Fiebern mit uns. Gemeinsam warten wir auf unseren Schlussläufer Lamin. Hoffentlich ist ihm nichts passiert, nichts gezerrt, nicht umgeknickt, nicht dehydriert. Ohne seine Leistung zählt meine Leistung und die von Jason nichts. Das ist so. Unus pro omnibus, omnes pro uno

Er taucht auf, geht auf die Zielgerade, der rote Teppich ausgerollt, er sprintet, holt nochmal alles aus sich raus. Im Ziel. 🏁 Durchpusten. Kaltes Wasser.

Bleibt gesund, bleibt mir treu.

Der Coach (Basti)

Zugabe

Jason (Athos) 🏊
Der Coach (Porthos)🚴
Lamin (Aramis)🏃🏿‍♂️
Impressionen

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